Rz. 13

Jedem Elternteil steht ein vom Gesetz anerkannter und durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützter Anspruch auf Umgang mit dem Kind zu.[33] Dies gilt auch und gerade für den Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind bei gemeinsamer elterlicher Sorge nicht befindet.

In Ausgestaltung von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG wurden in § 1684 Abs. 1 BGB die Pflicht und das Recht – in dieser Reihenfolge! – jedes Elternteils zur Umgangsausübung mit seinem Kind normiert. Nicht betreuende Elternteile haben also grundsätzlich auch die Pflicht zum Umgang mit dem Kind.[34] Hieraus folgt, dass auf das Besuchsrecht durch Elternvereinbarung nicht rechtswirksam verzichtet werden kann.[35] Das Umgangsbestimmungsrecht des sorgeberechtigten Elternteils aus § 1632 Abs. 2 BGB (siehe dazu § 4 Rdn16 ff.) wird durch das Umgangsrecht des anderen Elternteils aus § 1684 Abs. 1 BGB und eine auf dieser Grundlage nach § 1684 Abs. 3 BGB getroffene gerichtliche Entscheidung eingeschränkt (siehe dazu eingehend § 4 Rdn16).[36] Dies gilt gleichermaßen für das Umgangsrecht des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters aus § 1686a BGB und bezüglich Dritter, die ein Umgangsrecht nach § 1685 BGB haben (siehe dazu eingehend § 4 Rdn 16). In der Umgangsregelung muss – von Amts wegen – Niederschlag finden, dass § 1684 Abs. 1 BGB zur Wahrnehmung des Umgangs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Nach Maßgabe dessen ist die Folgenankündigung nach § 89 Abs. 2 FamFG auch auf den Umgangsberechtigten zu erstrecken (siehe dazu § 6 Rdn 36).[37]

 

Rz. 14

Im Fall der Trennung und Scheidung der Eltern und der Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil hat nur noch dieser Elternteil die sorgerechtlichen Entscheidungen zu treffen, also die entsprechenden elterlichen Funktionen wahrzunehmen.[38] Ihm obliegt hierbei aber die Aufgabe, im Rahmen der gesetzlichen Regelungen die Bindungen des Kindes zum anderen Elternteil bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen.[39]

 

Rz. 15

Hat ein Elternteil die alleinige Sorge, so hat der andere Elternteil kein eigenes Erziehungsrecht mehr. Er darf auf die Erziehung des Kindes – rechtlich gesehen – keinen Einfluss mehr nehmen.[40] Dies bedeutet, dass er nicht mehr berechtigt ist, mit dem Kindergarten, der Schule oder den behandelnden Ärzten des Kindes Kontakt aufzunehmen und Informationen über das Verhalten, die Leistungen oder den Gesundheitszustand des Kindes einzuholen. Zu diesem Zweck hat der ­lediglich umgangsberechtigte Elternteil nach § 1686 BGB einen Auskunftsanspruch gegen den alleinsorgeberechtigten Elternteil.[41] Dieser kann parallel zum Umgangsrecht, aber auch ­unabhängig von diesem geltend gemacht werden (siehe im Einzelnen Rdn 195 ff.).[42] Umgangs- und Auskunftsanspruch stellen sich dann als Restbestand des Elternrechts des nichtsorgebe­rechtigten Elternteils dar.

[33] BVerfG FamRZ 2002, 809; BGH FamRZ 1994, 158.
[34] BVerfG FamRZ 2008, 845; Anm. Völker, FamRB 2008, 174; Anm. Clausius, jurisPR-FamR 14/2008, Anm. 1; Zempel, AnwZert FamR 9/2008, Anm. 3; OLG Köln FamRZ 1998, 237; OLG Hamm FamRZ 1995, 1432; OLG Zweibrücken FamRZ 1998, 1465; AG Detmold FF 1999, 29.
[36] BGH FamRZ 2008, 592; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042.
[37] BGH FamRZ 2011, 1729; OLG Saarbrücken ZKJ 2012, 118 und FamRZ 2011, 826; vgl. auch BGH FF 2012, 67, dort Rn 28: "die Eltern".
[38] BVerfG FamRZ 1995, 86.
[39] BVerfG FamRZ 1995, 86.
[40] OLG Brandenburg FamRZ 2002, 974.
[41] Clausius, Die Auskunftsansprüche nach §§ 1686, 1686a Abs. 1 Nr. 2 BGB, FamRB 2015, 65; Oelkers, NJW 1995, 1335.
[42] OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 802.

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