Rz. 25

Die EUEheVO 2003 regelt u.a. die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit, wenn in derselben Rechtssache mehrere Gerichte in verschiedenen EU-Staaten angerufen werden.

 

Rz. 26

Zuständigkeitsregelungen für die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe finden sich in:

Art. 3 EUEheVO 2003 (Allgemeine Zuständigkeit)

Art. 3 Abs. 1 EUEheVO 2003 ist dahin auszulegen, dass bei einem Scheidungsantrag, den der Antragsteller beim Gericht des Mitgliedstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten einbringt, obwohl diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat haben, dieses Gericht nach lit. b dieser Bestimmung für die Entscheidung über diesen Antrag zuständig ist. Da die Zustimmung des Antragsgegners nicht erforderlich ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob es als stillschweigende Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichts seitens des Antragsgegners gilt, wenn er die Unzuständigkeit des Gerichts nicht einwendet.[38]

Die EUEheVO 2003 ist dahin auszulegen, dass ein Gericht eines Mitgliedstaates, das nach Art. 3 Abs. 1 lit. b der VO für die Entscheidung über einen Antrag auf Ehescheidung von zwei Ehegatten, die beide die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaates besitzen, zuständig ist, keine Zuständigkeit für die Entscheidung über das Sorgerecht und das Umgangsrecht in Bezug auf das Kind der Ehegatten hat, wenn dieses im Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat und die Voraussetzungen, die nach Art. 12 der VO für die Übertragung dieser Zuständigkeit auf dieses Gericht erforderlich sind, nicht vorliegen, wobei zudem berücksichtigt wird, dass den Umständen des Ausgangsverfahrens auch nicht zu entnehmen war, dass diese Zuständigkeit auf die Art. 9, 10 oder 15 der VO gestützt werden könnte. Überdies erfüllt dieses Gericht nicht die Voraussetzungen gem. Art. 3 EU-UnterhaltsVO, um über die Unterhaltssache zu entscheiden.[39]

Art. 3 Abs. 1 und Art. 17 EUEheVO 2003 sind dahin auszulegen, dass in einem Fall (wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden) der Umstand, dass das Paar, dessen Ehe geschieden werden soll, ein minderjähriges Kind hat, für die Bestimmung des zuständigen Scheidungsgerichts unerheblich ist. Da das vom Antragsteller angerufene Gericht des Mitgliedstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten nach Art. 3 Abs. 1 lit. b der VO für den Scheidungsantrag zuständig ist, kann es nicht die internationale Unzuständigkeit einwenden, selbst wenn sich die Parteien nicht über die Zuständigkeit geeinigt haben.[40]

Art. 4 EUEheVO 2003 (Zuständigkeit für Gegenanträge)
Art. 5 EUEheVO 2003 (Zuständigkeit bei Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung)
Art. 6 EUEheVO 2003 (Fixierung einer ausschließlichen Zuständigkeit nach den Art. 3 bis 5 EUEheVO 2003)

Art. 7 EUEheVO 2003 (Restzuständigkeit)

Art. 6 und 7 EUEheVO 2003 sind dahin auszulegen, dass die Gerichte eines Mitgliedstaates, wenn der Antragsgegner in einem Ehescheidungsverfahren weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates besitzt, ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den entsprechenden Antrag nicht aus einem nationalen Recht herleiten können, wenn die Gerichte eines anderen Mitgliedstaates nach Art. 3 EUEheVO 2003 zuständig sind.[41]

 

Rz. 27

Zuständigkeitsregelungen für die elterliche Verantwortung finden sich in:

Art. 8 EUEheVO 2003 (Allgemeine Zuständigkeit)

Der Begriff "gewöhnlicher Aufenthalt" i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EUEheVO 2003 ist dahin auszulegen, dass darunter der Ort zu verstehen ist, der Ausdruck einer gewissen sozialen und familiären Integration des Kindes ist. Hierfür sind insbesondere die Dauer, die Regelmäßigkeit und die Umstände des Aufenthalts in einem Mitgliedstaat sowie die Gründe für diesen Aufenthalt und den Umzug der Familie in diesen Staat, die Staatsangehörigkeit des Kindes, Ort und Umstände der Einschulung, die Sprachkenntnisse sowie die familiären und sozialen Bindungen des Kindes in dem betreffenden Staat zu berücksichtigen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes festzustellen.[42]

Unter "gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes" ist der Ort seines tatsächlichen Lebensmittelpunkts zu verstehen, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, auf der Grundlage eines Bündels übereinstimmender Sachverhaltsgesichtspunkte zu bestimmen, wo sich dieser Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags betreffend die elterliche Verantwortung für das Kind befand. Dabei sind – so der EuGH[43] – folgende Umstände gemeinsam ausschlaggebend:

der Umstand, dass das Kind ab seiner Geburt bis zur Trennung seiner Eltern im Allgemeinen mit ihnen an einem bestimmten Ort gewohnt hat;
der Umstand, dass der Elternteil, der seit der Trennung des Paares de facto für das Kind Sorge tr...

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