Rz. 25

Der Umstand, dass jemand nach einem schadenstiftenden Geschehnis Vermögenseinbußen hat oder immaterielle Beeinträchtigungen beklagt, bedeutet nicht zugleich automatisch, dass ihm hierfür auch stets ein Anderer Schadenersatz und billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) zu leisten hat. Es bedarf stets einer Haftungsnorm (Anspruchsnorm), die einen Dritten dem Grunde nach zum Ersatz verpflichtet; ohne eine solche Norm muss ein Geschädigter seinen Schaden selbst tragen (siehe auch § 3 Rn 17 f.).

aa) Spätschaden

 

Rz. 26

Auch für Spätschäden gilt dasjenige Haftungsrecht (einschließlich der Haftungsbegrenzung[4]), welches die Verantwortlichkeit für die Primärverletzung/-schädigung bestimmte.[5] Zwischenzeitliche Haftungserleichterungen oder Haftungsverschärfungen zwischen Primärschaden und späterem Schadeneintritt kommen nicht zum Tragen.[6] Es gibt keine Günstigkeitsregel zulasten des Schädigers und zugunsten des Geschädigten (und umgekehrt).

[4] Dazu zählt auch das Recht der Haftungsersetzung wegen Arbeitsunfall (§§ 636 ff. RVO, §§ 104 ff. SGB VII).
[5] BGH v. 14.6.2005 – VI ZR 181/04 – DAR 2005, 510 = FamRZ 2005, 1562 = HVBG-Info 2005, 725 = NJW-RR 2005, 1263 = NZV 2005, 460 = r+s 2005, 394 = SP 2005, 299 = VersR 2005, 1154 = zfs 2005, 486; BGH v. 18.1.2005 – VI ZR 115/04 – DAR 2005, 263 = MDR 2005, 684 = NZV 2005, 305 = NVwZ-RR 2005, 381 = r+s 2005, 303 = SP 2005, 156 = VersR 2005, 566 = VRS 108, 107. A.A.: OLG Schleswig-Holstein v. 18.12.2002 – 9 U 63/01 – DAR 2003, 348 = MDR 2003, 264 = NJW-RR 2003, 459 = NZV 2003, 188; siehe auch BGH v. 23.4.2002 – VI ZR 180/01 – VersR 2002, 911.
[6] BGH v. 16.6.2009 – VI ZR 107/08 – MDR 2009, 1106 = NJW 2009, 2952 = VersR 2009, 1125; BGH v. 14.6.2005 – VI ZR 181/04 – DAR 2005, 510 = FamRZ 2005, 1562 = HVBG-Info 2005, 725 = NJW-RR 2005, 1263 = NZV 2005, 460 = r+s 2005, 394 = SP 2005, 299 = VersR 2005, 1154 = zfs 2005, 486; BGH v. 18.1.2005 – VI ZR 115/04 – DAR 2005, 263 = MDR 2005, 684 = NZV 2005, 305 = NVwZ-RR 2005, 381 = r+s 2005, 303 = SP 2005, 156 = VersR 2005, 566 = VRS 108, 107; BGH v. 13.7.2004 – VI ZR 273/03 – FamRZ 2004, 1569 = MDR 2005, 34 = NJW 2004, 3176 = NZV 2004, 625 (nur Ls.) = SP 2004, 370 = VersR 2004, 126; OLG Celle v. 17.7.2003 – 14 U 190/02 – DAR 2004, 390 = r+s 2004, 475 (Anm. Lemcke) (BGH hat Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, Beschl. v. 20.1.2004 – VI ZR 248/03 – unter ausdrücklichem Hinweis auf Art. 229 § 5 I EGBGB, wonach das neue Recht auf Altfälle nicht anwendbar ist). Siehe auch die Rechtsprechung zum Systemwechsel von § 1542 RVO zu § 116 SGB X am 1.7.1983: BGH v. 13.2.1996 – VI ZR 318/94 – BGHZ 132, 39 = DAR 1996, 357 = JR 1996, 505 (Anm. Fuchs) = LM BGB § 844 II, Nr. 93 = MDR 1996, 799 = NJW 1996, 1674 = NVwZ 1996, 824 = NZV 1996, 229 = r+s 1996, 311 = SGb 1996, 328 = SP 1996, 168 = VersR 1996, 649 = VRS 91, 267; BGH v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96 – BGHZ 134, 381 = DAR 1997, 271 = NJW 1997, 1783 = NZV 1997, 264 = r+s 1997, 248 (Anm. Jahnke r+s 1998, 157) = VersR 1997, 723; OLG München v. 3.3.1994 – 24 U 611/93 – NJW-RR 1995, 164 = SP 1995, 169 (nur Ls.) = VersR 1995, 726.

bb) Haftungstatbestände

 

Rz. 27

 

Zum Thema

Vertiefend Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, 23. Aufl. 2014, § 16 StVG Rn 5 ff., Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 50 ff., 270 ff.

(1) Gefährdungshaftung

 

Rz. 28

Gefährdungshaftungstatbestände finden sich u.a. im AMG, AtomG, HaftPflG, LuftVG, StVG,[7] GenTG, ProdHaftG,[8] UmweltHG und WHG.

[7] Dazu vertiefend Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, 23. Aufl. 2014, § 16 StVG Rn 6 ff., § 254 BGB Rn 189 ff.
[8] Zu den Voraussetzungen der Produkthaftung siehe BGH v. 25.2.2014 – VI ZR 144/13 –.

(2) Deliktische Haftung

 

Rz. 29

Haftung aus Delikt regeln vor allem §§ 823 ff. BGB.

(3) Amtshaftung

 

Rz. 30

Anspruchsgrundlagen bieten u.a. § 839 BGB (Art. 34 GG), BPolG und BLG.[9]

 

Rz. 30a

In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 839 BGB als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB sowie aus § 839a BGB.[10] Im Rahmen der Haftung nach § 839 BGB tritt gemäß Art. 34 S. 1 GG – im Wege der befreienden Haftungsübernahme – der Staat beziehungsweise die jeweilige Anstellungskörperschaft als Anspruchsgegner des Geschädigten an die Stelle dessen, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat; in diesem Falle scheidet eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten aus.

 

Rz. 30b

Das vom westdeutschen Gesetzgeber verabschiedete Staatshaftungsgesetz[11] wurde vom BVerfG[12] wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes für verfassungswidrig erklärt. Zwar erstreckt Art 74 Nr. 25 GG mittlerweile[13] die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf die Staatshaftung, konkrete Bemühungen für eine Neuordnung des Staatshaftungsrechts gibt es derzeit nicht.

 

Rz. 30c

In der DDR galt das Gesetz zur Regelung der Staatshaftung in der Deutschen Demokratischen Republik (Staatshaftungsgesetz) v. 12.5.1969 (GBl I 1969, 34), welches aufgrund des Vertrages der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag Anl. II Kap...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge