Rz. 294

Zum Umfang des Versicherungsschutzes gehören auch die Kosten einer stationären Behandlung, sofern diese notwendig ist, weil der angestrebte Erfolg nicht durch ambulante Behandlung erreicht werden kann.[166] Es bedarf unter medizinischen Gesichtspunkten der konkreten Feststellung von Umständen aus denen hervorgeht, dass die ambulante Behandlung nicht ausreicht und ein stationärer Krankenhausaufenthalt geboten ist. Dass die stationäre Behandlung mit Rücksicht auf die persönliche Situation des Versicherungsnehmers nützlich wäre, reicht an sich nicht aus. Längere Erfolglosigkeit ambulanter Behandlungen kann jedoch die stationäre Behandlung als geboten erscheinen lassen.[167]

 

Rz. 295

Die Persönlichkeit des Versicherungsnehmers ist insoweit zu berücksichtigen, als etwa Alkoholmissbrauch oder Unzuverlässigkeit die Heilungschance einer nur ambulant durchgeführten Behandlung negativ beeinflussen kann. Weiter können seelische Erkrankungen eine stationäre Behandlung erforderlich machen, wenn psychische und physische Maßnahmen nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn die häusliche Umgebung ausgeschaltet wird.

 

Rz. 296

In der Rechtsprechung[168] wird die vorherrschende Auffassung vertreten, dass die medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung sich aus einem Vergleich mit der ambulanten Behandlungsform ergebe. Was durch eine ambulante Behandlungsform in gleicher Weise geheilt oder gelindert werden könne, erfordere keine stationäre Behandlung.

 

Rz. 297

Einige Grundsätze hat das OLG Köln[169] zur Abgrenzung von ambulanter und stationärer Behandlung wie folgt aufgestellt:

Eine stationäre Behandlung sei dann gegeben, wenn der Patient behandlungsbedingt zumindest für die Dauer eines vollen Tagesablaufes in den Krankenhausbetrieb eingegliedert wird, was aufgrund einer Gesamtabwägung der Umstände zu entscheiden sei. Indizien für eine stationäre Behandlung sind z.B. die geplante oder tatsächliche Aufenthaltsdauer von mindestens 24 Stunden, die Unterbringung, Pflege und Versorgung auf einer entsprechenden Fachstation, die Berechnung des Pflegesatzes durch das Krankenhaus, die Unterzeichnung eines Krankenhausaufnahmevertrages bzw. -antrages sowie der Einsatz spezifischer Mittel des Krankenhauses, über die eine für ambulante Behandlungen bzw. Operationen eingerichtete Praxis eines niedergelassenen Arztes typischerweise nicht verfügt. Bei räumlicher Trennung zweier Kliniken sei ein einheitlicher stationärer Krankenhausaufenthalt könne nur dann angenommen werden, wenn die räumliche Situation mit einem aus mehreren Gebäuden bestehenden, zusammenhängenden Klinikkomplex vergleichbar ist, in dem ein Patiententransport zwischen den Fakultät teilweise auch mit Krankenwagen erfolgen muss. Allein eine Aufenthaltsdauer über 24 Stunden nach Knieoperation mit postoperativer Aufwachbetreuung stellt auch dann keine stationäre Behandlung dar, wenn neben der Aufwachbetreuung Unterbringungsleistungen nicht erbracht wurden und kein Pflegesatz berechnet wurde.

 

Rz. 298

Bestreitet der Versicherer die Erstattungspflicht von Kosten einer stationären Heilbehandlung mit der Begründung, die Erkrankung habe ambulant behandelt werden können, so muss der Versicherungsnehmer darlegen und beweisen, dass die stationäre Behandlung medizinisch notwendig war. Abzustellen ist dabei nicht abstrakt auf das zugrunde liegende Leiden, sondern auf die konkret durchzuführende bzw. durchgeführte Behandlung in der Klinik. Die Notwendigkeit der stationären Behandlung kann im Rechtsstreit regelmäßig durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bewiesen werden, das die konkrete Erkrankung, die ärztliche Feststellung hierzu sowie den konkreten Behandlungsverlauf berücksichtigt.

 

Rz. 299

Steht fest, dass eine stationäre Behandlung erforderlich war und besteht Streit hinsichtlich der Dauer eines solchen Krankenhausaufenthaltes, trifft den Versicherer die Beweislast für eine eventuelle Kürzung.

 

Rz. 300

Der Aufenthalt im Krankenhaus führt – bei Vorliegen einer entsprechenden Versicherung – gem. § 1 Abs. 1 b MB/KK zur Zahlung von Krankenhaustagegeld.

[166] OLG Bamberg v. 14.3.1979 – 3 U 19/78, VersR 1979, 639; LG Berlin v. 25.8.1992 – 7 O 33/90, r+s 1994, 71.
[167] OLG Hamm v. 12.11.1986 – 20 U 109/86, r+s 1987, 54.
[168] OLG Bamberg v. 14.3.1979 – 3 U 19/78, VersR 1979, 639; OLG Hamm v. 21.7.1982 – 20 U 56/81, VersR 1983, 385; OLG Karlsruhe v. 1.2.1996 – 12 U 152/95, r+s 1997, 33; OLG Koblenz v. 20.4.2007 – 10 U 216/06, VersR 2008, 339; OLG Zweibrücken v. 16.8.2007 – 1 U 77/07, VersR 2007, 1505; OLG Köln v. 21.12.12 – 20 U 186/12, r+s 2012, 611; Bach/Moser/Kalis, § 1 MB/KK Rn 28.

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