Rz. 48

Liegt ein Schiedsgutachten vor, bindet es beide Parteien im Rahmen des § 319 BGB. Die Leistungsbestimmung des Schiedsgutachters ist nur dann unwirksam und unverbindlich, wenn das Gutachten offenkundig fehlerhaft ist. Hierunter werden zwei Fallgruppen erfasst:

(1) Einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter müssen sich die Fehler, wenn auch erst nach eingehender Prüfung, aufdrängen.[81] Dabei kommt es auf das Gesamtergebnis an. So sollen Fehler, die sich gegenseitig kompensieren, unbeachtlich sein.[82] Weiter von Bedeutung ist der Sachverhalt, den die Parteien dem Sachverständigen unterbreitet haben. Legen sie ihm nicht die erforderlichen Unterlagen vor oder unterrichten sie ihn nur lückenhaft, können sie sich im Nachhinein nicht auf eine offensichtliche Unrichtigkeit unter Berücksichtigung des vollständigen Sachverhalts berufen.[83] Andernfalls werde nämlich der mit dem Gutachten verfolgte Zweck, ein möglicherweise langes und kostspieliges Gerichtsverfahren zu vermeiden, in Frage gestellt.

Kleinere Fehler haben die Parteien grundsätzlich hinzunehmen.[84]

(2) Daneben ist ein Gutachten offenkundig unrichtig, wenn die Begründung so lückenhaft ist, dass ein Sachverständiger das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann.[85] In diesem Fall kann es nicht darauf ankommen, ob das Gesamtergebnis des Schiedsgutachters in der Nähe des Ergebnisses des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen liegt. Ist das Gutachten nicht nachvollziehbar, ist es unwirksam.[86]

(3) Diejenige Partei, die sich auf die Unrichtigkeit beruft, muss sie beweisen. Kann unter Umständen die zweite Fallgruppe (Begründungsmangel) das Gericht alleine feststellen, so ist jedenfalls in der ersten Fallgruppe regelmäßig ein Sachverständigengutachten einzuholen.[87]

(4) Hiervon zu unterscheiden sind die "überschießenden" Schiedsgutachten. Wurde der Sachverständige bspw. befragt, ob die Fugenbreite der Fliesen den Regeln der Technik entspricht, und verneint er diese Frage, führt aber gleichzeitig aus, eine Nachbesserung sei unzumutbar, so ist jedenfalls die Unzumutbarkeit der Nachbesserung nicht bindend.[88]

[81] BGH NJW 1965, 1523; BGH BauR 1981, 582 ff.
[82] BGH NJW-RR 1987, 21, 22.
[83] Vgl. BGH NJW 1979, 1885, 1886; BGH NJW 1983, 2244, 2245; OLG Düsseldorf BauR 2000, 1771, 1772; OLG Düsseldorf IBR 2008, 550; etwas einschränkend OLG Frankfurt BauR 2006, 1325, 1326.
[85] BGH NJW-RR 1988, 506; BGH NJW 2001, 3775, 3777.
[86] BGH NJW-RR 1998, 556, 557; OLG Frankfurt BauR 2006, 1325, 1326.
[87] Vgl. BGH NJW 1979, 1885; OLG Köln BauR 2005, 1199.
[88] Vgl. für einen ähnlichen Fall OLG Düsseldorf BauR 2010, 1248: Seine Aufgabe war allein auf die Klärung einer technischen Frage begrenzt.

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