Rz. 54

Nach § 307 Abs. 1 BGB sind AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders – den Arbeitnehmer – entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Diese unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die AGB müssen daher richtig, bestimmt und möglichst konkret und klar sein. Dies ist insoweit kein Novum, weil das BAG in einigen Fällen auch bisher eine Bestimmtheit der Klausel verlangt hat.[35]

 

Rz. 55

Darüber hinaus ist gem. § 307 Abs. 2 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn die vertragliche Regelung mit dem wesentlichen Grundgehalt der gesetzlichen Regelung, die im Vertrag ersetzt wird, nicht vereinbar ist oder wenn die Rechte und Pflichten einer Vertragspartei so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des gemeinsamen Vertragszwecks gefährdet erscheint.

Dennoch wurde das Transparenzgebot in der Vertragspraxis bisher wenig beachtet. Es wurden extrem offene Klauseln benutzt.[36] Ein Bedürfnis zur Änderung bestand nicht, da sich die Rechtsprechung in den überwiegenden Fällen auf eine Ausübungskontrolle beschränkte.

Die Klauseln müssen so gestaltet sein, dass auch dem Durchschnittsbürger die nachteilige Wirkung erkennbar ist. Die Anforderungen dürfen aber nicht überspannt werden. So ist die Aufzählung aller in Betracht kommenden Gründe, welche die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts auslösen können, schwerlich möglich. Der Arbeitgeber liefe ansonsten Gefahr, andere zulässige Gründe bei der Vertragsabfassung zu übersehen. Dem Arbeitgeber ist es daher nicht verwehrt, allgemeine Begriffe zu verwenden.[37] Erforderlich ist immer ein sachlicher Grund.

In einer Versetzungsklausel muss gesagt werden, dass der Arbeitnehmer auch in einem anderen Unternehmen im Ausland eingesetzt werden kann. Zu den Gründen, die eine Rückzahlungsverpflichtung für auslandsbedingte Mehrkosten rechtfertigen können, s. Rdn 130, 133 f. Zum Rückfall der Wiedereingliederungszusage s. Rdn 163, zur Verringerung der auslandsbedingten Zusatzleistungen bei Teilzeit, s. Rdn 172 ff.

 

Rz. 56

Als allgemeine Kriterien der Angemessenheitskontrolle sind die Art des Arbeitsvertrags und die Stellung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. So kann es bei der Kontrolle von Überstundenabgeltungspauschalierungen darauf ankommen, ob es sich bei dem Arbeitnehmer um eine Führungskraft handelt. Es ist der gesamte Vertrag in die Prüfung einzubeziehen und nicht nur die einzelne Klausel zu bewerten, sodass auch ausgleichende Klauseln und Wirkungen zu beachten sind. So ist bei Versetzungsklauseln zu beachten, dass der Arbeitgeber in dem Umfang der Klausel zu prüfen hat, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht.[38] Der Arbeitsplatz wird somit sicherer. Für den Bereich der Rückzahlungsklauseln ist zu beachten, dass der Auslandsaufenthalt auch der beruflichen Qualifikation des Arbeitnehmers dienen kann und dessen Verdienst höher als bei der Inlandstätigkeit ist. Bei Anrechnungsklauseln für nach ausländischem Recht erhaltene Abfindungen darf nicht übersehen werden, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit bei der Heimatgesellschaft wieder aufnimmt (hierzu s. Rdn 150).

Zu berücksichtigen sind weiterhin verfassungsrechtliche Wertungen, wie z.B. das Recht auf freie Berufswahl im Bereich der Rückzahlungsklauseln i.R.d. Kontrolle einseitiger Kündigungserschwerungen.[39] Zu beachten ist weiterhin § 615 Satz 3 BGB, wonach der Arbeitgeber das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt.[40]

Auch die Prüfung von einseitigen Kündigungserschwerungen ist regelmäßiger Bestandteil einer Angemessenheitskontrolle. Ziel ist es dabei, unzumutbare Beschränkungen der Vertrags- und Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers abzuwenden.[41]

 

Rz. 57

I.R.d. Leistungsbestimmungsrechte ist eine zweiteilige Prüfung vorzunehmen. Die Prüfung der Angemessenheit ergibt, ob der Arbeitgeber ein Leistungsbestimmungsrecht hat, wobei auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist. Die Ausübungskontrolle beschäftigt sich dagegen damit, wie der Arbeitgeber im konkreten Fall das Leistungsbestimmungsrecht ausübt, wobei auf den Zeitpunkt der Ausübung abzustellen ist.

Hinsichtlich der Angemessenheitskontrolle ist darauf abzustellen, ob die Klausel hinreichend transparent ist, d.h. die Klausel muss i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB klar und verständlich formuliert sein. Vorformulierte Leistungsbestimmungsrechte können nur vereinbart werden, wenn sie für die Anpassung eines Schuldverhältnisses mit unsicherer Entwicklung erforderlich sind. Die gewählte Klausel muss die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen und die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für den Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.[42] Bspw. muss die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung hinreichend bestimmt sein,[43] wobei eine bloße Auslegungsbedürftigkeit nicht zugleich dem Transparenzerfordernis zuwiderläuft.[44]

 

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