Rz. 82

Neben das ArbSchG, aus dem sich die direkten Schutz- und Vorsorgepflichten des Arbeitgebers ergeben, tritt zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und zur Unfallverhütung das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG). Zielrichtung des ASiG ist die Sicherstellung der fachlichen Unterstützung und Beratung des Arbeitgebers. Dazu ist eine betriebliche Sicherheitsorganisation zu schaffen, mit dem Kernstück der Bestellung von Betriebsärzten und von Fachkräften für die Arbeitssicherheit, entsprechend der konkreten betrieblichen Gefahrensituation, abhängig von der Art und Größe des Betriebes. Die Ausgestaltung der Pflichten erfolgt durch die DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit".

 

Rz. 83

Betriebsärzte können im Angestelltenverhältnis tätig werden. Es ist ferner eine Verpflichtung niedergelassener Ärzte mit arbeitsmedizinischer Zusatzqualifikation oder die Teilnahme an einem überbetrieblichen Dienst möglich, wie er z.B. von den Berufsgenossenschaften angeboten wird. Der Betriebsarzt hat vielfältige Aufgaben, von denen in der Praxis allerdings oft nur ein Teil zur Anwendung kommt. So hat er eine Beratungspflicht insb. bei:

Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen,
Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln sowie Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
Regelungen von Arbeitszeit, Arbeitsablauf und Arbeitsplatzgestaltung,
Fragen des Arbeitsplatzwechsels oder
Arbeitsplatzbeurteilung nach ArbSchG.
 

Rz. 84

Hinzukommen die Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen, die Auswertung arbeitsbedingter Erkrankungen, die Schulung der Mitarbeiter usw. Das Gesetz stellt jedoch ausdrücklich klar, dass es nicht zu den Aufgaben eines Betriebsarztes gehört, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Zum Betriebsarzt dürfen nur Personen bestellt werden, die über spezielle arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen. Zu beachten ist, dass der Betriebsarzt seine Tätigkeit nicht in völliger Eigenverantwortung ausübt. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass der bestellte Betriebsarzt seine Aufgaben erfüllt. Die Anforderungen der Berufsgenossenschaften dazu enthalten die DGUV-V 8 und V 2.

 

Rz. 85

Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit, also Sicherheitsingenieure, Sicherheitstechniker und Sicherheitsmeister, haben ähnliche Beratungs-, Informations- und Überwachungsaufgaben mit dem Schwerpunkt der technischen Sicherheit gem. § 6 ASiG. Wie den Betriebsarzt hat der Arbeitgeber die Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu unterstützen, Räume, Geräte, Mittel usw. zur Verfügung zu stellen und ebenso dafür zu sorgen, dass diese ihre Aufgaben erfüllen. Eine regelmäßige und vor allem dokumentierte Kontrolle der Tätigkeit der Fachkräfte ist schon im eigenen Interesse des Arbeitgebers unverzichtbar. Ebenso wichtig ist es, einen organisatorischen Rahmen für die gesetzlich geforderte Zusammenarbeit der Betriebsärzte und Fachkräfte mit sonstigen Betriebsbeauftragten für Sicherheit (z.B. StrSchV, OStrV, RöV, Sicherheitsbeauftragte) und für Umweltschutz (z.B. BImSchG, WHG, KrwG) zu schaffen.

 

Rz. 86

Zu beachten ist, dass die Fachkräfte für Arbeitssicherheit nicht die Verantwortung für den Arbeitsschutz im Betrieb tragen. Sie haben – vergleichbar den Betriebsbeauftragten nach BImSchG, WHG oder KrWG – lediglich die genannten unterstützenden Aufgaben, während die tatsächliche Verantwortung bei dem Unternehmer bzw. Arbeitgeber verbleibt (BAG v. 18.8.2009 – 1 ABR 43/08). Dieser kann die ihm obliegenden arbeitsschutzrechtlichen Pflichten allerdings auf andere, geeignete Mitarbeiter übertragen (vgl. dazu ausführlich Rdn 25; Aufhauser/Brunhöber/Igl, a.a.O., Einführung Rn 13 ff.). Die Fachkräfte und die Betriebsärzte sind bei der Ausführung ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Beide üben eine Stabsfunktion aus, sind also dem Betriebs- oder Dienststellenleiter direkt zu unterstellen. Bereits durch diese Stabsfunktion fehlt es an der für eine Übertragung arbeitsschutzrechtlicher Pflichten des Arbeitgebers erforderlichen linienbezogenen Weisungsbefugnis.

 

Rz. 87

Die vom Arbeitgeber zu treffende Grundsatzentscheidung, ob ein Betriebsarzt und Fachkräfte fest angestellt wird, ob Freiberufler verpflichtet werden, oder der Anschluss an einen überbetrieblichen Dienst erfolgen soll, unterliegt der Mitbestimmung ebenso, wie die organisatorische Ausgestaltung der Arbeitssicherheit insgesamt (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG), da es sich beim ASiG um ein ausfüllungsbedürftiges Rahmengesetz handelt. Die anschließende Einstellung eines Betriebsarztes, die Bestellung von Fachkräften für die Arbeitssicherheit und ihre Abberufung bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats ebenso, wie die Veränderung ihrer Aufgaben. Bei freiberuflich tätigen Personen oder der Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes ist der Betriebsrat vor der Verpflichtung oder der Entpflichtung lediglich anzuhören (§ 9 Abs. 3 ASiG). Kommt es bei der Anhörung zu Meinungsverschiedenheiten, ist die...

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