Rz. 124

Ob der Bauträger zu nachträglichen Änderungen der Teilungserklärung oder der Bauausführung befugt ist, richtet sich im Verhältnis zu den Käufern nur nach dem Inhalt des Bauträgervertrags. Wie oben schon erwähnt, ist diese Frage unabhängig davon zu beurteilen, ob die entsprechende Änderungsvollmacht im Außenverhältnis (zum Grundbuchamt) wirksam ist; das Grundbuchamt prüft nur, ob eine dem Bauträger erteilte Vollmacht (= der Änderungsvorbehalt) die von ihm beantragten Änderungen der Teilungserklärung formell deckt und darf (von evidenten Missbrauchsfällen abgesehen) nicht danach fragen, ob er zu den Änderungen materiell befugt ist. Zunehmend wird erkannt, dass der Bauträger im Innenverhältnis nur wenig Spielraum für Änderungen zu Lasten der Käufer hat. Die im Bauträgervertrag vereinbarten Klauseln müssen ausreichend bestimmt sein und dürfen die Käufer nicht unangemessen benachteiligen. Bei unbefugten Änderungen stehen den Käufern die allgemeinen Mängelrechte zu.

 

Rz. 125

 

Beispiel

A kauft im Jahr 2002 von Bauträger X eine Wohnung. Laut Teilungserklärung gibt es im gesamten Haus keine Teileigentumseinheiten, allerdings dürfen alle Wohnungen auch gewerblich genutzt werden. Noch vor der Eintragung einer Vormerkung für A ändert X die Teilungserklärung ab, so dass eine Einheit nunmehr anstelle von Wohnungseigentum als Teileigentum ausgewiesen wird; diese Änderung war von dem vertraglich vereinbarten Änderungsvorbehalt nicht gedeckt. Im Jahr 2004 verlangt A von X unter Fristsetzung die "ordnungsgemäße Vertragserfüllung" und nach Fristablauf Rückabwicklung und Schadensersatz. – Mit Erfolg. Die Umwandlung einer Wohnung in eine Teileigentumseinheit stellt eine Vertragsverletzung dar. Zur Änderung der Teilungserklärung war X zwar sachenrechtlich befugt; er war noch Alleineigentümer, Vormerkungen zugunsten von Erwerben waren noch nicht eingetragen. Schuldrechtlich war X dazu aber nicht berechtigt. Dem A entsteht auch ein Schaden. Statt – wie gekauft – eine Wohnung in einer reinen Wohnanlage erhält er eine Wohnung in einer Anlage mit einer Teileigentumseinheit. Das verändert den Gesamtcharakter der ganzen Anlage und mindert den Wert der Wohnung des A erheblich.[171]

 

Rz. 126

Es genügt i.d.R. nicht, nur die Teilungserklärung zu ändern. Vielmehr sind mit den meisten Änderungen auch Änderungen der Bauausführung verbunden. Solche Änderungsvorbehalte müssen dem Bestimmtheitsgebot genügen und sich an dem Klauselverbot des § 308 Nr. 4 BGB messen lassen. Diesen Anforderungen genügen sie jedoch regelmäßig nicht und sind unwirksam. Sichere Aussagen sind allerdings schwierig, weil sich in Rechtsprechung und Literatur noch keine einheitliche Linie zu der Frage gebildet hat, wie eine wirksame Änderungsvollmacht zu formulieren ist.[172]

 

Rz. 127

 

Beispiel

A kauft von Bauträger X eine Wohnung. Laut Baubeschreibung und Aufteilungsplan ist das Treppenhaus "geschlossen" (mit Fenstern und Eingangstür); tatsächlich wird ein "offenes" Treppenhaus gebaut. Im Bauträgervertrag hat sich X das Recht zur Änderung der Ausführungsart vorbehalten, soweit ihm dies technisch oder wirtschaftlich zweckmäßig erscheint und dadurch keine Wertminderung eintritt. A verlangt Kostenvorschuss zur Herstellung des Treppenhauses gemäß der ursprünglichen Baubeschreibung. – Zu Recht. Die Änderungsklausel ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam; ohne triftigen Grund ist der Bauträger zu einer von der Baubeschreibung abweichenden Bauausführung nicht berechtigt.[173] Die geänderte Ausführung stellt deshalb eine nachteilige Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit und somit einen Mangel dar.

 

Rz. 128

 

Weitere Beispiele

für Leistungsänderungsklauseln, wobei es teilweise nicht um Bauträger-, sondern um sonstige Bauverträge geht, worauf es aber im hiesigen Kontext nicht ankommt:

Unwirksam: Das Abstellen auf "schwerwiegende Änderungsgründe" und nicht konkretisierte "triftige Gründe",[174] auf "billiges Ermessen"[175] oder auf die "Zumutbarkeit".[176] "Änderungen der Ausführungsart, der vorgesehenen Baustoffe und Einrichtungsgegenstände, soweit dies technisch oder wirtschaftlich zweckmäßig erscheint".[177] Insbesondere wirtschaftliche Gründe können nicht anerkannt werden, weil der Unternehmer Kalkulations- und Planungsrisiken nicht auf seinen Vertragspartner abwälzen darf.[178]
Wirksam: "Geringfügige und/oder gleichwertige baurechtlich und technisch notwendige Änderungen".[179]

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