Rz. 323

Haben die Vertragsparteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis vereinbart, verfolgte dies ursprünglich bei dem Abschluss des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes den Zweck, eine definierte Konkurrenztätigkeit des Mitarbeiters nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses für eine bestimmte Zeit auszuschließen (s. zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ausführlich § 34 Rdn 1 ff.). Aus Anlass des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung werden sich beide Parteien darüber Gedanken machen, ob die ursprünglich vereinbarte Situation noch dem beiderseitigen Interesse entspricht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der geänderten Rspr. des BFH das Entgelt für ein umfassendes Wettbewerbsverbot, welches im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vereinbart worden ist, als steuerbegünstigte Entschädigung nach § 24 Nr. 1b EStG anzusehen ist (vgl. BFH v. 2.4.2008, BFH/NV 2008, 1491; BFH v. 12.6.1996, DB 1996, 1758 = NJW 1997, 151 [Änderung der Rspr.]; vgl. zur alten Rechtslage BFH v. 21.9.1982, BStBl II 1983, 289), und zwar auch dann, wenn die durch das Wettbewerbsverbot untersagten Tätigkeiten verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen ist (vgl. BFH v. 2.4.2008, BFH/NV 2008, 1491; BFH v. 23.2.1999, NJW 1999, 2839). Voraussetzung ist, dass die Karenzentschädigung als Einmalbetrag und nicht in Raten ausbezahlt wird (vgl. zur Berechnung der Karenzentschädigung BAG v. 25.8.2022 – 8 AZR 453/21, juris mit zu Recht ablehnender Stellungnahme von Diller, ArbRAktuell 2022, 481).

 

Rz. 324

Die einvernehmliche Aufhebung des – unter Umständen recht teuren – nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist problemlos möglich (vgl. § 11 des Mustervertrags, Rdn 454). Das Wettbewerbsverbot ist jederzeit einvernehmlich aufhebbar (vgl. BAG v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 = DB 2009, 686). Eine Aufhebung kann auch durch eine Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich erfolgen, ohne dass sie gesondert getroffen werden muss (vgl. BAG v. 8.3.2006 – 10 AZR 349/05, NZA 2006, 854 = DB 2006, 1433; BAG v. 31.7.2002, AP § 611 BGB-Konkurrenzklausel). Ausgleichs- und Abgeltungsklausel in Aufhebungsvereinbarungen, gerichtlichen Auflösungsvergleichen und Abwicklungsvereinbarungen sind grds. weit auszulegen. Sie sind i.d.R. keine überraschenden oder ungewöhnlichen Klauseln i.S.d. § 305c BGB (vgl. BAG v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 = DB 2009, 686). Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Was die Parteien mit einer Ausgleichsklausel "erledigen" wollten, ist unter Berücksichtigung aller Umstände festzustellen (vgl. OLG Köln v. 25.3.1997, BB 1997, 1328 = GmbHR 1997, 743). Danach ist zunächst der in der Erklärung maßgebliche Wille der Parteien zu berücksichtigen. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Lässt sich ein solch übereinstimmender Wille nicht feststellen, sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste (vgl. BAG v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 = DB 2009, 686).

 

Rz. 325

Dabei kann es von Bedeutung sein, ob es sich um eine typische oder nichttypische Erledigungsklausel handelt (vgl. die nachfolgenden Beispiele nach BAG v. 8.3.2006 – 10 AZR 349/05, NZA 2006, 854 = DB 2006, 1433 und BAG v. 19.11.2009 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 = DB 2009, 686):

 

Rz. 326

 

Beispiel für eine nicht-typische Erledigungsklausel

"Damit sind alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung sowie die Ansprüche auf Zahlung der vom Beklagten für die Klägerin gezahlten Einkommensteuer i.H.v. … EUR sowie die Rechtsstreitigkeit Az.: … erledigt" (vgl. BAG v. 8.3.2006 – 10 AZR 349/05, NZA 2006, 854 = DB 2006, 1433).

 

Rz. 327

 

Beispiele für eine typische Erledigungsklausel

"Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleichgültig welchen Rechtsgrundes, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt" (vgl. BAG v. 8.3.2006 – 10 AZR 349/05, NZA 2006, 854 = DB 2006, 1433).

"Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieses Vergleiches alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind" (vgl. BAG v. 22.10.2008 – 10 AZR 617/07, NZA 2009, 139 = DB 2009, 182).

 

Rz. 328

Die Auslegung führt bei umfassenden Erledigungsklauseln (typischen Erledigungsklauseln) i.d.R. zu dem Ergebnis, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufgehoben wurde (vgl. BAG v. 24.6.2009 – 10 AZR 707/08 (F), BB 2009, 1805 = NZG 2009, 1197; BAG v. 22.10.2008, NZA 2009, 139 = DB 2009, 182; BAG v. 7.9.2004, NZA 2005, 1376; BAG v. 19.11.2003, NZA 2004, 554; BAG v. 1.7.2002 – 10 A...

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