Verfahrensgang

LG Heidelberg (Aktenzeichen 3 O 371/05)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 14.04.2020 - 3 O 371/05 - aufgehoben.

Das Landgericht wird angewiesen, den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel nicht mit der Begründung abzulehnen, der vorgelegte Handelsregisterauszug aus dem Jahr 2015 reiche als Nachweis für die Rechtsnachfolge nicht aus.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Im Ausgangsverfahren ist der Antragsgegner im Jahr 2006 durch Versäumnisurteil zu einer Zahlung verurteilt worden. Im Jahr 2009 ist zunächst der ... als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Gläubigerin eine Vollstreckungsklausel erteilt worden. Im Juli 2019 hat die Antragstellerin die Erteilung einer neuerlichen Rechtsnachfolgeklausel beantragt. Hierzu hat sie geltend gemacht, sie sei durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der ... geworden. Zum Nachweis hat sie sich zunächst auf die Offenkundigkeit des Handelsregisters berufen und später ergänzend einen beglaubigten Handelsregisterauszug vom 25.06.2015 vorgelegt.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Rechtsnachfolge sei nicht nachgewiesen. Der vorgelegte Handelsregisterauszug sei nicht hinreichend aktuell. Der Inhalt des Handelsregisters sei auch nicht offenkundig. Hiergegen richtet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Mit Beschluss vom 31.07.2020 ist das Beschwerdeverfahren vom Einzelrichter auf den Senat übertragen worden.

II. Die nach §§ 567 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Nach Auffassung des Senats sind grundsätzlich keine gesteigerten Anforderungen an die Aktualität eines zum Nachweis der Rechtsnachfolge vorgelegten Handelsregisterauszugs zu stellen.

Nach § 727 Abs. 1 ZPO kann dem Rechtsnachfolger des Gläubigers eine Rechtsnachfolgeklausel erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

1. Zu Recht hat das Landgericht die Rechtsnachfolge nicht als offenkundig i.S.v. §§ 727, 291 ZPO angesehen. Dafür reicht eine etwaige Veröffentlichung im Internet unter "www.handelsregister.de" nicht aus, weil der Zugang zu Informationen auf dieser Seite eine umfangreiche Registrierung voraussetzt und kostenpflichtig ist (OLG Naumburg NJW-RR 2012, 638; ausführlich LG Karlsruhe, Beschl. v. 13.07.2020 - 20 T 26/20 -, BeckRS 2020, 16586 m.w.N. zum Streitstand; vgl. auch BGH, Beschl. v. 26.08.2020 - VII ZB 39/19 -, WM 2020, 1880 Rn. 20 ff.).

2. Letztlich kann das aber hier dahinstehen. Denn die Antragstellerin hat ergänzend einen beglaubigten Handelsregisterauszug über die Verschmelzung vorgelegt. Dieser Registerauszug ist grundsätzlich als Nachweis der Rechtsnachfolge geeignet. Dem steht nicht entgegen, dass der Auszug bereits längere Zeit vor der Antragstellung eingeholt wurde. Nach Auffassung des Senats kommt es vielmehr im Rahmen des Nachweises der Rechtsnachfolge für die Klauselerteilung nach § 727 ZPO grundsätzlich nicht auf den Ausstellungszeitpunkt des vorgelegten Handelsregisterauszugs an.

a) Die Frage ist allerdings umstritten. Der BGH hat in einer früheren Entscheidung zum Zustellungserfordernis gemäß § 750 Abs. 2 ZPO die Bedeutung der Aktualität des Nachweises betont und zur Begründung darauf abgestellt, dass "anderenfalls nicht auszuschließen ist, dass zwischen der Einsichtnahme in das Register und der Klauselerteilung Eintragungen in das Register erfolgten, welche der bescheinigten Rechtsnachfolge entgegenstehen" (BGH, Beschl. v. 08.11.2012 - V ZB 124/12 -, BGHZ 195, 292 Rn. 9 zum Genossenschaftsregister; zust. MüKo-ZPO/Wolfsteiner, 6. Aufl., § 726 Rn. 47, der allerdings von der Offenkundigkeit des Handelsregisters ausgeht, a.a.O. Rn. 62). Die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze hat der BGH zwar in Teilen später wieder aufgegeben (BGH, Beschl. v. 13.10.2016 - V ZB 174/15 -, JR 2018, 32); das bezog sich jedoch nicht auf das Aktualitätserfordernis (a.a.O. Rn. 17). Zum Teil werden Anforderungen an die Aktualität des Nachweises auch mit einer Parallele zur Einholung eines Grundbuchauszugs durch den Notar nach § 21 BeurkG begründet (Ahrens NJW 2017, 413, 414, unter Verweis auf OLG Frankfurt DNotZ 1985, 244).

In der Literatur ist das Aktualitätserfordernis im Rahmen des § 727 ZPO hingegen überwiegend auf Ablehnung gestoßen (Alff, RPfleger 2013, 183, 185; Ulrici MittBayNot 2017, 417, 418; Volmer ZfIR 2017, 206, 207; Kindl JR 2018, 36, 38; Böttcher ZfIR 2018, 121; vgl. im Ergebnis auch OLG Hamm, Beschl. v. 25.04.2005 - 31 W 27/05 -, juris, für eine 1 Jahr alte notarielle Registerbescheinigung nach § 21 BNotO).

b) Dieser Gegenauffassung schließt sich der Senat an. Aus § 727 ZPO ergeben sich grundsätzlich keine besonderen Anforderungen an die Aktualität des Nachweises über die Rechtsnachfolge.

aa) Nach dem Wortlaut des § 727 Abs. 1 ZPO beschränkt si...

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