1. Nachweis der Erbfolge durch öffentliche Urkunden

 

Rz. 10

Die im Handels- und Personengesellschaftsrecht nach § 1922 BGB im Wege des Erbgangs – bei Personengesellschaften als Sondererbfolge – eingetretene Rechtsnachfolge ist für die Eintragung der Erben im Handelsregister förmlich nachzuweisen. Dieser Nachweis wird nach § 12 Abs. 2 S. 2 HGB durch öffentliche Urkunden geführt, "soweit tunlich". Gemeint sind öffentliche Urkunden i.S.v. § 415 ZPO. Ergibt sich der Nachweis aus bei demselben Gericht geführten Akten – bspw. Erbschein oder notariell beurkundete Verfügung von Todes wegen (analog § 35 Abs. 1 S. 2 GBO) in den Nachlassakten –, so kann darauf Bezug genommen werden; die zusätzliche Vorlage öffentlicher Urkunden wäre untunlich i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 2 HGB.[7]

Eine Lücke im Nachweis der Erbenstellung lässt sich durch eine geeignete eidesstattliche Versicherung schließen, wenn zur Feststellung der Erbfolge keine tatsächlichen Ermittlungen erforderlich sind und nach den Umständen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass das Nachlassgericht im Erbscheinverfahren zu dem gleichen Ergebnis käme wie das Registergericht.[8]

[7] OLG Bremen ErbR 2014, 406 = FamRZ 2014, 1947 = ZEV 2014, 318; BayObLG WM 1983, 1092; OLG Hamm Rpfleger 1986, 140.
[8] OLG Bremen ErbR 2014, 406 = FamRZ 2014, 1947 = ZEV 2014, 318.

2. Erbschein als Nachweis

 

Rz. 11

Im Gegensatz zum Grundbuchrecht (dort § 35 GBO) wird der Erbschein als Beweismittel nicht ausdrücklich genannt. Trotzdem ist er die zum Nachweis des Erbrechts beim Registergericht am besten geeignete öffentliche Urkunde.[9] Die für die Erteilung eines Erbscheins entstehenden Kosten führen im Grundsatz nicht dazu, dessen Vorlage als untunlich anzunehmen.[10]

 

Rz. 12

Der Erbschein ist in Ausfertigung und nicht nur in beglaubigter Abschrift vorzulegen, weil nur die Ausfertigung die Urschrift ersetzt (§ 47 BeurkG, der allgemein auf Urkunden anzuwenden ist). Auch wenn ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt ist und der Testamentsvollstrecker eine erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge zur Eintragung anmeldet, ist zum Nachweis des Erbrechts ein Erbschein erforderlich.[11]

 

Rz. 13

Der Erbe hat nur die Erbfolge als solche zu beweisen, nicht den Fortbestand seiner Rechtsinhaberschaft. Dieser Nachweis muss nicht mit aktuellen Urkunden geführt werden. Zwar wird regelmäßig ein Erbschein vorgelegt werden, dessen bleibende Aktualität grundsätzlich dadurch gewährleistet wird, dass er bei späterer Unrichtigkeit einzuziehen wäre, § 2361 BGB. Zwingend ist das jedoch nicht. Vielmehr kann der Nachweis stattdessen auch mithilfe eines eröffneten öffentlichen Testaments erfolgen, und zwar unabhängig davon, wie lange die Testamentseröffnung zurückliegt.[12]

 

Rz. 14

Sollte der Erblasser eine transmortale Vollmacht erteilt haben, so ist bei der Anmeldung des Ausscheidens des verstorbenen Kommanditisten und des Eintritts seiner Erben trotzdem die Vorlage eines Erbscheins erforderlich, wenn die Erbfolge auf einem privatschriftlichen Testament beruht.[13]

 

Rz. 15

In seltenen Ausnahmefällen kann der Erbnachweis auch mittels eines eigenhändigen Testaments geführt werden.[14]

[9] OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 10; BayObLG BayObLGZ 1983, 176.
[10] KG MittRhNotK 2000, 397 = ZEV 2001, 72.
[11] KG MittRhNotK 2000, 397 = ZEV 2001, 72.
[13] KG NJW-RR 2003, 255 = Rpfleger 2003, 773 = NJW 2003, 2676.
[14] OLG München, Beschl. v. 24.3.2015 – 31 Wx 105/15, MittBayNot 2016, 258.

3. Europäisches Nachlasszeugnis als Nachweis

 

Rz. 16

 

Hinweise

Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) entfaltet seine Wirkungen in allen Mitgliedstaaten – auch zum Zwecke des Erbnachweises bei öffentlichen Registern (hier: Handelsregister), ohne dass es dazu eines besonderen Verfahrens bedarf, Art. 69 Abs. 1, Abs. 5 EuErbVO.

Beim Europäischen Nachlasszeugnis wird nicht mehr unterschieden nach Ausfertigung und Abschrift; es werden nur noch Abschriften erteilt, Art. 70 EuErbVO.

a) Berechtigtes Interesse für die Erteilung einer beglaubigten Abschrift

 

Rz. 17

Nach Art. 70 EuErbVO reicht ein berechtigtes Interesse für die Erteilung einer beglaubigten Abschrift eines ENZ. Die Schwelle ist also niedriger (berechtigtes Interesse) als für die Erteilung einer Ausfertigung eines Erbscheins (rechtliches Interesse, § 357 Abs. 2 FamFG).

b) Zweck

 

Rz. 18

Eine zügige Abwicklung einer Nachlasssache mit Auslandsbezug innerhalb der Mitgliedstaaten soll dadurch gefördert werden, dass Erben, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter ihre Rechte und Befugnisse in einem anderen Mitgliedstaat einfach nachweisen können, EG 67 EuErbVO.

c) Zuständigkeit

 

Rz. 19

International zuständig für die Ausstellung des ENZ über den gesamten Nachlass sind in erster Linie die Behörden in dem Mitgliedstaat, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte (Art. 64 Abs. 1 S. 1 EuErbVO). Bei der ausstellenden Behörde kann es sich um ein Gericht oder eine andere Behörde handeln. Der Begriff des Gerichts ist weit zu verstehen und erfasst alle Angehörige eines Rechtsberufs, die Unparteilich...

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