Rz. 11

Besteht eine Verbindung zu einem ausländischen Staat (siehe Rdn 4) muss zunächst geprüft werden, ob es zu einer Anwendung ausländischen Rechts auf der Grundlage des im Inland geltenden Kollisionsrechts kommt. Führt diese Prüfung zur Anwendung eines fremden Sach- oder Kollisionsrechts (dazu gehört nicht das Unionsrecht oder das für Deutschland geltende Völkervertragsrecht), so muss der Anwalt bei fehlender Kenntnis das Mandat insgesamt oder zumindest eine Beratung in ausländischen Rechtsfragen ablehnen (eingeschränktes Mandat). Anderenfalls ist der Rat Fachkundiger einzuholen (Sachverständigengutachten,[46] fachkundiger Kollege, ausländischer Anwalt). Dies gilt erst recht, wenn sich in einem zweiten Schritt der anwaltlichen Pflicht zur Ermittlung der größtmöglichen Chancen des Mandanten unter Zugrundelegung verschiedener konkurrierender internationaler Zuständigkeiten und des jeweils geltenden Kollisionsrechts entsprechend auch unterschiedliche ausländische Rechtsordnungen als anwendbar erweisen und die Vor- und Nachteile der jeweils anwendbaren Rechtsordnungen gegeneinander abzuwägen sind (siehe Rdn 5).[47] Zu beachten sind dabei die kostenrechtlichen Beschränkungen der Erstattungsfähigkeit nach § 91 Abs. 1 ZPO. Ersetzt werden nur die nötigen und zweckdienlichen Maßnahmen,[48] wobei die Aufwendungen für einen ausländischen Verkehrsanwalt grundsätzlich auf die Sätze nach dem RVG beschränkt sind.[49] Ferner muss der Anwalt den Mandanten über die Risiken aufklären, die sich aus den Grenzen seiner Erkenntnismöglichkeiten und – im Falle eines beschränkten Mandats – aus dieser Beschränkung ergeben.[50] Die Aufklärung geht weiter als die bloße Hinweispflicht des Notars über die Anwendung ausländischen Rechts (§ 17 Abs. 3 S. 1 BeurkG) und kann im Einzelfall dazu führen, dass das Mandat insgesamt abgelehnt werden muss.

Wird ein ausländischer Anwalt hinzugezogen, so sollte eine gesonderte Mandatierung zur Vermeidung einer Zurechnung nach § 278 BGB erwogen werden. Der Anwalt muss aber auch in diesem Falle für ein Auswahl- und Überwachungsverschulden einstehen.[51] Er sollte vorab deshalb zumindest überprüfen, ob der hinzugezogene Kollege mandatsbezogen die notwendige Erfahrung besitzt und nachträglich, ob er hinsichtlich der entscheidungserheblichen Punkte in der Angelegenheit tätig war.[52]

[46] Gutachten im In- und Ausland: Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht (Hamburg); Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln; Institut für ausländisches und internationales Privatrecht der Universität Heidelberg ua. Ferner kommen sämtliche Lehrstuhlinhaber für Internationales Privatrecht/Rechtsvergleichung der juristischen Fakultäten in Deutschland, Österreich oder der Schweiz als Gutachter in Frage. Eine kostenlose Datenbank mit Gutachtern für IPR und ausländisches Familienrecht ist abrufbar unter http://www.ftcam.de/. Gutachter zum ausländischen Recht sind über die Rechtsfakultäten der Landesuniversitäten erreichbar. Gutachten ausländischer Anwälte werden bislang nur als Privatgutachten anerkannt.
[47] Zu dieser Pflicht Zöller/Geimer, IZPR Rn 61.
[48] OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 428 (anerkannt für Informationsreise der ausländischen Partei zum Prozessbevollmächtigen am Ort des Prozessgerichts im Inland).
[49] Betreffend englischen Verkehrsanwalt vgl. BGH NJW 2005, 1373 (bestätigt durch BGH NJW 2012, 938; BGH NJW 2013, 1310; OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 1582); OLGRep. Celle 2008, 543: auch gezahlte USt ist nicht ersatzfähig, a.A. OLGRep Stuttgart 2008, 74; OLG München NJW-RR 2004, 1508; überzeugend gegen eine deutsche Obergrenze aber: Mankowski, NJW 2005, 2346, 2347, 2349; ebenso jetzt Escher, IPRax 2014, 233, der die Deckelung für verfassungswidrig hält; dagegen Kostenerstattung ohne Kappungsgrenze für den aus dem Ausland (Österreich) zur Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg nach Deutschland gereisten Prozessanwalt, BGH NJW-RR 2005, 725, 726. Die kostenrechtliche Beschränkung ist dagegen zulässig, wenn ausländischer Anwalt im Inland vor Gericht neben einem deutschen Einvernehmensanwalt auftritt, vgl. EuGH v. 11.12.2013 – C-189/02 – AMOK, NJW 2004, 833; auch dazu krit.: Kilian, MDR 2004, 358.
[50] Einschränkungen des anwaltlichen Pflichtenkreises durch ein beschränktes Mandat, vgl. BGH NJW 1996, 2929, 2931; BGH WM 1998, 2246; BGH WM 2000, 1591; BGH AnwBl. 2002, 300; Strahl, in: Beck’sches Prozessformularbuch, 14. Aufl. 2019, I A. 3. Anm. 2.
[51] Träger, in: Weyland, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 51 BRAO Rn 13 f.; Jungk, AnwBl 2012, 1000, 1001.
[52] Schaltet der deutsche Anwalt einen ausländischen Kollegen ein und will diesem gegenüber nicht für Honorare und anfallende Kosten haften, so muss er ihn gem. § 29a BORA darüber informieren; die Hinweispflicht entfällt, wenn der eingeschaltete Anwalt ohnehin davon ausgeht, dass der deutsche Anwalt nicht haften will, Grunewald, NJW 2013, 3620, 3621.

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