Rz. 20

Schließen in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebende Personen einen Erbvertrag,[59] so entspricht die Aufnahme eines freien, nicht an einen Grund gebundenen Rücktrittsrechts regelmäßig dem Willen der Beteiligten.[60] Von einem an die Trennung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gebundenen Rücktrittsrecht ist abzuraten, weil damit im Rücktrittsfall Streit über das Vorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen vorprogrammiert ist.

 

Rz. 21

Auch wenn ein freies Rücktrittsrecht vereinbart wird, sollte stets flankierend eine auflösende Bedingung des Inhalts in die Urkunde aufgenommen werden, dass alle zugunsten des Partners oder zugunsten allein dem Partner nahestehender – möglichst namentlich aufzuführender – Personen getroffenen Verfügungen ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Lebensgemeinschaft beim Tode des Erstversterbenden wegen räumlicher Trennung nicht mehr besteht (zur Formulierung siehe oben Rdn 19). Das (freie) Rücktrittsrecht allein wird dem Willen der Beteiligten regelmäßig nicht gerecht. Dieser geht praktisch ausnahmslos dahin, dass die Trennung automatisch die letztwillige Zuwendung entfallen lassen soll. Überdies nehmen die Beteiligten auch im Fall der bloßen Vereinbarung eines Rücktrittsrechts (ohne auflösende Bedingung) nicht selten irrtümlich an, dass die Zuwendung sich mit Trennung erledigt habe. Zudem ist denkbar, dass ein Lebensgefährte nach Errichtung des Erbvertrages geschäftsunfähig wird. Ein Rücktritt des Geschäftsunfähigen ist damit ausgeschlossen (§ 2296 Abs. 1 S. 1 BGB).[61] Ein Rücktritt des anderen Partners ist nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter des Geschäftsunfähigen möglich (§ 131 BGB).

 

Rz. 22

Die Trennung, sei es durch den Geschäftsunfähigen oder durch den anderen Partner, ist keine Willenserklärung und keine geschäftsähnliche Handlung. Sie ist auch nicht empfangsbedürftig. Daher kann sie als natürliche Willensäußerung auch von und gegenüber einem bloß natürlich Einsichtsfähigen vorgenommen werden.

Muster 10.2: Formulierungsbeispiel eines Erbvertrages von Lebensgefährten mit einseitigen Kindern

 

Muster 10.2: Formulierungsbeispiel eines Erbvertrages von Lebensgefährten mit einseitigen Kindern

UVZ-Nr. _________________________/20_________________________

Erbvertrag

Verhandelt zu _________________________ am _________________________

Vor mir, Notar _________________________ erschienen

Frau _________________________,

deren Lebensgefährte, Herr _________________________,

dem Notar ausgewiesen durch die Vorlage ihrer Bundespersonalausweise.

Die Erschienenen erklärten:

Wir wollen einen Erbvertrag schließen und sind durch frühere Verfügungen von Todes wegen hieran nicht gehindert.

Wir sind beide ausschließlich deutsche Staatsangehörige mit alleinigem Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Wir sind weder durch einen Erbvertrag noch durch ein gemeinschaftliches Testament gebunden und können daher frei verfügen. Vermögen im Ausland, insbesondere ausländischen Grundbesitz, haben wir nicht. Zu unserem Vermögen gehört kein Hof im Sinne der Höfeordnung und keine Gesellschaftsbeteiligung. Eine Rechtswahl wünschen wir auch nach eingehender Belehrung über die Vorschriften der EUErbVO und die Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere aus Kostengründen nicht.

Zur Registrierung der Urkunde machen wir folgende Ergänzungsangaben:

a)

Frau _________________________ ist geboren in _________________________ als Tochter der Eheleute

_________________________

Standesamt _________________________ Reg.Nr. _________________________

und

b)

Herr _________________________ ist geboren in _________________________ als Sohn der Eheleute

_________________________

Standesamt _________________________ Reg.Nr. _________________________.

Wir verlangen keine Zuziehung von Zeugen oder eines zweiten Notars. Der Erbvertrag soll unverschlossen in der amtlichen Verwahrung des Notars bleiben.

Der Notar überzeugte sich von der erforderlichen Geschäfts- und Testierfähigkeit der Erblasser.

Die Erschienenen erklärten dem Notar mündlich wie folgt:

Wir schließen den nachstehenden

Erbvertrag

§ 1 Widerruf

Alle Verfügungen von Todes wegen, die wir gemeinsam oder einzeln bisher errichtet haben, widerrufen wir hiermit.

§ 2 Erbfolge nach dem Erstversterbenden

I. Gegenseitige Erbeinsetzung nach dem Erstversterbenden

Wir setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Längstlebenden, zum alleinigen und unbeschränkten Erben ein.

II. Herausgabevermächtnisse nach Frau _____ als Erstversterbender

Frau _________________________ belastet ihren Erben mit folgendem betagtem Herausgabevermächtnis:

1. Der Erbe hat alles, was aus dem Nachlass der Erblasserin beim Tod des Erben noch vorhanden ist, an die Tochter der Erblasserin Frau _________________________, Frau _________________________ (Vermächtnisnehmer) herauszugeben. Der Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Nutzungsherausgabe gemäß § 2184 BGB ist ausgeschlossen. Der Vermächtnisnehmer ist lediglich auf den Überrest eingesetzt. Der Verwendungsersatzanspruch des Erben gemäß §§ 2185, 994 ff. BGB ist auf die noch vor...

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