Rz. 70

Bei vielen größeren Bauvorhaben gibt es nicht mehr das klassische Nebeneinander einer Fülle von Ingenieuren. Vielmehr versucht der Bauherr, diese Leistungen mit Hilfe eines Generalplaners zu bündeln. Dieser – häufig ist es der Objektplaner – schließt mit den Fachplanern Subplanerverträge, also "Nachunternehmerverträge". Die Konzentration aller Planungsverträge, manchmal sogar gepaart mit Leistungen der Projektsteuerung, in einer Hand hat für den Bauherrn Vorteile. Er hat einen Ansprechpartner, der – anders als der klassische Architekt – die Fachplaner nicht nur koordiniert. Er übernimmt im Verhältnis zum Bauherrn deren Verpflichtungen. Schwierige Abgrenzungsfragen, ob eine bestimmte Leistung noch vom Architekten oder schon vom Fachplaner zu erbringen ist, entfallen. In der Planung gibt es für den Bauherrn keine Schnittstellen mehr. Es ist für den Bauherrn auch durchaus sinnvoll, statt eines Generalübernehmervertrages einen Generalplanervertrag und einen Generalunternehmervertrag abzuschließen. Dadurch hat er nämlich den Vorteil, den Ausführenden durch unabhängige Architekten und Ingenieure zu überwachen.

Ein Generalplanervertrag enthält keine besonderen Schwierigkeiten. Vertragsinhalt ist die Gesamtheit der Planungsleistungen, die in den verschiedenen Leistungsbildern zu beschreiben ist. Häufig wird ein Pauschalhonorar vereinbart, möglich ist auch die Abrechnung nach HOAI, häufig unter Ansetzung eines Generalplanerzuschlags.

Auf Planerseite sind die Vorteile nicht unbedingt ersichtlich. Zwar war der Generalplanervertrag berufspolitisch durchaus erwünscht. Auf diese Weise konnte die Kompetenz der unabhängigen Ingenieure ins rechte Licht gegenüber den immer mehr Planungsleistungen an sich ziehenden Generalunternehmern gerückt werden. Dieser berufspolitische Gewinn wurde jedoch mit Nachteilen erkauft. Diese Nachteile zeigen sich bei der Umsetzung des Generalplanervertrages in die einzelnen Nachunternehmervertragsverhältnisse. In der Praxis sind verschiedene Vertragsverhältnisse bekannt. Sie reichen von kurzen Vereinbarungen, die nur den Vertragstyp (z.B. Ingenieurvertrag über Tragwerksplanung) nebst Honorar enthalten und im Übrigen umfassend die Regelung des Generalplanervertrages durchstellen, bis zu ausgefeilten Vertragswerken. Die Rechtsprechung hatte bisher kaum Gelegenheit, sich intensiver mit derartigen Regelungen zu befassen. Im Folgenden sollen einzelne Probleme aufgezeigt werden.

1. Schnittstellen

 

Rz. 71

Der Generalplaner hat einen umfassenden Planungsauftrag. Wenn er ihn in Subunternehmerverhältnisse aufteilt, muss er darauf achten, dass die Schnittstellen sorgfältig definiert werden. Jede Unklarheit geht zu seinen Lasten.

2. Liquiditätsrisiko

 

Rz. 72

Der Generalplaner erhält vom Bauherrn Honorar entweder nach einem Zahlungsplan oder nach Planungsfortschritt (§ 15 Abs. 2 HOAI). Dabei kann ein zahlungsunwilliger Bauherr oder ein Zurückbehaltungsrecht wegen Planungsmängeln in einem "Gewerk" ein Ärgernis für das Miteinander der Planer darstellen. Der Fachingenieur, der eine ordnungsgemäße Arbeit abgeliefert hat, hat ohne Rücksicht darauf, ob der Bauherr bereits geleistet hat, einen Anspruch auf Honorar. Man kann in diesen Fällen daran denken, die Zahlungspflicht des Generalplaners bis zum Eingang seines Honorars zu stunden. Als AGB wird diese Klausel sehr kritisch gesehen.[121] Man kann auch erwägen, inwieweit Abschlagszahlungen gänzlich ausgeschlossen oder nur mit einem sehr hohen Einbehalt beglichen werden. Nach § 15 Abs. 2 HOAI kann der Architekt zwar in angemessenen Abständen Abschlagszahlungen für nachgewiesene Leistungen fordern. Nach § 15 Abs. 4 HOAI können jedoch andere Zahlungsweisen schriftlich vereinbart werden. Im Wege der Individualvereinbarung ist alles vorstellbar. Fraglich ist, ob dies auch mittels AGB möglich ist. Man wird zwar § 15 Abs. 4 HOAI als Aufweichung des gesetzlichen Leitbildes ansehen können.[122] Gleichwohl ist der gänzliche Ausschluss von Abschlagszahlungen gegen die normative Wertentscheidung kritisch zu sehen.

[121] OLG München NZBau 2011, 365; OLG Celle BauR 2009, 1754; LG Saarbrücken NJW-RR 2012, 226; Wenner, BauR 1998, 1150, 1152; Werner/Pastor, Rn 1413.
[122] BGH BauR 1996, 707, 709.

3. Versicherungsrisiko

 

Rz. 73

Der Generalplaner geht ein hohes Haftungsrisiko ein. Natürlich unterhalten auch die als Subplaner eingeschalteten Fachingenieure Haftpflichtversicherungen. Jedoch kann der Generalplaner nicht wissen, ob das Verhältnis zum Versicherer jeweils in Ordnung ist, insbesondere die Versicherungsprämien bezahlt sind. Daher bietet es sich an, wenn der Generalplaner das gesamte Risiko versichert und die Kosten anteilig an seine Nachunternehmer durchstellt. Die Versicherungswirtschaft hält Generalplanerpolicen bereit. Es bestehen auch keine Bedenken gegen eine Vertragsklausel, die die wirklichen Kosten der Versicherung anteilig auf die Subplaner umlegt.

4. Insolvenzrisiko

 

Rz. 74

In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten machen Insolvenzen auch vor Planungsbüros nicht halt. Die Insolvenz hat häufig Vorzeichen. Mitarbeiter wechseln mit hoher Frequenz. D...

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