Rz. 595

Angesichts der Änderung der Verhältnisse, insbesondere in der Einschätzung der Einsichtsfähigkeit und der gruppenspezifischen Verhaltensmöglichkeiten in verschiedenen Altersphasen, wird- wie schon in der Vorauflage – darauf verzichtet, die Zusammenstellung der zahlreichen älteren Entscheidungen aus der 15. Auflage zu übernehmen. Insoweit wird auf diese Auflage verwiesen. Folgende Beispielsfälle aus neuerer Zeit seien erwähnt:

Wenn sieben bis acht Jahre alte Kinder in einer Spielsituation Gegenstände über eine 2,5 m hohe Hecke auf das Nachbargrundstück werfen, fehlt ihnen die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht.[1737]
Ein sieben Jahre altes Kind ist jedenfalls dann in der Lage vorherzusehen, dass ein in Richtung eines an einer Hauseingangstür stehenden Kindes abgegebener Schuss mit einem Ball zur Beschädigung der dort angebrachten Außenlampe führen kann, wenn es von seinen Eltern zuvor auf solche Gefahren ausdrücklich hingewiesen worden ist.[1738]
Ein neunjähriger Junge muss nicht erkennen, dass das harmlose Werfen von Matschkugeln in Richtung auf einen Hund ein in der der Nähe in einer umfriedeten Führanlage befindliches Pferd derart erschrecken kann, dass es scheut und sich dabei verletzt.[1739]
Ein 10 ½ Jahre alter Junge muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er an einem Übergang unbedacht auf den Gleiskörper einer Straßenbahn läuft und von dieser erfasst wird.[1740]
Bei Verletzung eines anderen durch verschossene Dart-Pfeile haftet der fast elfjährige Werfer.[1741]
Elfjährige Kinder haften, wenn sie in einer Scheune mit einem Feuerzeug spielen, für die Folgen eines dadurch verursachten Brandes.[1742]
Ein zwölf Jahre alter Realschüler ist für den Schaden verantwortlich, den er gemeinsam mit anderen Schülern nach Einbruch in die Schule durch Zerstörungen, durch Vandalismus und durch Fluten der Räume mittels Öffnens der Wasserhähne bei gleichzeitigem Verstopfen der Abflüsse mutwillig angerichtet hat.[1743]
Ein zwölf Jahre und acht Monate alter Junge hat das allgemeine Verständnis dafür, dass es gefährlich ist, im Dachraum der Schreinerei zu rauchen und den ausgedrückten Zigarettenrest in der Staubkammer liegenzulassen.[1744]
Ein 13 Jahre altes Mädchen haftet, wenn es trotz Verbotes mit einem Schäferhund spazieren geht und dieser einen Verkehrsunfall verursacht.[1745]
Eine normal entwickelter 14-jähriger Jugendlicher kann voraussehen, dass es bei dem Hantieren mit einem Feuerzeug in unmittelbarer Nähe zu Stroh- und Heuballen leicht zu einem nicht mehr beherrschbaren Brandausbruch kommen kann.[1746] Bedenklich kann je nach den Umständen sein, dass das OLG dem Kind zumutet, vom Einsatz des Feuers zur Rettung eines möglicherweise schwer verletzten Spielkameraden abzusehen und von außen Hilfe zu holen.
Ein 15-Jähriger haftet, wenn er beim wechselseitigen Werfen mit Kleiderbügeln einen Zehnjährigen verletzt.[1747]
Hat ein 15-jähriger Junge einem gleichaltrigen anderen Jungen bei "Kriegs- und Waffenspielen" mit einem Schuss aus einem Luftdruckgewehr eine Augenverletzung beigebracht, haftet er für den Schaden.[1748]
Ein normal entwickelter 15-jähriger Junge ist in der Lage, zu erkennen, welche Gefahren von den ­Kufen seiner Schlittschuhe beim Bockspringen auf einer Eisbahn ausgehen.[1749]
[1737] OLG Köln, Urt. v. 13.8.2002 – 22 U 71/02, NJW-RR 2002, 1677.
[1739] LG Osnabrück, Urt. v. 13.7.2006 – 4 O 473/06, NZV 2007, 208.
[1743] OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.12.2000 – 4 U 46/00, VersR 2002, 89.
[1744] OLG München, Urt. v. 26.3.93 – 8 U 7072/91, VersR 1994, 1248.
[1745] OLG Schleswig, Urt. v. 10.10.1996 – 7 U 67/92, VersR 1998, 640.

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