Rz. 25

Nachfolgende Gestaltungen bieten sich beim ersten Erbfall im Berliner Testament an, bei dem der längerlebende Ehegatte Alleinerbe wird und die Kinder noch minderjährig sind:[53]

Es verbleibt bei der Enterbung der Kinder, so dass diesen ihr jeweiliger Pflichtteilsanspruch nach §§ 2303 ff. BGB zusteht. Im Regelfall entzieht das Familiengericht nicht dem längerlebenden Ehegatten die Vermögenssorge für den Bereich Erbrechtliche Ansprüche und bestellt für diesen Teilbereich dann keinen Ergänzungspfleger (vgl. Rdn 13ff., 37ff.). Das ist noch vielmehr der Fall, wenn das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel enthält und die Kinder mit wechselbezüglicher Wirkung zu Schlusserben berufen sind.
Vorsorglich sollte aber stets eine Person des Ergänzungspflegers benannt werden (§ 1917 BGB), falls das Familiengericht doch eine Pflegschaft einrichtet.
Die Pflicht zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses beim Familiengericht kann ausgeschlossen werden (§ 1640 BGB). Es ist aber auch denkbar, dass von dieser Pflicht nicht befreit wird, damit das noch minderjährige Kind bei Volljährigkeit über das Gericht an dieses Verzeichnis gelangen kann, um dann selber seine Pflichtteilsansprüche durchzusetzen. Durch eine Auflage i.S.d. § 1940 BGB könnte zusätzlich der längerlebende Ehegatte verpflichtet werden, mit dem Verzeichnis nach § 1640 BGB auch dem Familiengericht ein Verzeichnis über den fiktiven Nachlass i.S.d. § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB einzureichen. Das Kind könnte nach Einritt seiner Volljährigkeit darauf zurückgreifen, um dann zu entscheiden, ob es seine Pflichtteilsansprüche geltend macht (§§ 2303, 2325, 2329 BGB).
Unabhängig davon sind Verwaltungsanordnungen nach § 1639 BGB denkbar, falls der Pflichtteilsanspruch eingezogen wird.
Falls dem vorverstorbenen Ehegatten bedeutsam sein sollte, dass der Pflichtteilsanspruch ordnungsgemäß eingezogen wird, bietet sich folgende Gestaltung an: Für diesen Teilbereich entzieht er dem längerlebenden Ehegatten nach §§ 1638, 1909 Abs. 1 S. 2 BGB das Sorgerecht und benennt nach § 1917 Abs. 1 BGB die Person des Ergänzungspflegers. Weiter ist festzulegen, ob der Ergänzungspfleger nach Erfüllung des Pflichtteilszahlungsanspruchs das Geldvermögen weiter verwalten soll oder ob die Pflegschaft mit der Folge endet, dass diesbezüglich das Sorgerecht des längerlebenden Ehegatten wieder auflebt. Das bietet sich i.d.R. an, da danach keine Interessenkollision mehr bestehen wird.
Der längerlebende Ehegatte kann wiederum von der Pflicht zur Verzeichnisvorlage nach § 1640 BGB befreit werden.
Verwaltet nach Pflichtteilserfüllung der längerlebende Ehegatte das Vermögen des Kindes, können diesem Verwaltungsanordnungen nach § 1639 BGB auferlegt werden. Übernimmt diese Aufgabe ein Pfleger, ergibt sich die Möglichkeit zu Verwaltungsanordnungen aus §§ 1915, 1803 BGB.
Den Kindern wird ein Vermächtnis oberhalb des Wertes ihrer Pflichtteilsquote ausgesetzt, etwa eine Immobilie oder ein Quotenvermächtnis. Hinsichtlich des Teilbereiches Geltendmachung und Einziehung des Vermächtnisses wird eine spezielle Vermächtnisvollstreckung angeordnet (§ 2223 BGB).[54] Die Vermächtnisvollstreckung i.S.d. § 2223 BGB bedeutet lediglich die Verwaltung des Vermächtnisgegenstandes, nicht bereits die Geltendmachung und die Einziehung. Daher muss insoweit das Aufgabengebiet innerhalb der Testamentsvollstreckungsanordnung erweitert werden.
Soll der längerlebende Elternteil zum Testamentsvollstrecker bestimmt werden, sollte wegen der drohenden Interessenkollision ein Mittestamentsvollstrecker nur für diejenigen Aufgabenkreise eingesetzt werden (§§ 2208, 2224 BGB), die dem Testamentsvollstrecker aufgrund einer Interessenkollision von der Verwaltung rechtlich entzogen sind bzw. bei denen er bei der Ausübung gehindert ist.[55] Der Testamentsvollstrecker kann auch ermächtigt werden, für diesen Teilbereich einen Mitvollstrecker zu ernennen (§ 2199 BGB).[56] Es ist aber nicht sicher, dass bei mehreren Testamentsvollstreckern der Interessenkonflikt eines einzelnen nicht auch die anderen "infiziert". Das OLG Nürnberg[57] hielt in einem solchen Fall eine Ergänzungspflegschaft für erforderlich. Grundsätzlich sollte stets vorsorglich die Person eines Pflegers benannt werden, falls das Familiengericht eine Pflegschaft anordnet.[58]
Zweckmäßiger dürfte es aber sein, zumindest für die Geltendmachung und die Einziehung der Vermächtnisforderung einen Dritten als Testamentsvollstrecker zu berufen. Danach kann es bei der regulären Vermögenssorge bei dem Elternteil verbleiben, zumal nun keine Interessenkollision mehr besteht. Soll der Vermächtnisbetrag aber dem Zugriff etwa bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres entzogen sein, kann als sich anschließender Testamentsvollstrecker der längerlebende Elternteil berufen werden.
Zudem kann von der Pflicht zur Einreichung eines Verzeichnisses beim Familiengericht befreit werden (§ 1640 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
 

Rz. 26

Muster 16.2: Quotenvermächtnis mit gestaffelter Testamentsvollstreckung

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