I. Nach der Reform

 

Rz. 44

Vor allem Burgard hat ausgesprochen pointiert und damit sehr klar wesentliche Folgen aus der Reform des Stiftungszivilrechts zusammengefasst.[12] Für grundsätzlich wichtig halten wir dabei insbesondere die folgenden vier Punkte, die auch er anspricht:

Wie aus den vorstehenden Erläuterungen und Anmerkungen unschwer abzuleiten ist, wird es vermehrt zu Diskussionen mit den Stiftungsbehörden zur Zulässigkeit von Satzungsbestimmungen kommen. Es ist dazu mit diesem, so Burgard, "Gesetz von Beamten für Beamte" leider zu befürchten, dass der Grundsatz, es ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, vermehrt der hemmende, furchtsame und defensive Denkansatz sein wird.[13] Die Beraterschaft wird sich also im Einzelfall mit guten Argumenten zu wappnen haben, um im Einzelfall bestimmte Punkte durchsetzen zu können, und das auch, um einer bisher leider schon zu beobachtenden eher formalen Betrachtungsweise begegnen zu können.
Eine Verbrauchstiftung wird wohl schwerer zu errichten sein.[14] Das wird aus unserer Sicht nicht für die Teilverbrauchsstiftung gelten. Eine Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung wird in Zukunft wohl leichter möglich sein.[15]
Nebenordnungen und Geschäftsordnungen werden besonders sorgfältig zu behandeln sein.[16]
Zu befürchten ist, dass sich entgegen der Absicht des Gesetzgebers Haftungsfragen für Organmitglieder häufig schärfer stellen als bisher.[17] Dem sollte mit klaren und praxisnahen Satzungsbestimmungen vorsorgend entgegengewirkt werden.
Wie es genau und konkret in der Praxis sein wird und, ob es so heiß gegessen wird, wie vor allem Burgard meint, werden wir sehen. Es kommt jedenfalls eine Menge Arbeit auf die Beraterzunft zu.
[12] Burgard, GmbHR 2021, R244, siehe dort auch zu den nachfolgenden Zitaten.
[13] Siehe bereits § 1 Rdn 3 ff.
[14] Siehe bereits § 2 Rdn 15 ff.
[15] Siehe bereits § 9 Rdn 16.
[16] Siehe bereits § 8 Rdn 15.
[17] Siehe bereits § 8 Rdn 18 ff.

II. Grundsätzliches

 

Rz. 45

Ausgangspunkt einer jeden Beratung, eines jeden Lösungsvorschlages ist der konkrete Sachverhalt. Er erfordert in einem ersten Schritt unsere ganz besondere Aufmerksamkeit. Wir als Berater müssen ihn wirklich durchblicken und verstehen, um überhaupt konkret beraten zu können. Kennen wir den Sachverhalt nicht hinreichend, können wir letztlich gar nicht beraten, sondern allenfalls eine nicht passende Lösung "verkaufen". Diese Binsenweisheit finden sich auch in einem bekannten Satz aus der EDV-Welt: "Garbage in, garbage out!"

Damit heißt der erste Schritt, gründlich den Sachverhalt zu recherchieren, Wünsche und Gedanken der Stifter sowie der Stifterfamilie im Dialog zu erfragen. Das alles ist dann, ebenfalls im Dialog, kritisch zu hinterfragen und fachlich zu überprüfen.

 

Rz. 46

In den Dialog treten müssen die Beteiligten selbst, auch wenn diese das bisher nicht gewöhnt sein mögen und auf rasche Ergebnisse drängeln. "Schnell statt gründlich" heißt hier ganz oft automatisch falsch. Zugleich bedeutet das, dass hier Beratermoden und Standardmodelle eben nicht wirklich weiterhelfen. ("Die Familienstiftung ist die Lösung!" "Eine Doppelstiftung ist zu empfehlen!" "Am besten ist eine Treuhandstiftung!" "Zu Lebzeiten geben Sie gar nichts in die Stiftung!") Daraus ergeben sich allenfalls Einstiegsgedanken für die fundierte Beratung. Eine Stiftung ist eine typische "einmal im Leben"-Situation, deren Bedeutung für den Stifter und seine Familie kaum überschätzt werden kann. Dieser Gedanke ist ersichtlich noch ausschlaggebender, wenn die Stiftung als Teil einer Unternehmensnachfolgegestaltung gewünscht ist. Da sollte es keine Zweifel geben. Die Beratung dient der konkreten Aufgabe und nicht dem Vertrieb eines noch so schönen Modells.

 

Rz. 47

In einem zweiten Schritt sind dann konkrete und spezifische Lösungsvorschläge gefragt. Dazu sind neben dem entsprechenden Fachwissen und entsprechender Erfahrung entgegen manchem Vorurteil in der Praxis ("Sie haben da doch sicher Formulare." "Machen wir es doch wie bei B.") auch Kreativität und Fantasie erforderlich, denn die "Lösung liegt im Fall". Das erfordert oft ganz neue Überlegungen und Innovationen. Dafür sind tragfähige Begründungen zu suchen und festzuhalten, und das nicht nur zur Argumentation gegenüber dem Finanzamt in späteren Jahren. Auch und gerade für die eigene Überzeugung und die Überzeugung der Stifter- und Unternehmerfamilie sind tragfähige Begründungen unerlässlich. Die Beteiligten müssen nachhaltig überzeugt werden und sein. Das erfordert von dem eingeschalteten Berater auch ein (rechtsmethodisch) gründliches Arbeiten. Eine bejahende Nachfrage beim Finanzamt zu einer Steuerfrage ist durchaus hilfreich, reicht aber eben zur Argumentation vor dem BFH Jahre später nicht aus. Ein bloßes Überreden zu einer bestimmten Gestaltung wäre hier absolut fehl am Platze.

Natürlich wissen auch wir, dass mitunter auch schnell entschieden werden muss, ab und an sogar ganz schnell oder sofort. Die Kunst ist allerdings zu merken, wann das wirklich notwendig ist.

Die Zukunft für die Ber...

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