Rz. 41

Je nach Anlass und Fragestellung der ärztlichen Begutachtung kann es erforderlich sein, zusätzlich zur ärztlichen Untersuchung, Proben für eine toxikologische Untersuchung im Labor zu entnehmen. Mögliche Proben können Blut, Urin oder Haare sein. Auch hierbei muss grundsätzlich auf die Anlassbezogenheit der Probenentnahme geachtet werden.

Nachfolgend soll auf die einzelnen Probenmaterialien genauer eingegangen werden.

1. Blutuntersuchungen

 

Rz. 42

Grundsätzlich muss ein Klient sein Einverständnis für die Entnahme einer Blutprobe am Untersuchungstag geben. Liegt dieses nicht vor, muss auf die Blutprobe verzichtet werden.

 

Rz. 43

In Abhängigkeit vom Untersuchungsanlass können verschiedene Blutparameter beim Labor angefordert werden. Dies reicht über die Leberwerte bis hin zum großen Blutbild.

 

Rz. 44

Dabei sind die sogenannten Leberwerte mit Vorsicht zu genießen, da sie kein sehr zuverlässiges Maß für den Alkoholgenuss eines Klienten sind (vgl. § 19 Rdn 91). Es ist durchaus möglich, dass auch bei einem massiven Trinker die Leberwerte im Normbereich liegen, aber bei einem abstinent lebenden Klienten stark erhöht sind. Mögliche Ursachen hierfür könnten bestimmte Medikamente oder das Vorliegen einer (noch) nicht entdeckten Erkrankung sein.

 

Rz. 45

Da die Nachweisbarkeitsdauer von Stoffen wie Medikamenten, Drogen oder Alkoholmarkern im Blut je nach Substanz unterschiedlich lang ist, jedoch selten wenige Stunden übersteigt, sind die Ergebnisse einer Blutanalyse auf die o.g. Substanzen eher als Nüchternheitsbeleg am Untersuchungstag zu werten. In § 19 Rdn 95 wird detaillierter auf die Nachweisdauer verschiedener Stoffe im Blut eingegangen.

2. Urinuntersuchungen

 

Rz. 46

Vor allem im Rahmen von ärztlichen Gutachten mit Drogenfragestellung ist die Abgabe einer Urinprobe am Untersuchungstag erforderlich. Anders als im Blut sind bestimmte Stoffe im Urin länger nachweisbar. Dabei variiert die Nachweisbarkeitsdauer von wenigen Stunden (z.B. für bestimmte Opiat-Abbauprodukte) bis hin zu mehreren Tagen (z.B. für Alkoholabbauprodukte). Die genaue Dauer der Nachweisbarkeit hängt dabei sowohl vom Konsummuster, also von Menge und Häufigkeit, als auch der Substanz selber ab (vgl. § 19 Rdn 95).

 

Rz. 47

Um eine Urinprobe als Abstinenzbeleg verwerten zu können, muss diese nach bestimmten Kriterien entnommen worden sein (vgl. § 20 Rdn 43). Ein wichtiges Kriterium ist dabei die Urinabgabe unter Sichtkontrolle. Darüber hinaus wird im Anschluss an die Probenabgabe sofort die Urintemperatur gemessen. Beide Maßnahmen sollen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass tatsächlich der Eigenurin des Klienten im Labor untersucht wird.

 

Rz. 48

Sollte ein Arzt oder ein von ihm mit der Probengewinnung beauftragter Assistent den Klienten im Rahmen eines ärztlichen Gutachtens mit Drogenfragestellung bei der Urinabgabe bei einem Betrugsversuch überführen, wird dies im Gutachten vermerkt. Die Untersuchung muss in einem solchen Fall beendet werden.

3. Haaruntersuchungen

 

Rz. 49

Im Rahmen einer ärztlichen Begutachtung mit Drogenfragestellung kann die Fahrerlaubnisbehörde auch nach dem vergangenen bzw. aktuellen Konsummuster des Klienten fragen. In einem solchen Fall ist immer die Durchführung einer Haaranalyse indiziert, da sich lediglich mithilfe von Haaren ein länger zurückliegender Zeitraum überprüfen lässt. Für Alkohol ist ein maximaler Substanznachweiszeitraum von 3 Monaten, für Drogen und Medikamente von 6 Monaten möglich. Dabei sind jedoch einige Besonderheiten bei der Haarentnahme zu beachten. Unter anderem müssen die Haare eine entsprechende Länge aufweisen. Zudem dürfen sie nicht gefärbt oder gebleicht sein. Auf die Anforderungen, Vor- und Nachteile einer Haaranalyse wird in § 20 Rdn 51 näher eingegangen.

 

Rz. 50

Auch für die Haaranalyse gilt, dass die Entnahme der Probe einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Klienten darstellt. Daher muss der Klient ausdrücklich und schriftlich sein Einverständnis zur Probennahme und -analyse geben.

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