Rz. 20

Das Steuervermächtnis entsteht i.S.d. § 9 ErbStG (bereits) mit dem Erbfall, sofern – wie ratsam (siehe Rdn 15>) – ein fixer Auffangtermin bezüglich der Fälligkeit angeordnet ist. Die hinausgeschobene Fälligkeit wird durch die Abzinsung der Vermächtnisforderung berücksichtigt (siehe Rdn 17>).

 

Rz. 21

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG, der den Entstehungszeitpunkt vom Erbfall wegverlagern würde (siehe § 9 Rdn 4 ff.>), greift nicht. Insbesondere liegt kein aufschiebend bedingtes Vermächtnis i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG wegen des Bestimmungsrechts des Längerlebenden i.S.d. § 2151 BGB – mithin wer von den Kindern das Vermächtnis erhalten soll – vor.[21] Die auswählbaren Personen i.S.d. § 2151 BGB sind auflösend bedingte Vermächtnisnehmer.[22] Der auflösend bedingte Erwerb ist in § 9 ErbStG nicht geregelt, da sich die auflösende Bedingung auf die Besteuerung zunächst nicht auswirkt, § 12 Abs. 1 BewG i.V.m. § 5 Abs. 1 BewG. Die Steuer entsteht mithin zunächst wie beim unbedingten Erwerb, d.h. gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Erbfall und ist (nur) auf fristgebundenen Antrag hin zu berichtigen, § 5 Abs. 2 BewG.

 

Rz. 22

Würde man ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG wegen des Bestimmungsrechts des Längerlebenden i.S.d. § 2151 BGB – mithin wer von den Kindern ein Vermächtnis erhalten soll – bejahen, würde, für den Fall, in dem nur ein (steuervermächtnisbegünstigtes) Kind vorhanden ist, eine Ungleichbehandlung im Rahmen der Besteuerung stattfinden. In letzterer Konstellation hätte der Längerlebende keinen Einfluss auf den Entstehungszeitpunkt, was z.B. im Rahmen der Berücksichtigung früherer Erwerbe gem. § 14 ErbStG (siehe § 7 Rdn 1 ff.>) Auswirkungen haben kann.

 

Rz. 23

Mit "betagten Ansprüchen" wiederum sind erbschaftsteuerlich i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG solche gemeint, die dem Grunde nach bereits entstanden sind, bei denen aber der Eintritt oder der Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit ungewiss oder unbestimmt ist.[23] Wegen des fixen Auffangtermins besteht allerdings gerade keine Ungewissheit.

 

Rz. 24

Das Steuervermächtnis ist bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls (eventuell abgezinst) als § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 ErbStG erwerbsmindernd zu berücksichtigen (siehe § 3 Rdn 112>).

[21] So von Oertzen/Lindermann, ZEV 2020, 144.
[22] Palandt/Weidlich, § 2151 BGB Rn 1; MüKo/Rudy, § 2151 BGB Rn 4.

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