Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unzulässige Benachteiligung eines schwerbehinderten Menschen bei einer Maßnahme des Arbeitgebers, die an dem Unterscheidungsmerkmal „Fehlzeiten der Arbeitnehmer” anknüpft

 

Leitsatz (amtlich)

Es stellt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung von schwerbehinderten Arbeitnehmern dar, wenn der Arbeitgeber bei einer Maßnahme zwischen Arbeitnehmern, die hohe Fehlzeiten aufweisen, und solchen, die keine hohen Fehlzeiten aufweisen, differenziert.

 

Normenkette

AGG §§ 15, 3; ArbGG § 61b Abs. 1; SGB IX § 2 Abs. 1 S. 1; BGG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 22 Ca 8421/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31. Mai 2007 – 22 Ca 8421/06 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht einen Anspruch auf Entschädigung aufgrund einer von ihm angenommenen Benachteiligung wegen seiner Behinderung geltend.

Der 39jährige Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Mai 1997 beschäftigt. Er war zunächst als Busfahrer tätig. Seit August 2001 wird er als Bahnfahrer eingesetzt. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 60 schwerbehindert. Er leidet unter einer dauerhaften, unheilbaren Krankheit.

Der Kläger war in den letzten Jahren im folgenden Umfang arbeitsunfähig erkrankt:

2002

56 Tage

2003

78 Tage

2004

157 Tage

2005

87 Tage

2006

116 Tage (bis 15. Oktober 2006).

Die Beklagte informierte das Fahrpersonal am 16. August 2006, dass sie beabsichtige, vom 6. November bis zum 8. Dezember 2006 eine „zusätzliche EBO-Ausbildung” durchzuführen. Die Einweisung sollte vom 11. bis zum 15. Dezember 2006 in B stattfinden. Nach Beendigung der Ausbildung sollten die Mitarbeiter zum Betriebshof W und/oder gegebenenfalls auf eigenen Wunsch zum Betriebshof W versetzt werden.

Der Bahnhof W ist der Ausgangs- und Schlusspunkt für die zwischen B und K verkehrenden Straßenbahnen. Der erfolgreiche Abschluss einer EBO-Ausbildung ist zwingende Voraussetzung für den Einsatz auf diesen Strecken. Mit dem Abschluss der EBO-Ausbildung ist weder eine höhere Vergütung noch eine höherrangige Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb verbunden.

Die Bewerbung des Klägers wies die Beklagte unter dem 28. August 2006 mit folgender Begründung ab:

„Heute habe ich ihre Bewerbung für die nächste EBO-Ausbildung erhalten.

Ich freue mich für ihr Interesse zur EBO-Ausbildung. Zu ihren Fragen kann ich wie folgt Stellung nehmen:

1) Es werden immer noch Freiwillige für W gesucht.

2) Es sind noch Plätze frei und die EBO-Ausbildung findet auf dem Btf.-West statt.

3) Da auf dem Btf.-W der Flexplan besteht, können Sie die Wünsche Mitteldienste/Spätdienste äußern. Aber wie gesagt es sind Wünsche, die wir versuchen umzusetzen.

Da ich in Wesseling Personal benötige, dessen Fehlzeiten so niedrig wie möglich sein müssen, bedingt dadurch, dass der Bahnhof personell sehr klein ist, kann ich keinen Mitarbeiter der über Jahre kontinuierlich hohe Fehlzeiten durch Krankheit hat, nach W versetzen. Wenn sie ihre Fehlzeiten auf das übliche Maß reduzieren könnten wäre eine Versetzung nach W problemlos. Wir suchen ja Mitarbeiter für W damit die ständige Kommandierung aufhört. Wenn dann Personal mit hohen Fehlzeiten nach Wesseling versetzt wird, muss ich wieder Personal vom Btf.-West zum Btf.-W kommandieren. Bitte haben sie Verständnis dafür, wenn ich Ihrer Bitte um die EBO-Ausbildung und späteren Versetzung zum Btf.-Wesseling nicht nachkommen kann.”

Mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 22. September 2006 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm die Teilnahme an der Ausbildung zu ermöglichen. Die ablehnende Entscheidung sei in hohem Maße diskriminierend.

Mit seiner am 17. Oktober 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 6. November bis zum 8. Dezember 2006 die Teilnahme an der EBO-Ausbildung zu gewähren.

In der Güteverhandlung vom 13. November 2006 haben die Parteien keine Einigung erzielt. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 hat der Klägervertreter von der Beklagten „Schadenersatz” wegen Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verlangt. Der auf Entschädigung nach dem AGG gerichtete Klageantrag ist am 9. Januar 2007 beim Arbeitsgericht eingegangen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Entschädigung nach dem AGG zu, weil er von der Beklagten wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei. Er habe sich für den Betriebshof W und nicht für den Betriebshof W beworben. Eine Versetzung wäre für ihn mit einer dramatischen Verkürzung der Wege zur Arbeit verbunden gewesen. Der einzige Grund für die Nichtberücksichtigung sei seine Schwerbehinderung. Mit ihr sei die Möglichkeit höherer Ausfallzeiten als sie andere Mitarbeiter aufwiesen verbunden. Es treffe nicht zu, dass seine Fehlzeiten außerordentlich hoch seien. Es könne auch nicht angenommen werden, d...

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