Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeugenvernehmung im Wege der Rechtshilfe. Rechtsbeschwerdeverfahren. Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Kostenfestsetzungsentscheidungen. Kostengrundentscheidung. Zusätzlicher Beweisaufnahmetermin. Vergütungsanspruch eines in Österreich ansässigen Prozessbevollmächtigten nach österreichischem Recht. Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Kosten eines Verfahrensbeteiligten. Haager Übereinkommen über den Zivilprozess

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ein Zeuge, dem nach § 380 Abs. 1 S. 1 ZPO die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt worden sind, ist nur zur Erstattung derjenigen Kosten eines Verfahrensbeteiligten verpflichtet, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

b) Die Zuziehung des mit der Prozessführung beauftragten Rechtsanwalts einer Partei zur Vernehmung eines Zeugen vor dem durch das Prozessgericht ersuchten Rechtshilfegericht ist in aller Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, § 380 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 02.08.2004; Aktenzeichen 6 T 34/04)

AG Koblenz

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Koblenz v. 2.8.2004 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.297 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Beklagte eines Rechtsstreits vor dem LG Feldkirch/Österreich, in dem sie auf Grund eines Unterlizenzvertrags über die Vermarktung von "M. S. Baseball-Caps" auf Zahlung und Rechnungslegung in Anspruch genommen wird. Das LG Feldkirch ersuchte das AG Koblenz im Wege der Rechtshilfe um die Vernehmung des Antragsgegners als Zeuge. Nachdem der Antragsgegner zu dem vom AG Koblenz auf den 27.6.2003 bestimmten Vernehmungstermin nicht erschienen war, hat dieses ihm mit Beschl. v. 4.7.2003 die durch sein Ausbleiben verursachten Verfahrenskosten auferlegt. Zu dem auf den 30.9.2003 bestimmten neuen Vernehmungstermin ist der Antragsgegner erschienen. In beiden Vernehmungsterminen vor dem AG Koblenz ist für die Antragstellerin ihr in Österreich ansässiger Prozessbevollmächtigter aufgetreten.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Antragstellerin beantragt, die ihr durch das Ausbleiben des Zeugen erwachsenen Kosten gegen diesen festzusetzen. Der Rechtspfleger hat dem Antrag nicht entsprochen. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin die ihr von dem Antragsgegner zu erstattenden Kosten auf - wie von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren lediglich noch beantragt - 1.297 EUR festgesetzt. Es hat angenommen, der Antragsgegner habe der Antragstellerin nach der Kostengrundentscheidung v. 4.7.2003 die Kosten, die der Antragstellerin dadurch entstanden seien, dass ihr in Österreich ansässiger Prozessbevollmächtigter den neuen Termin zur Vernehmung des Antragsgegners vor dem AG Koblenz am 30.9.2003 wahrgenommen habe, jedenfalls bis zur Höhe der Kosten zu erstatten, die bei Beauftragung eines beim AG Koblenz zugelassenen Beweisanwalts entstanden wären. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Zuziehung des österreichischen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen sei. Eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des § 91 ZPO komme im Rahmen der - wie hier - nach § 380 ZPO getroffenen Kostenentscheidung nicht in Betracht. Der Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, der sich nach österreichischem Recht richte, sei der Höhe nach schlüssig dargelegt und unstreitig, so dass der dahinter zurückbleibende Beschwerdeantrag in vollem Umfang begründet sei.

Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der dieser die Wiederherstellung des die beantragte Kostenfestsetzung ablehnenden Beschlusses des AG begehrt.

II. Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, dass für die Entscheidung über die von der Antragstellerin begehrte Kostenfestsetzung nicht die vorinstanzlichen Gerichte zuständig gewesen seien, sondern ausschließlich das österreichische Prozessgericht.

a) Die von der Rechtsbeschwerde damit angesprochene internationale Zuständigkeit ist in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Rechtsbeschwerdeverfahren, von Amts wegen zu prüfen. Die Bestimmung des § 576 Abs. 2 ZPO, nach der die Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat, steht dem nicht entgegen. Denn sie bezieht sich ungeachtet ihres weitgefassten Wortlauts - ebenso wie die entsprechende Bestimmung des § 545 Abs. 2 ZPO - nicht auf die internationale Zuständigkeit (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82 [84 ff.] = MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248; Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 203/02, BGHReport 2003, 1111 = MDR 2003, 1256 = WM 2003, 1542; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., IZPR Rz. 94).

b) Soweit die Rechtsbeschwerde die Unzuständigkeit der deutschen Gerichte für die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag daraus herleiten möchte, dass das AG Koblenz schon für die Kostengrundentscheidung v. 4.7.2003 international nicht zuständig gewesen sei, kann sie damit schon deshalb nicht gehört werden, weil die rechtskräftige Kostengrundentscheidung nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens ist. Im Übrigen trifft auch die Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht zu, weil sich die internationale Zuständigkeit des AG Koblenz aus Art. 11, 14 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess v. 1.3.1954 (BGBl. 1958 II, 576) ergibt.

c) Ist danach von einer von einem deutschen Gericht in einem Rechtshilfeverfahren erlassenen rechtskräftigen Kostengrundentscheidung auszugehen, so ist das deutsche Rechtshilfegericht auch für die der Kostengrundentscheidung nachfolgende und sich auf diese beziehende Entscheidung über die Kostenfestsetzung international zuständig.

aa) Ein multilateraler oder ein bilateraler Vertrag, der die internationale Zuständigkeit vorrangig regelt (BGH, Urt. v. 17.12.1998 - IX ZR 196/97, MDR 1999, 440 = NJW 1999, 1395 [1396], m.w.N.), besteht für die in Rede stehende Kostenfestsetzungsentscheidung nicht.

bb) Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts wird regelmäßig durch dessen örtliche Zuständigkeit indiziert (BGH, Urt. v. 17.12.1998 - IX ZR 196/97, MDR 1999, 440 = NJW 1999, 1395 [1396], m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 1 Rz. 8).

Die örtliche Zuständigkeit des AG Koblenz für die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag folgt aus § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO. Danach entscheidet über den Festsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszuges. Das ist im Fall des hier in Rede stehenden Kostenfestsetzungsantrags das AG Koblenz, das im Rechtshilfeverfahren die Kostengrundentscheidung erlassen hat, auf die sich der Kostenfestsetzungsantrag bezieht.

2. Das Beschwerdegericht hat auch mit Recht die Kosten, die der Antragstellerin dadurch entstanden sind, dass ihr in Österreich ansässiger Prozessbevollmächtigter den zusätzlichen Beweisaufnahmetermin vor dem AG Koblenz am 30.9.2003 wahrgenommen hat, als ggü. dem Antragsgegner erstattungsfähig angesehen.

a) Das AG Koblenz hat in dem dem vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren vorangegangenen Rechtshilfeverfahren dem Antragsgegner mit Beschl. v. 4.7.2003 die durch sein Ausbleiben im Beweisaufnahmetermin v. 27.6.2003 verursachten Kosten auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO ist (allein) zu prüfen, ob und in welcher Höhe solche zusätzlichen Kosten entstanden sind und in welchem Umfang der Antragsgegner zu ihrer Erstattung verpflichtet ist (Stein/Jonas/Berger, ZPO, 21. Aufl., § 380 Rz. 17; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 380 Rz. 4; Damrau in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 380 Rz. 6).

b) Das LG ist zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet davon ausgegangen, dass als berücksichtigungsfähige Mehrkosten nur die Kosten in Betracht kommen, die dadurch verursacht worden sind, dass auf Grund des Ausbleibens des Antragsgegners in dem Termin v. 27.6.2003 am 30.9.2003 ein zusätzlicher Beweisaufnahmetermin durchgeführt werden musste (Stein/Jonas/Berger, ZPO, 21. Aufl., § 380 Rz. 15; Damrau in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 380 Rz. 6).

c) Das LG hat ferner unangegriffen festgestellt, dass sich der durch die Wahrnehmung des Beweisaufnahmetermins am 30.9.2003 entstandene zusätzliche Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf einen die geltend gemachten Kosten übersteigenden Betrag beläuft. Es ist dabei zutreffend und von der Rechtsbeschwerde ebenfalls unbeanstandet davon ausgegangen, dass sich der Vergütungsanspruch des in Österreich ansässigen Prozessbevollmächtigten nach österreichischem Recht richtet. Der vertragliche Vergütungsanspruch eines ausländischen Rechtsanwalts unterliegt, sofern nichts Anderes vereinbart oder bestimmt ist, nach der Vermutungsregelung des Art. 28 Abs. 2 S. 2 EGBGB dem Recht des Staates, in dem sich seine Niederlassung befindet (Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 1 Rz. 101, 103; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 1 Rz. 66; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., S. 162).

d) Das LG hat angenommen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin zur Erstattung dieser zusätzlichen Kosten unabhängig davon verpflichtet sei, ob die Zuziehung des österreichischen Rechtsanwalts der Antragstellerin zur Beweisaufnahme vor dem AG Koblenz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen sei.

Dem kann nicht beigetreten werden. Dies führt allerdings nicht zum Erfolg der Rechtsbeschwerde, da die geltend gemachten Kosten als zur zweckentsprechenden Wahrnehmung des Beweistermins notwendig anzusehen sind.

Die Vorschrift des § 380 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach dem ordnungsgemäß geladenen, aber nicht erschienenen Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden können, betrifft die Kostengrundentscheidung. Geht es um die Festsetzung der Kosten eines an der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Beteiligten gegen den Zeugen als Schuldner der Mehrkosten gem. §§ 103 ff. ZPO, greift auch hier die das Kostenfestsetzungsverfahren beherrschende Grundregel des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ein, dass nur solche Kosten zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig waren. Es bestehen keine sachlichen Gründe dafür, dass ein Zeuge, dem - neben einem Ordnungsgeld - die durch sein Ausbleiben verursachten Mehrkosten auferlegt worden sind, prozessual in weiter gehendem Umfang zur Kostenerstattung verpflichtet sein sollte als die in einem Rechtsstreit unterlegene Partei. Ein Zeuge, dem nach § 380 Abs. 1 S. 1 ZPO die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt worden sind, ist vielmehr nur zur Erstattung derjenigen Kosten eines Verfahrensbeteiligten verpflichtet, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

e) Die Zuziehung des österreichischen Rechtsanwalts der Antragstellerin zur Beweisaufnahme vor dem AG Koblenz war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.

aa) Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = NJW 2003, 898 [900]; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, MDR 2004, 539 = BGHReport 2004, 345 = NJW-RR 2004, 430; Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, BGHReport 2005, 134 = MDR 2005, 178 = WRP 2004, 1492 [1493] - Unterbevollmächtigter II).

Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, BGHReport 2003, 308 = NJW 2003, 901 [902] = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I; v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, BGHReport 2005, 134 = MDR 2005, 178 = WRP 2004, 1492 [1493] - Unterbevollmächtigter II).

bb) Die Zuziehung des mit der Prozessführung beauftragten Rechtsanwalts einer Partei zur Vernehmung eines Zeugen vor dem durch das Prozessgericht ersuchten Rechtshilfegericht ist danach in aller Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen, weil die Wahrnehmung der Interessen der Partei durch ihren Prozessbevollmächtigten in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle einer solchen Beweisaufnahme erforderlich und sinnvoll ist. Eine Partei, die einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens mit der Prozessführung beauftragt hat, hat regelmäßig ein schützenswertes Interesse daran, dass der mit den tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten "ihres" Prozesses vertraute Rechtsanwalt ihre Interessen auch bei der Beweiserhebung durch Vernehmung eines Zeugen wahrnimmt. Die Beweiserhebung durch das Prozessgericht setzt voraus, dass dieses die Behauptung, über die Beweis erhoben werden soll, für entscheidungserheblich erachtet. Im Regelfall hängt der Ausgang des Rechtsstreits vom Ergebnis der Beweisaufnahme ab.

cc) Bei der Beurteilung der Frage, ob die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten zur Vernehmung eines Zeugen vor dem Rechtshilfegericht für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist, spielt es grundsätzlich keine Rolle, dass diese Maßnahme im Einzelfall mit einer weiten Reise verbunden sein kann. Etwas Anderes gilt im Streitfall auch nicht deshalb, weil die Vernehmung des Antragsgegners auf Grund eines ausländischen Rechtshilfeersuchens erfolgt ist.

(1) Für die Erledigung des Rechtshilfeersuchens aus dem Jahr 2003 war noch das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess v. 1.3.1954, das sowohl von Deutschland als auch von Österreich ratifiziert worden ist, maßgebend. Dem Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen v. 18.3.1970 (BGBl. 1977 II, 1472), das die Bestimmungen des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess v. 1.3.1954, die sich auf die Beweisaufnahme beziehen (Art. 8 bis 16), für Staaten, die gleichzeitig Vertragsstaaten dieses Übereinkommens und des neuen Haager Übereinkommens v. 18.3.1970 sind, ersetzt, ist Österreich nicht beigetreten (vgl. Fundstellennachweis B Stand 31.12.2003, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz). Die Bestimmungen der §§ 1072 ff. ZPO sowie der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates v. 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 174 S. 1), nach denen sich die Durchführung einer Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nunmehr vorrangig richtet, gelten - soweit hier von Bedeutung - erst mit Wirkung ab dem 1.1.2004.

(2) Nach Art. 11 Abs. 2 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess v. 1.3.1954 haben die Parteien das Recht, der Beweisaufnahme vor dem ersuchten Gericht beizuwohnen. Aus Art. 14 Abs. 1 des Übereinkommens, wonach das ersuchte Gericht bei der Erledigung eines Ersuchens in den Formen zu verfahren hat, die nach seinen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, folgt zudem, dass im Rahmen des Übereinkommens durchgeführte Beweisaufnahmen in Deutschland nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung erfolgen. Nach § 397 Abs. 2 ZPO war daher bei der Zeugenvernehmung des Antragsgegners vor dem Rechtshilfegericht auch dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf sein Verlangen zu gestatten, an den Antragsgegner unmittelbar Fragen zu richten.

dd) Auch einer kostenbewussten Partei kann nicht ohne weiteres angesonnen werden, bei einer Zeugenvernehmung auf ihren bereits mit der Sache vertrauten Prozessbevollmächtigten zu verzichten und die Mühe der Unterrichtung eines neuen, am Rechtshilfegericht ansässigen Rechtsanwalts auf sich zu nehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass i.d.R. der am Rechtshilfegericht ansässige Rechtsanwalt der Partei nicht bekannt sein wird und er die für die Beweisaufnahme erforderlichen Informationen von dem Prozessbevollmächtigten erhalten wird. Schon deshalb stellt sich aus der Sicht der betroffenen Partei seine Beauftragung mit der Wahrnehmung des Beweisaufnahmetermins nicht als gleichwertige Alternative zur Vertretung durch ihren Prozessbevollmächtigten dar.

ee) Gründe, die es ausnahmsweise als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, die Antragstellerin auf die kostengünstigere Alternative zu verweisen, dass sie von Anfang an einen am Rechtshilfegericht ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung in der Beweisaufnahme hätte beauftragen können, sind nicht ersichtlich. Ein solcher Ausnahmefall wäre nur dann gegeben, wenn von Anfang an festgestanden hätte, dass die Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in dem Beweisaufnahmetermin nicht erforderlich sein würde. Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Insb. ist ein solcher Ausnahmefall - entgegen der Ansicht des Rechtspflegers - nicht schon dann anzunehmen, wenn es sich um ein "lediglich durchschnittliches" Beweisthema handelt. Welche Schwierigkeiten sich bei einer Zeugenvernehmung im Hinblick auf ein dem Zeugen möglicherweise zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht sowie bezüglich der Glaubwürdigkeit dieser Person, der Ergiebigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage ergeben, ist für die Partei i.d.R. nicht vorhersehbar und hängt im Wesentlichen von der Persönlichkeit des Zeugen und seinem Verhalten ab. Die Erfahrung lehrt, dass die Erlangung einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage eines Zeugen sich häufig schwieriger gestaltet als vor der Vernehmung angenommen. Im Rahmen der Ausübung des Fragerechts des Prozessbevollmächtigten kann sein Hintergrundwissen eine sinnvolle und nützliche Hilfe bei der Beseitigung dieser Schwierigkeiten sein.

III. Die Rechtsbeschwerde war danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen

 

Fundstellen

Haufe-Index 1329110

BB 2005, 800

NJW 2005, 2017

BGHR 2005, 813

FamRZ 2005, 701

NJW-RR 2005, 725

JurBüro 2005, 388

ZAP 2005, 604

MDR 2005, 657

RIW 2005, 469

Rpfleger 2005, 328

WRP 2005, 505

RENOpraxis 2005, 139

RVGreport 2005, 233

Mitt. 2005, 235

ProzRB 2005, 199

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