Rz. 91

Eine immer noch missverstandene Rolle spielen die so genannten Leberwerte, also aus dem Blut gewonnene Parameter, die unter anderem bestimmte Rückschlüsse auf den Zustand der Leber erlauben bzw. darauf, ob der Klient in der letzten Zeit Alkohol zu sich genommen hat oder nicht. So kann es beim "Gamma-GT"-Wert, der in der Regel bei chronischem Alkoholmissbrauch erhöht ist, vorkommen, dass der gemessene Wert in einem Bereich ist, der im klinischen Alltag als unauffällig und gesund gilt, aber bei der Bewertung der Fahreignung als problematisch gelten kann. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Gamma-GT-Wert einen eher unzuverlässigen Marker über den aktuell (nicht) vorliegenden Konsum darstellt. Der Wert kann auch nach chronischem Alkoholmissbrauch im Normalbereich liegen, während er beispielsweise durch eine Krankheit, die mit Alkoholkonsum überhaupt nicht im Zusammenhang steht, erhöht sein und somit falsche Schlussfolgerungen nach sich ziehen kann. Lässt sich das Vorliegen einer derartigen Krankheit nachweisen, ist ein erhöhter Gamma-GT-Wert für die Eignungsbeurteilung nicht mehr von Bedeutung. Darüber hinaus ist es möglich, den Befund mithilfe einer zusätzlichen Haaranalyse zu entkräften oder zu unterstützen.

Die Problematik des Gamma-GT-Werts erkannte der Bayrische Verwaltungsgerichtshof München bereits 2008 und würdigte dies in einem Urteil.[15]

 

Rz. 92

Im Zusammenhang mit Medikamenten und illegalen Drogen ist insbesondere zu beachten, dass die Nachweisbarkeit von Markerstoffen im Blut oft auf wenige Stunden begrenzt ist. Daher eignet sich eine Blutuntersuchung eher zum Nachweis eines Substanzeinflusses direkt am Tattag bzw. zur Überprüfung der Nüchternheit am Untersuchungstag und dient dabei vordergründig der Aufdeckung einer aktuellen Beeinflussung.

 

Rz. 93

Eine Ausnahme hierbei stellen die Cannabiskonsumenten dar. Zwar ist der Hauptwirkstoff THC nur zwischen 6 und 12 Stunden im Blut nachweisbar, der nicht psychoaktive Abbaustoff THC-COOH ist jedoch in Abhängigkeit vom Konsum mehrere Tage, bei Dauerkonsum sogar bis zu 2 oder 3 Wochen nachweisbar (vgl. Beurteilungskriterien[16]).

[15] VGH München, Beschl. v. 30.9.2008 – Az. 11 CS 08.2211, insbesondere Abs. 36 (online verfügbar unter http://openjur.de/u/470728.html [Zugriff 01.10.2017]).
[16] Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP)/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) (Hrsg.), Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung: Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013.

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