Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schiedsgutachten ist für die Parteien verbindlich und nicht offenbar unrichtig, wenn es lediglich unbedeutende Fehler ausweist, die das Gesamtergebnis nicht verfälschen. Der Schiedsgutachter darf hierbei den Sachverhalt nicht lückenhaft ermittelt und auch kein lückenhaftes Gutachten erstattet haben.

2. Ob ein Schiedsgutachten offenbar unrichtig ist, ist nach dem Sachverhalt zu beurteilen, der für den Gutachter nach einer sach- und fachgerecht durchgeführten Überprüfung bei der Erstellung des Gutachtens erkennbar war.

 

Normenkette

BGB §§ 317-319

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 44 O 129/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.3.2002 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Essen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 105.527,19 Euro (206.393,36 DM) nebst 9,5 % Zinsen aus 72.245,54 Euro seit dem 2.5.1996 und 9,5 % Zinsen aus weiteren 33.281,65 Euro seit dem 6.7.1997 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der gerichtlichen Auslagen, die für die in zweiter Instanz geladenen Zeugen M., K. und S. entstanden sind. Diese Auslagen haben beide Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Die außergerichtlichen Auslagen der Streithelferin der Beklagten werden nicht erstattet.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Sachverhaltsdarstellung

Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Der Sachverhalt stellt sich nunmehr wie folgt dar:

Der Kläger begehrt Restwerklohn für Heizungs- und Sanitärarbeiten, die er bei dem in den Jahren 1995 bis 1997 vom der Beklagten erstellten Bauvorhaben F. in Essen, einem Mehrfamilienhaus mit 14 Wohnungen, ausführte.

Seine Angebote für die Sanitärarbeitern (Bl. 192–208 d.A.) und für Heizungsinstallationsarbeiten (Bl. 209–220 d.A.) gab der Kläger am 31.1.1995 ab. Über die Vergabe verhandelten die Parteien am 21.8.1995 (Protokolle Bl. 17–21 d A. und Bl. 221–225 d.A.). Mit Schreiben vom 23.8.1995 (Bl. 15/16 d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger den Auftrag für die angebotenen Arbeiten.

Im Zuge des Baufortschritts verlangte die Beklagte vom Kläger die Ausführung verschiedener Arbeiten, die der Kläger mit seinen Rechnungen Nrn. 60486, 60676, 60465, 60848, 70080, 70677, 70761, 70846 und 71030 (Bl. 168–179, 226 d.A.) abrechnete. Zu einem Teil der Rechnungen ist streitig, ob sie die Durchführung von Nachbesserungsarbeiten betreffen. Die Rechnung des Klägers Nr. 60849 (Bl. 177 d.A.) verhält sich über Arbeiten an einem anderen Bauvorhaben.

Am 6.3.1996 stellte der Kläger seine erste Schlussrechnung über 600.924,56 DM, der er eine Massenberechnung beifügte (Bl. 231–281 d.A.). Gleichzeitig begehrte er zu den von der Beklagten bereits gezahlten Abschlägen i.H.v. 443.900 DM eine weitere Akontozahlung i.H.v. 157.000,00 DM. Diese mahnte er mit Schreiben vom 24.4.1996 (Bl. 181 d.A.) an. Die Beklagte, die die Berechtigung der abgerechneten Forderung bestritt, leistete keine weiteren Zahlungen.

Für die Heizungsarbeiten erstellte der Kläger sodann am 12.2.1997 eine neue Schlussrechnung (Bl. 30 d.A.) mit einem pauschalen Werklohn von 248.636,45 DM. Für die Sanitärarbeiten stellte er am 18.2.1997 eine neue Schlussrechnung über 417.982,34 DM (Bl. 31–58 d.A.) aus.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.6.1997 (Bl. 59–69 d.A.) forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung restlichen Werklohns auf.

Die Parteien stritten in der Folgezeit über die Berechtigung der in den Schlussrechnungen vom 12.2.1997 und 18.2.1997 bezeichneten Beträge.

Zur Beilegung des Streites schlossen sie am 23.12.1997/31.12.1997 eine Schiedsgutachtervereinbarung (Bl. 89–95 d.A.). In dieser vereinbarten sie die Ermittlung streitiger Massen und Stundenlohnarbeiten für die Sanitär- und die Heizungsarbeiten sowie die Beurteilung der von der Beklagten erhobenen Mängelrügen. In Bezug auf den von dem Kläger für die Heizungsarbeiten in Ansatz gebrachten Pauschalpreis legten sie eine Neuabrechnung auf Einheitspreisbasis bei einer insgesamt 20 %-igen Massenabweichung fest.

Der als Schiedsgutachter bestellte sachverständige Zeuge Dipl.-Ing. P. legte am 9.2.1999 sein Schiedsgutachten vor (Bl. 106– 162 d.A.).

Gegen das Schiedsgutachten erhob die Beklagte Einwände. Sie hielt das Gutachten für offenbar unrichtig und damit unverbindlich. Die von ihr verweigerte Vergütung klagte der Schiedsgutachter im Verfahren 1 O 198/00 LG Essen ein und erstritt ein erstinstanzlich obsiegendes Urteil. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung verhandelte der Senat am 26.6.2001 (21 U 12/00), wobei der Sachverständige Dipl.-...

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