Rz. 957

Unter Anwendung des § 307 BGB ist nunmehr auch der für die Rückzahlungspflicht auslösende Ausgangssachverhalt zu berücksichtigen. Dabei ist es nicht ausreichend, die Rückzahlungspflicht an jedes vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers zu knüpfen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die eine Rückzahlungspflicht auslösen kann, muss aufgrund eines aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammenden Umstandes kommen, einem Umstand nämlich, den er beeinflussen kann. Nur wenn der Arbeitnehmer es in der Hand hat, der Rückzahlungspflicht durch eigene Betriebstreue zu entgehen, wird er nicht unangemessen benachteiligt (BAG v. 24.6.2004 – 6 AZR 383/03, NZA 2004, 1035, 1036).

 

Rz. 958

Eine arbeitnehmerseitige Kündigung, die durch ein Fehlverhalten des Arbeitgebers veranlasst ist, löst die Rückzahlungsverpflichtung nicht aus (LAG Bremen v. 25.2.1994, BB 1994, 1450; BAG v. 13.12.2011 – 3AZR 791/09). Die Klausel muss also danach unterscheiden, ob der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist. Sieht eine Rückzahlungsklausel eine Rückzahlungspflicht im Fall der Eigenkündigung des Arbeitnehmers ohne Ausnahme vor, also auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (mit)veranlasst wurde, so führt dies zu einer unangemessenen Belastung des Arbeitnehmers. Jedes Fehlverhalten des Arbeitgebers hierzu reicht nicht aus, eine Erheblichkeitsschwelle muss überschritten sein. Auf der anderen Seite ist der Vorwurf des vertragswidrigen Verhaltens durch den Arbeitgeber nicht zu fordern. Nur der veranlassende Umstand muss aus seiner Sphäre stammen.

 

Rz. 959

Bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung kommt es auf Folgendes an: Unzulässig sind solche Rückzahlungsklauseln, die auch den Fall der betriebsbedingten Kündigung erfassen (BAG v. 6.5.1998 – 5 AZR 535/97, NJW 1999, 443).

 

Rz. 960

Eine allgemeine Vertragsklausel, wonach der Arbeitgeber begrenzt für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu einer monatsweisen Rückzahlung von durch den Arbeitnehmer verauslagten Fortbildungskosten verpflichtet ist, verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB i.V.m. § 310 BGB, soweit diese Formulierung die Rückzahlungspflicht im Fall einer betriebsbedingten Kündigung entfallen lässt (Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 348). Auch bei einer personenbedingten Kündigung ist es sachgerecht, den Arbeitgeber das Risiko der Fortbildung des Arbeitnehmers tragen zu lassen, da der Umstand, der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, vom Arbeitnehmer nicht steuerbar ist (ArbG Ulm v. 8.5.2017 – 4 Ca 486/16). Bei Gründen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die in der Regel unverschuldet sind, wie etwa Krankheit, ist eine Rückzahlungsverpflichtung des AN als unangemessen zu erachten.

Liegt dagegen eine sachlich gerechtfertigte verhaltensbedingte Kündigung vor, spricht nichts gegen eine Beteiligung des Arbeitnehmers an den Kosten der Fortbildungsmaßnahmen (BAG v. 24.6.2004 – 6 AZR 383/03, NZA 2004, 1035; Däubler u.a., AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, § 307 BGB Rn 123; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 348). Auch bei einer außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber ist es gerechtfertigt, den Arbeitnehmer an den Kosten der Fortbildungsmaßnahme zu beteiligen. Findet das KSchG keine Anwendung, ist zu fragen, ob das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers Anlass der Vertragsbeendigung gewesen ist.

 

Rz. 961

Bei einer vorzeitigen Beendigung der Fortbildungsmaßnahme ist dem Arbeitnehmer eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, innerhalb derer er sich über seine Eignung Klarheit verschaffen kann und ohne Kostenrisiko entscheiden kann, ob er die Fortbildung fortsetzen oder aufgeben will (BAG v. 20.2.1975 – 5 AZR 240/74, BB 1975, 1206). Eine entsprechende Klausel ist aber vor dem Hintergrund des §§ 305c Abs. 2, 307 BGB nunmehr unwirksam. Ebenfalls nicht uneingeschränkt zulässig sind Rückzahlungsklauseln für den Fall des Nichtbestehens der Prüfung (Däubler u.a., AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, § 307 BGB Rn 125).

 

Rz. 962

 

Praxistipp

Eine Rückzahlungsvereinbarung muss grds. vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme vereinbart werden (BAG v. 9.12.1992, EzA § 611 BGB Aus- und Weiterbildungskosten Nr. 43; BAG v. 19.3.1980, DB 1980, 1703).

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