Rz. 31

In einem EU-Mitgliedstaat ergangene Entscheidungen (bspw. sorgerechtlicher Natur) werden nach Art. 21 Abs. 1 EUEheVO 2003 grundsätzlich in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Davon normieren als Ausnahmetatbestände

Art. 22 EUEheVO 2003 Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung über eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung der Ehe und
Art. 23 EUEheVO 2003 Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung über die elterliche Verantwortung.
Die Vorschriften der Art. 21 ff. EUEheVO 2003 sind auf einstweilige Maßnahmen hinsichtlich des Sorgerechts nach Art. 20 EUEheVO 2003 nicht anwendbar.[56]
 

Rz. 32

Die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaates darf nach Art. 24 S. 1 EUEheVO 2003 nicht überprüft werden (Verbot einer Nachprüfung der Zuständigkeit). Dabei darf sich auch eine Überprüfung der Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung (ordre-public-Vorbehalt) nach

Art. 22 lit. a EUEheVO 2003 bzw.
Art. 23 lit. a EUEheVO 2003

nicht auf die Zuständigkeitsvorschriften der Art. 3 bis 14 EUEheVO 2003 (siehe Rdn 26 f.) erstrecken (Art. 24 S. 2 EUEheVO 2003).

 

Rz. 33

Die Anerkennung einer Entscheidung darf nach Art. 25 EUEheVO 2003 nicht deshalb abgelehnt werden, weil eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem die Anerkennung beantragt wird, unter Zugrundelegung desselben Sachverhalts (wegen Unterschiede beim anzuwendenden Recht) nicht zulässig wäre.

 

Rz. 34

Art. 26 EUEheVO 2003 normiert den Ausschluss einer Nachprüfung in der Sache: Eine (in einem anderen Mitgliedstaat ergangene) Entscheidung darf daher keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Die Regeln über die Rechtshängigkeit in Art. 27 EUEheVO 2003 sind dahin auszulegen, dass, wenn im Rahmen eines Rechtsstreits in Ehesachen, über die elterliche Verantwortung oder in Unterhaltssachen das später angerufene Gericht unter Verstoß gegen diese Regeln eine rechtskräftig gewordene Entscheidung erlässt, es den Gerichten des Mitgliedstaates, zu dem das zuerst angerufene Gericht gehört, untersagt ist, die Anerkennung dieser Entscheidung allein aus diesem Grund abzulehnen:[57] Insbesondere kann es dieser Verstoß für sich allein nicht rechtfertigen, dass die Entscheidung wegen offensichtlicher Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung dieses Mitgliedstaates nicht anerkannt wird.

 

Rz. 35

Nach Art. 28 Abs. 1 EUEheVO 2003 ist für die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen sorgerechtlichen Entscheidung eine Vollstreckungserklärung erforderlich.

[56] EuGH NJW 2010, 2861 = FamRZ 2010, 1521.
[57] EuGH NJW 2019, 1129 = FamRZ 2019, 1164.

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