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Der Begriff der Behinderung ist im AGG nicht definiert. Er entspricht der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX und § 3 BGG (BT-Drucks 16/1780, 31; Düwell, BB 2006, 1741). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der EuGH legt den Begriff dahin gehend aus, dass er eine Einschränkung erfasst, die insb. auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betroffenen am Berufsleben bildet (EuGH v. 18.12.2014 – C-354/13). Es wird nicht zwischen Behinderung und Schwerbehinderung unterschieden, alle Grade einer Behinderung fallen in den Schutzbereich dieses Diskriminierungsverbotes. Von dem Begriff der Behinderung ist die Krankheit nicht umfasst. Eine Ungleichbehandlung wegen einer lang andauernden Krankheit ist deshalb keine verbotene Benachteiligung (EuGH v. 11.7.2006 – C 13/05; EuGH v. 11. 4. 2013 – C-335/11, C-337/11). Das Gleiche gilt für häufige Kurzerkrankungen. Die Begriffe sind europarechtskonform auszulegen, sodass es nicht im Widerspruch dazu steht, dass nach rein nationalen Vorschriften eine Suchtkrankheit auch eine Behinderung sein kann (BAG v. 14.1.2004 – 10 AZR 188/03; Thüsing, Rn 209). Eine Person, der von ihrem Arbeitgeber ausschließlich wegen Krankheit gekündigt worden ist, wird demnach nicht i.S.d. AGG benachteiligt (LAG Köln v. 15.2.2008 – 11 Sa 923/07).

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