Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Festsetzung der von einem im Termin ausgebliebenen Zeugen zu ersetzenden notwendigen Kosten einer Partei

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei der Festsetzung der Kosten eines an der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Beteiligten gegen den ausgebliebenen Zeugen als Schuldner der Mehrkosten gemäß §§ 103 ff. ZPO greift die das Kostenfestsetzungsverfahren beherrschende Grundregel des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein, dass nur solche Kosten zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig waren.

2. Einer Partei ist regelmäßig das Recht zuzubilligen, sich durch den mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung bzw. in einem Beweisaufnahmetermin vertreten zu lassen.

3. Zu den gemäß § 380 Abs. 1 ZPO aufgrund des Ausbleibens des Zeugen zu erstattenden Kosten zählen alle Kosten, die durch eine neuerliche Ladung des Zeugen und durch einen neuen Termin zu seiner Vernehmung erforderlich werden. Das Risiko erhöhter Kosten aufgrund kostenrechtlich nicht zu beanstandender Handlungen der Parteien im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung trägt grundsätzlich der Zeuge.

4. Zu den Mehrkosten bei Anreise eines von der Kanzleipflicht befreiten zugelassenen Rechtsanwalts aus dem Ausland bei Wohnsitz der Partei in diesem Land.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, § 103 ff., § 380 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Aktenzeichen 53 O 251/22)

 

Tenor

1. In Abänderung des Beschlusses der Rechtspflegerin beim Landgericht Coburg vom 11.08.2023 werden die vom Zeugen Z an die Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

2. Der Zeuge Z trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Beschwerdeverfahren.

3. Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Beschwerdegegenständlich ist die Festsetzung von Kosten gegen einen Zeugen wegen seines Ausbleibens in einem Termin.

1. Die Kläger machten gegen den Beklagten mit Klageschrift vom 15.01.2022 erbrechtliche Ansprüche geltend. Die Kläger haben ihren Wohnsitz in Brasilien. Dort befindet sich ebenfalls der Kanzleisitz ihres Prozessbevollmächtigten. In einem Termin zur Beweisaufnahme am 16.02.2023 erschien der ordnungsgemäß geladene Zeuge Z nicht. Hierauf setzte die zuständige 5. Zivilkammer des Landgerichts Coburg mit Beschluss vom 16.02.2023 gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 EUR fest und legte ihm die durch sein Ausbleiben im Termin vom 16.02.2023 entstandenen Kosten auf. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Zeugen wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 20.03.2023, Az. 2 W 13/23e, zurückgewiesen.

Nachfolgend wurde zunächst ein weiterer Termin zur Einvernahme des Zeugen Z auf den 11.05.2023 bestimmt. Mit Verfügung vom 20.04.2023 wurde dieser Termin auf Antrag des Beklagtenvertreters wegen einer Terminskollision mit Verfügung vom 20.04.2023 auf den 04.07.2023 verlegt.

2. Mit Schriftsatz vom 10.05.2023 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Festsetzung durch den Zeugen Z zu erstattender Reisekosten. Er habe zur Wahrnehmung des zunächst auf den 11.05.2023 bestimmten Termins am 23.03.2023 Kosten für Flugtickets von Brasilien nach Deutschland in Höhe von 5.724,48 brasilianischen Reaís aufgewendet, was 1.000,00 EUR entspreche. Diese Tickets seien mit Kreditkarte bezahlt und bis Ende Mai 2023 in drei monatlichen Raten belastet worden. Durch die Terminsverlegung auf den 04.07.2023 sei es zu Umbuchungskosten in Höhe von umgerechnet 1.063,90 EUR gekommen, da bei der Umbuchung eine Vertragsstrafe zu bezahlen sei und im Sommer ein höherer Flugtarif gelte. Der Zeuge sei nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Kläger zur Erstattung der Kosten der ursprünglichen Buchung in Höhe von 1.000,00 EUR verpflichtet.

3. Mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 11.08.2023 hat das Landgericht Coburg den Festsetzungsantrag vom 10.05.2023 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Flugkosten bereits nicht als notwendige Kosten gemäß § 91 ZPO darstellen würden, da es den Klägern möglich und zumutbar gewesen wäre, einen inländischen Rechtsanwalt mit der Terminswahrnehmung zu beauftragen. Ferner seien nur die für den Termin am 04.07.2023 entstandenen notwendigen Kosten ersatzfähig, da der Zeuge Z für die Verlegung des Termins vom 11.05.2023 nicht verantwortlich sei. Die für den Termin vom 04.07.2023 entstandenen Kosten habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger jedoch nicht nachgewiesen.

4. Gegen diesen am 22.08.2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Klägervertreter mit seiner am 05.09.2023 beim Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Festzusetzen seien die für den ursprünglich auf den 11.05.2023 festgesetzten Termin entstandenen Kosten, da die Buchung des Tickets für den Termin auf das Ausbleiben des Zeugen im Termin am 16.02.2023 zurückzuführen sei. Sämtliche Kosten seien nachgewiesen. Es handele sich auch um notwendige Kosten im Sinne von § 91 ZPO, da es sich um eine...

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