Rz. 4

Die Steuer entsteht für den Erwerb des unter einer aufschiebenden Bedingung, unter einer Betagung oder Befristung Bedachten sowie für zu einem Erwerb gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses, § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG.

In § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG sind zwei Fallgruppen geregelt:

Zum einen ist der Bedachte unter einer aufschiebenden Bedingung, Betagung oder Befristung eingesetzt, mithin ist der Erwerbsgrund selbst betroffen, § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Hs. 1 ErbStG.
Zum anderen sind die dem Bedachten zugewandten Ansprüche selbst bedingt, betagt oder befristet, mithin ist der Erwerbsgegenstand betroffen, § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Hs. 2 ErbStG.
 

Rz. 5

Der auflösend bedingte Erwerb ist in § 9 ErbStG nicht geregelt, da sich die auflösende Bedingung auf die Besteuerung zunächst nicht auswirkt, § 12 Abs. 1 BewG i.V.m. § 5 Abs. 1 BewG. Die Steuer entsteht mithin zunächst wie beim unbedingten Erwerb, dh ganz normal.[4] Erst bei Bedingungseintritt erfolgt nach § 5 Abs. 2 BewG bzw. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 AO eine Korrektur.

 

Rz. 6

Zivilrechtlich sind betagte Ansprüche i.S.d. § 813 Abs. 2 BGB solche, die bereits entstanden sind, aber erst zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt fällig werden. Klassischer Fall ist die Stundung. Anders als befristete oder aufschiebend bedingt Ansprüche sind betagte Ansprüche mithin nur bezüglich ihrer Fälligkeit vom Fristlauf abhängig und nicht bereits in ihrem Entstehen dem Grunde nach. Die Erbschaftsteuerpflicht entsteht bei betagten Ansprüchen daher dem Regelfall entsprechend bereits mit dem Tod des Erblassers, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.[5] Dies gilt etwa bei einem Vermächtnisanspruch, der erst mit dem 23ten Lebensjahr des Vermächtnisnehmers fällig wird (betagtes Vermächtnis) oder mit dem Erwerb einer gestundeten Kaufpreisforderung. Solche betagten Ansprüche i.S.d. ErbStG sind dann ggf. auf Bewertungsebene gem. § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen.[6] Mit "betagten Ansprüchen" sind erbschaftsteuerlich i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG hingegen solche gemeint, die dem Grunde nach bereits entstanden sind, bei denen aber der Eintritt oder der Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit ungewiss oder unbestimmt ist.[7] In diesen Fällen kann § 12 Abs. 3 BewG mangels eines bestimmten Endzeitpunkts für den Fälligkeitseintritt nicht greifen, der Ansatz eines abgezinsten unter dem Nennwerts liegenden Werts i.S.d. § 12 Abs. 1 BewG ist mithin nicht möglich. In diesen Fällen kommt es daher zu einer Abweichung vom Grundsatz der Steuerentstehung mit dem Tod des Erblassers gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Erbschaftsteuer entsteht wie bei aufschiebend bedingten und befristeten Forderungen erst mit Eintritt des Ereignisses, das zur Fälligkeit des Anspruchs führt.[8] Hierher gehören auch Einkommensteuererstattungsansprüche des Erblassers. Da das Ob bzw. Wann des Erstattungsbescheids und damit deren Fälligkeit zunächst ungewiss sind, entsteht die Erbschaftsteuer mithin auch erst mit Verbescheidung.[9]

 

Rz. 7

Für Ansprüche, die dem Grunde nach bereits entstanden sind und bei denen lediglich die Fälligkeit hinausgeschoben ist, greift § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG nicht. Wird demnach vermächtnisweise ein zu einem späteren Zeitpunkt fälliger Anspruch aus einer Lebensversicherung zugewendet, entsteht die Erbschaftsteuer (bereits) mit dem Tod des Erblassers.[10]

 

Rz. 8

Der (unbedingte) Erwerb aufschiebend bedingter, betagter oder befristeter Ansprüche bleibt zunächst erbschaftsteuerlich gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 4, 8 BewG unberücksichtigt. Allerdings sind diese als Erwerbsgegenstände bereits mit dem Erbfall vom Erben erworben. § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Hs. 2 ErbStG verschiebt nicht den Erwerbszeitpunkt, sondern (nur) den Steuerentstehungszeitpunkt.[11] Dies hat insbesondere zur Folge, dass beim Erwerb eines bedingten Erwerbsgegenstands zunächst kein Erwerb i.S.d. § 14 ErbStG vorliegt (siehe § 7 Rdn 1 ff.>). Von aufschiebend bedingten Ansprüchen zu unterscheiden sind künftige Forderungen. Diese werden erbschaftsteuerlich nur erfasst, wenn sie im Rahmen der steuerlichen Bewertung des Nachlassgegenstandes Berücksichtigung finden.

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