Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintrittspflicht der privaten Krankenversicherung für die Kosten eines stationären Aufenthalts

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Pflicht zur Übernahme der Kosten der Fortsetzung eines stationären Aufenthalts besteht nicht, wenn eine ambulante Behandlung für den Versicherten mit größeren Umständen und höherem Aufwand verbunden ist als die Fortsetzung des stationären Aufenthalts.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 30.01.2006; Aktenzeichen 16 O 154/04)

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Versicherungsleistung aus einer bei der Beklagten bestehenden Krankheitskostenversicherung für eine stationäre Heilbehandlung nach einem Schlaganfall.

Dem Versicherungsvertrag nach dem Tarif SM 6, der unter anderem Versicherungsschutz für eine stationäre Heilbehandlung gewährt, liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten zugrunde (Blatt 66 - 75 d.A.), die unter anderem die Musterbedingungen 1994 (MB/KK 94) umfassen.

Die Klägerin erlitt am 4. April 2003 einen Schlaganfall und wurde nach stationärer Behandlung in einer Klinik am 16. April in das Neurologische Rehabilitationszentrum G... e.V. in B..., eine sogenannte gemischte Anstalt im Sinn des § 4 Abs. 5 MB/KK 94, verlegt, wo sie bis zum 26. September 2003 stationär behandelt wurde.

Auf entsprechende Anträge der Klägerin erteilte die Beklagte mehrere jeweils befristete Kostenzusagen, zuletzt bis zum 27. Juni 2003, und beschied die Kostenanträge für den darauf folgenden Zeitraum negativ.

Über ihre letzte befristete Zusage hinaus erbrachte die Beklagte tarifmäßige Versicherungsleistungen bis zum 30. Juni 2003 einschließlich.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Kosten für die stationäre Behandlung in Höhe von 34.500,08 Euro für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis zum 26. September 2003 geltend.

Sie hat behauptet, auch in diesem Zeitraum sei die erfolgte stationäre Behandlung medizinisch notwendig gewesen. Zumindest sei die Einstufung als medizinisch notwendig vertretbar gewesen. Da das speziell auf ihr Störungsbild ausgerichtete Behandlungskonzept laufend Fortschritte gezeigt habe, wäre es unverantwortlich und unzumutbar gewesen, sie bereits zum 28. Juni 2003 in die ambulante Weiterbehandlung zu entlassen. Wegen ihrer vorherigen Leistungszusagen könne die Beklagte sich nicht auf einen Leistungsausschluss wegen der Behandlung in einer gemischten Anstalt im Sinn des § 5 Abs. 1 lit. d) MB/KK 94 berufen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.500,08 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die stationäre Weiterbehandlung sei nicht medizinisch notwendig gewesen. Eine ambulante Behandlung sei durchaus möglich und zumutbar gewesen, denn in K... existiere (unbestritten) ein ambulantes neurologisches Rehabilitationszentrum, das über die erforderlichen Einrichtungen und einen eigenen Fahrdienst verfüge (Blatt 199 - 202 d.A.). Zudem sei der Aufenthalt im streitigen Zeitraum als Kur- und Sanatoriumsbehandlung bzw. Rehabilitationsmaßnahme im Sinn des § 5 Abs. 1 lit. d) MB/KK 94 anzusehen, weshalb auch aus diesem Grund keine Leistungspflicht bestehe.

Das Landgericht hat ein neurologisches Sachverständigengutachten eingeholt (PD Dr. V..., Bl. 119 ff., 208 ff., 216 ff. d.A.). Es hat sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach Beweisaufnahme feststehe, dass es unvertretbar gewesen sei, die stationäre Weiterbehandlung über den 27. Juni 2003 hinaus als medizinisch notwendig einzustufen. Die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen hätten ohne Minderung der medizinischen Nachhaltigkeit auch ambulant durchgeführt werden können. Dies sei nicht unzumutbar gewesen, da in erreichbarer Nähe zum Wohnsitz der Klägerin in Koblenz ein umfassendes Netz medizinischer Therapie- und Rehabilitationseinrichtungen und Institutionen vorgehalten werde. Die Vernehmung der als Zeugen benannten behandelnden Ärzte sei nicht erforderlich gewesen, da keine konkreten Anknüpfungstatsachen vorgetragen worden seien, die zu einem weiteren Erkenntnisgewinn hätten beitragen können. Die Aktenlage und die Krankenakten seien ausreichend gewesen, um dem Gutachter eine umfassende Kenntnis von der Sachlage zu verschaffen.

Gegen dieses ihr am 6. Februar 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Februar 2006 Berufung eingelegt und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Sie rügt die Unterlassung der Vernehmung der behandelnden Ärzte, die von der Notwendigkeit der stationären Weiterbehandlung ausgegangen seien. Diese sei geboten gewesen, zumal der Sachverständige Lücken in der Dokumentation gesehen und eine "Engmaschigkeit" vermisst habe (Blatt 128 d.A.). Auch die Aussagen der Ärzte seien in die Gesamtwürdigung als eine von mehreren Erkenntnisquellen einzubeziehen.

Der Sachverständige habe eine ex-post-Bewertung vorgenommen und die BAR-Empfehlungen nicht berücksichtigt, da die privaten Krankenve...

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