Rz. 373

Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hatte der Gesetzgeber das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in § 4 Abs. 5 S. 2 RDGEG a.F. ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und ohne Zustimmung des Bundesrates unter Berücksichtigung des Umfangs der Tätigkeit Höchstsätze für die Gebühren, deren Erstattung der Gläubiger von einer Privatperson (§ 11a Abs. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) verlangen kann, zu regeln. Nach der Ermächtigung können Höchstsätze insbesondere für das erste Mahnschreiben nach Eintritt des Verzugs und für die Vergütung, die bei der Beitreibung von mehr als 100 gleichartigen, innerhalb eines Monats dem Inkassodienstleister übergebenen Forderungen desselben Gläubigers erstattungsfähig ist, festgesetzt werden.

Die Verordnungsermächtigung wurde vielfach kritisiert und als verfassungswidrig qualifiziert, weil die Regelung darauf hinauslief, dass für eine einheitliche Rechtsdienstleistung die beiden in Frage kommenden Dienstleister, der Rechtsanwalt und der registrierte Inkassodienstleister, unterschiedlich vergütet werden. Dass dies gegen Art. 3 und 12 GG und auch gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, liegt eigentlich auf der Hand und ist nach Erlass der Regelung ausführlich begründet worden.[736] Inzwischen hat der Gesetzgeber hierauf reagiert, sich die Sicht zur verfassungsrechtlichen Beurteilung zu Eigen gemacht und die Regelung mit dem Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie[737] und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ in Art. 8 durch die ersatzlose Aufhebung des § 4 Abs. 5 S. 2 und 3 RDGEG wieder aus dem Gesetz gestrichen. In der Begründung[738] heißt es hierzu:

Zitat

"Die unterschiedliche Behandlung von nichtanwaltlichem und anwaltlichem Inkasso, die dadurch entsteht, dass die Ersatzfähigkeit von Inkassokosten nur beim nichtanwaltlichen Inkasso durch Höchstsätze beschränkt werden kann, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Gleichheitsgebot des Artikels 3 GG. Inkassodienstleistungen, die von Inkassodienstleistern erbracht werden, unterscheiden sich nicht von Inkassodienstleistungen, die Rechtsanwälte erbringen. Deshalb gelten, wie dargestellt, die Gebühren nach dem RVG gleichermaßen als Obergrenze bei der Kostenerstattung sowohl für das anwaltliche als auch für das nicht ­anwaltliche Inkasso. Auch für Höchstsätze zur weiteren Begrenzung der Kostenerstattung durch den Schuldner müssen einheitliche Regelungen bestehen. Grundsätzlich ersatzfähig sind notwendige Rechtsverfolgungskosten (§§ 280, 286, 249 ff. BGB). Für die Höhe der notwendigen Rechtsverfolgungskosten kommt es darauf an, ob Inkassotätigkeiten erforderlich sind, nicht jedoch darauf, ob solche erforderlichen Dienstleistungen von Inkassodienstleistern oder – identisch – von Rechtsanwälten erbracht werden. Da die Verordnungsermächtigung eine einheitliche Regelung nicht ermöglicht, soll sie aufgehoben werden."

Da die Diskussion auch im Rahmen der Evaluation 2019 und 2020 im Hinblick auf das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht nicht verstummt ist, gilt es dieses Ergebnis deutlich festzuhalten. Entscheidend ist, welche Leistung erbracht wird, nicht wer sie – zulässigerweise – erbringt. Gleiche Leistung muss gleich vergütet werden.

[736] Papier, Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung zur Reglementierung der Inkassokosten in § 4 Abs. 5 RDGEG, ZfM 2015, 3.
[737] BGBl I 2017, 1121, fußend auf der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.9.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl L 255 v. 30.9.2005, 22; L 271 v. 16.10.2007, 18; L 93 v. 4.4.2008, 28, L 33 v. 3.2.2009, 49 und L 305 vom 24.10.2014 in der umfassend geänderten Fassung der Richtlinie 2013/55/EU (ABl L354 vom 28.12.2013, S. 132 und L 268 v. 15.10.2015, 35).
[738] BT-Drucks 18/9521, S. 217.

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