Rz. 187

BGH, Urt. v. 5.12.2017 – VI ZR 24/17, VersR 2018, 237

Zitat

BGB § 249 Abs. 2 S. 1

1. Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Senatsurt. v. 18.7.2017 – VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282 Rn 7). Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe (Senatsurt. v. 11.7.2017 – VI ZR 90/17, VersR 2017, 1155 Rn 19 und v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04 VersR 2005, 558, 559 f.).

2. Auf den für den Ersatzanspruch maßgeblichen Gegenstandswert hat es keinen werterhöhenden Einfluss, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts noch davon ausgegangen ist, seine Hauptforderung sei zu einem höheren als dem später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet.

a) Der Fall

 

Rz. 188

Der Kläger nahm die Beklagte auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte allein haftete, in Anspruch.

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Eigentümer eines damals acht Jahre alten Pkw, eines VW Touran, der durch ein bei der Beklagten versichertes Kraftfahrzeug beschädigt wurde. Nachdem der Kläger ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe eingeholt hatte, beauftragte er seinen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung des darin ermittelten Schadens von 4.557,85 EUR, in dem Reparaturkosten von 3.882,04 EUR netto unter Zugrundelegung von Stundenverrechnungssätzen der VW-Niederlassung in F. enthalten waren. Daraufhin verwies die Beklagte den Kläger unter Vorlage eines Prüfberichts auf die Möglichkeit, die Reparatur bei einer anderen Fachwerkstatt mit niedrigeren Stundenverrechnungssätzen zu Kosten in Höhe von 2.979,78 EUR durchführen zu lassen, und leistete auf dieser Grundlage Schadensersatz in Höhe von 3.650,59 EUR. Ausgehend von diesem Gegenstandswert erstattete sie zudem 413,64 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Demgegenüber hatte der Kläger, ausgehend von einem Gegenstandswert von 4.557,85 EUR, Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR verlangt. Mit der Klage macht er die Differenz von 78,90 EUR nebst Zinsen geltend.

 

Rz. 189

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass es die Klage abgewiesen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragte der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

b) Die rechtliche Beurteilung

 

Rz. 190

Die Revision war unbegründet. Zu Recht hatte das Berufungsgericht den Gegenstandswert, der der Bemessung der Höhe der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten zugrunde zu legen ist, unter Berücksichtigung des von dem Kläger hinsichtlich der Hauptforderung hingenommenen Verweises der Beklagten auf eine günstigere Fachwerkstatt bestimmt.

 

Rz. 191

Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.

 

Rz. 192

Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, so ist der Umfang des Ersatzverlangens nur für die Abrechnung zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (Innenverhältnis). Kostenerstattung aufgrund des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger dagegen grundsätzlich nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber auch objektiv berechtigt ist. Die von einem – einsichtigen – Geschädigten für vertretbar gehaltenen Schadensbeträge sind demgegenüber nicht maßgeblich. Denn Kosten, die dadurch entstehen, dass dieser einen Anwalt zur Durchsetzung eines unbegründeten Anspruchs beauftragt, können dem Schädiger nicht mehr als Folge seines Verhaltens zugerechnet werden. Damit ist dem Anspruch des Geschädigten auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.

 

Rz. 193

Da es sich bei dem Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten um eine Nebenforderung handelt, deren Höhe sich erst bestimmen lässt, wenn die Hauptforderung konkretisiert ist (Senatsurt. v. 7.2.2012 – VI ZR 249/11, Schaden-Praxis 2012, 180, 181), ist ihm grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der letztlich festgestellten oder unstreitig gewordenen Schadenshöhe entspricht (Senatsurt. vom 11.7.2017 – VI ZR 90/17, VersR 2017, 1155 Rn 19; v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, ...

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