Rz. 24

Die §§ 86 bis 86h BGB n.F., die zum 1.7.2023 in Kraft treten, sowie § 86i BGB n.F., der zum 1.1.2026 in Kraft tritt und Bestimmungen zur Eintragung ins Stiftungsregister enthält, regeln die Zulegung einer Stiftung zu einer bereits bestehenden Stiftung (§ 86 BGB n.F.) sowie die Zusammenlegung von zwei bestehenden Stiftungen zu einer durch die Zusammenlegung entstehenden neuen Stiftung (§ 86a BGB n.F.). Sie können dann zur Anwendung kommen, wenn "sich die Verhältnisse nach Errichtung der übertragenden Stiftung(en) wesentlich verändert haben und eine Satzungsänderung nach § 85 Absatz 2 bis 4 nicht ausreicht, um die übertragende Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen, oder wenn schon seit Errichtung der Stiftung die Voraussetzungen für eine Auflösung nach § 87 Absatz 1 Satz 1 vorlagen" (vgl. § 86 Nr. 1 und § 86a Nr. 1 BGB n.F.).[1]

 

Rz. 25

Bemerkenswert ist, dass die zitierten Regelungen des § 86 Nr. 1 und des § 86a Nr. 1 BGB n.F. zwar auf die Regelungen zur Satzungsänderung in § 85 BGB n.F. verweisen, dort aber nur auf die Absätze 2 bis 4 und nicht auf Absatz 1. In Absatz 1 des § 85 BGB werden erhebliche Einschränkungen des bisherigen Stiftungszwecks oder eine vollständige Änderung des bisherigen Stiftungszwecks ermöglicht, wenn der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann oder der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet (vgl. dazu § 9 Rdn 13 ff.). Die Zulegung und die Zusammenlegung nach den §§ 86, 86a BGB n.F. sind dagegen bereits dann möglich, wenn diese strengen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Sie stellen somit ersichtlich weniger eingreifende Alternativen zu den tiefgreifenden Maßnahmen nach § 85 Abs. 1 BGB n.F. dar und kommen anstelle einer Satzungsänderung nach § 85 Abs. 1 BGB in Frage. Das ist ausweislich der Gesetzesbegründung eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, der die Zulegung und die Zusammenlegung erleichtern und nicht davon abhängig machen wollte, dass die Voraussetzungen für eine tiefgreifende Änderung des Satzungszwecks oder die Auflösung der Stiftung vorliegen. Das ist auch überzeugend und nachvollziehbar. Eine Zulegung und auch eine Zusammenlegung ermöglichen es, dass die bisherigen Zwecke bei der übernehmenden "Zielstiftung" im Wesentlichen beibehalten und weiter verfolgt werden können (siehe § 86 Nr. 2 und Nr. 3 BGB n.F. und teilidentisch § 86a Nr. 2 BGB n.F.). Es handelt sich bei Zulegung und Zusammenlegung also regelmäßig um ein milderes Mittel im Vergleich zur Änderung des bisherigen Stiftungszwecks oder im Vergleich zur vollständigen Auflösung der Stiftung.

 

Rz. 26

Für die Regelungen zur Zulegung und zur Zusammenlegung existieren im BGB keine direkten Vorgängernormen. Das BGB nennt in § 87 BGB bisher als mögliche Maßnahmen allein die Zweckänderung und die Auflösung der Stiftung für den Fall, dass die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist oder sie das Gemeinwohl gefährdet. In einigen Landesstiftungsgesetzen finden sich allerdings Regelungen, die bspw. für den Fall, dass sich "die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse […] nachhaltig geändert haben", neben der Satzungsänderung "auch die Zulegung zu einer anderen oder die Zusammenlegung zu einer neuen Stiftung" zulassen (so § 7 Abs. 1 StiftG Hamburg).[2] Die Zulässigkeit solcher landesrechtlicher Regelungen war und ist angesichts des verfassungsrechtlichen Vorrangs des Bundesrechts vor Landesrecht umstritten. Zum Teil wurde und wird die aktuell noch geltende Regelung des § 87 BGB als abschließend betrachtet und den Landesgesetzgebern deshalb die Kompetenz für die Schaffung von Zulegungs- und Zusammenlegungstatbeständen abgesprochen,[3] was die Unwirksamkeit der landesrechtlichen Zulegungs- und Zusammenlegungstatbestände zur Folge hätte. Diese Fachdiskussion ist in Zukunft mit Geltung der bundesrechtlichen Neureglung überholt.

 

Rz. 27

Unstreitig waren und sind aber sowohl Zulegungen als auch Zusammenlegungen bereits nach dem aktuell noch geltenden Recht im BGB möglich, und zwar auch ohne ausdrückliche Regelung in den §§ 80 ff. BGB. Die Zulegung und auch die Zusammenlegung können dadurch umgesetzt werden, dass die Stiftung entweder auf Basis der entsprechenden Satzungsregelungen oder durch Anwendung des § 87 Abs. 1 BGB aufgelöst wird und das Vermögen dann auf Basis einer vorher geänderten satzungsmäßigen Anfallklausel auf die "Zielstiftung" übergeht.[4] Zu beachten sind dabei allerdings die aufgrund des Verweises in § 88 BGB entsprechend anzuwendenden Vorschriften der §§ 46 bis 53 BGB, so dass eine Liquidation zwingend stattfinden muss und insbesondere das Sperrjahr nach § 51 BGB abzuwarten ist. Das verkompliziert die Zulegung und Zusammenlegung nach aktuellem Recht. Zulegung und Zusammenlegung nach neuem Recht sind dagegen nicht an diese strengen Voraussetzungen geknüpft, und die neuen gesetzlichen Regelungen sehen erfreulicherweise ein deutlich vereinfachtes Verfahren vor.

 

Rz. 28

Die Neuregelungen im BGB regeln die Verfahren der Zulegung und der Zusammenlegung nunmehr

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge