Rz. 163

Wird der Auslandseinsatz vorzeitig beendet, besteht für den deutschen Arbeitgeber das Problem, dass er den zurückkehrenden Arbeitnehmer wegen der vorzeitigen Reaktivierung des ruhenden Arbeitsverhältnisses wieder beschäftigen muss, obwohl er für diesen vielleicht keinerlei Verwendung hat. Der Arbeitgeber hat mithin einen Arbeitnehmer zu viel. Aus diesem Grund machen viele Arbeitgeber das Wiederaufleben des ruhenden deutschen Arbeitsvertrags von weiteren Voraussetzungen abhängig. Ein Wiederaufleben des ruhenden deutschen Vertrags soll i.d.R. nur dann möglich sein, wenn der Auslandseinsatz vertragsgemäß beendet wurde. Als nicht vertragsgemäß wird eine vorzeitige Beendigung dann angesehen, wenn das Auslandsarbeitsverhältnis aus einem von dem Arbeitnehmer zu vertretenen Grund beendet wurde oder dieser das ausländische Arbeitsverhältnis nicht im Einvernehmen mit der Heimatgesellschaft selbst gekündigt hat.[72]

Ist dies der Fall, soll auch das inländische Arbeitsverhältnis beendet sein. Die Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses schlägt mit anderen Worten auf das ruhende Arbeitsverhältnis durch. Die Kopplung der beiden Arbeitsverträge erfolgt hier durch eine auflösende Bedingung des ruhenden, nach deutschem Recht zu beurteilenden Arbeitsverhältnisses. Damit ist das TzBfG hinsichtlich dieses Arbeitsvertrags anzuwenden, das für die auflösende Bedingtheit eines Arbeitsverhältnisses einen Sachgrund gem. §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG erfordert.

Hier wird das Vorliegen eines Sachgrunds für den ruhenden Arbeitsvertrag aber bestritten und die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung verneint.[73]

 

Rz. 164

Dieser Ansicht wird man nicht uneingeschränkt folgen können. Es wird dabei übersehen, dass der Arbeitnehmer im Gegensatz zum gesetzlichen Normalfall, der mit den §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG geregelt werden sollte, hier zwei Arbeitsverhältnisse hat. Zum einen soll der ruhende Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer nur bei Erbringung vertragsgemäßer Leistungen absichern. Die auflösende Bedingung muss daher dann wirksam sein, wenn das ausländische Vertragsarbeitsverhältnis verhaltensbedingt gekündigt wurde. Dies muss insb. dann gelten, wenn die Kündigung auch bei Zugrundelegung deutschen Rechts wirksam ausgesprochen worden wäre. Hierdurch wird gewährleistet, dass zwingende Kündigungsschutzvorschriften nicht umgangen werden und eine umfassende Interessenabwägung stattfindet. Das ArbG würde daher i.R.d. Sachgrunds inzident die Wirksamkeit der Kündigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses anhand deutschen Rechts prüfen. Dem deutschen Arbeitgeber ist jedoch sicherheitshalber für den Fall, dass das ausländische Unternehmen das Arbeitsverhältnis kündigen möchte, anzuraten, gleichzeitig selbst eine gleichlautende Kündigung des deutschen ruhenden Arbeitsverhältnisses auszusprechen. Es sollte auch sichergestellt werden, dass beide Kündigungen – die des deutschen Arbeitgebers und die des ausländischen Arbeitgebers – zeitgleich dem Arbeitnehmer zugehen. Gleiches gilt etwa für Abmahnungen. Diese sollten bei einem abmahnfähigen Verhalten des Mitarbeiters im Ausland zusätzlich auch vom inländischen Betrieb ausgesprochen werden, um ggf. eine verhaltensbedingte Kündigung auch des Rumpfanstellungsverhältnisses rechtfertigen zu können. Diese Problematik wurde in einem ähnlich gelagerten Fall im Konzernarbeitsverhältnis durch das BAG entschieden.[74] Danach entsteht die Möglichkeit für den deutschen Arbeitgeber bei Verletzungen von Nebenpflichten durch den Arbeitnehmer im Ausland, das deutsche Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt zu kündigen, sofern die deutsche Gesellschaft die einzelnen Verstöße mit abgemahnt hat und eine (verhaltensbedingte) Kündigung gleichzeitig mit der ausländischen Gesellschaft ausspricht. Durch die Kündigung der beiden Arbeitsverhältnisse eröffnet sich jedoch für den deutschen Arbeitgeber die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis im Ganzen in einem Kündigungsschutzprozess vor einem deutschen ArbG darstellen zu können.

[72] Klausel bei Küttner/Kreitner, Auslandstätigkeit, Rn 34b.
[73] Gotthardt, MDR 2001, 961, 969.

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