Rz. 8

Wie sich aus § 2 Abs. 2 RDG ergibt, gilt die Inkassodienstleistung als Rechtsdienstleistung, ist aber eben nicht in jeder Ausprägung eine solche. Die Inkassodienstleistung ist in berufsrechtlicher wie kostenrechtlicher Hinsicht einerseits ein Unterfall der Rechtsdienstleistung,[28] andererseits eine Dienstleistung, die außerhalb der Rechtsdienstleistung steht, aber der gleichen berufsrechtlichen Zulassung und Aufsicht unterworfen sein soll. Die Rechtsdienstleistung unterscheidet sich von der Inkassodienstleistung zunächst dadurch, dass sie alle Tätigkeiten in fremden Rechtsangelegenheiten umfasst, während die Inkassodienstleistung nur die Einziehung fremder oder auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen betrifft. Es liegt also eine Einschränkung im beruflichen Tätigkeitsbereich vor. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RDG liegen aber auch nicht vor, wenn die Forderungseinziehung mit keiner – erforderlichen – Rechtsprüfung im konkreten Einzelfall verbunden ist.[29] Bei einer Inkassodienstleistung ist regelmäßig nur eine über den Einzelfall hinausgehende Schlüssigkeitsprüfung notwendig. In diesem Fall liegt dann aber keine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG vor. Auf den reduzierten Leistungsumfang der Inkassodienstleistung referenziert dann die kostenrechtliche Abgrenzung in § 13 Abs. 2 RVG, in Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG und letztlich auch in Nr. 1000 Nr. 2 VV RVG.

 

Hinweis

Diese Abgrenzung der Dienstleistung sagt nichts darüber aus, welche Dienstleistungen erbracht werden dürfen. Der BGH[30] hat in vier Leitentscheidungen ausgesprochen, dass Rechtsanwalt und Inkassodienstleister gleichermaßen Inkasso- und Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen. Beim Inkassodienstleister ist dies nur gegen­ständlich auf die Forderungseinziehung und verfahrensrechtlich auf seine Postulationsfähigkeit[31] beschränkt, während der Rechtsanwalt insoweit unbeschränkt tätig werden darf. Anderenfalls würde auch die Differenzierung in Nr. 2300 Abs. 1 und Abs. 2 VV RVG keinen Sinn machen. Folglich kann der Inkassodienstleister seine Vergütung auch nach beiden Varianten verdienen und der Gläubiger sich diese vom Schuldner erstatten lassen. Entscheidend ist, welche Leistung im Einzelfall als erforderlich erbracht wurde.

Aus dem sprachlichen Vergleich von § 2 Abs. 1 mit § 2 Abs. 2 RDG ergeben sich also zwei relevante Unterschiede:

Einerseits liegt der Unterschied darin, dass die Inkassodienstleistung auf die Einziehung einer Forderung beschränkt ist, während die Rechtsdienstleistung darüber hinausgehen kann und auch andere Tätigkeiten in fremden Angelegenheiten umfasst. Wer Inkassodienstleistungen erbringt, zieht eine "fremde oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderung" ein, während die Erbringung von Rechtsdienstleistungen ganz allgemein "jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten" umfasst. Die Einziehung einer fremden Forderung stellt insoweit einen Unterfall der Tätigkeit "in fremden Angelegenheiten" dar.

Andererseits zeichnet sich die Rechtsdienstleistung dadurch aus, dass sie eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erfordert, während dies für die Inkassodienstleistung nicht notwendig wird. Bei der Inkassodienstleistung findet einerseits nur eine abstrakte Prüfung auf der Ebene wiederkehrend eingesetzter vertraglicher Produkte des Auftraggebers, andererseits nur eine Schlüssigkeitsprüfung statt. Für mehr fehlt es in der Regel jedenfalls zum Beginn der Tätigkeit an der Erforderlichkeit. Allerdings kann sich die Inkassodienstleistung aufgrund der Reaktion des Schuldners in eine Rechtsdienstleistung wandeln.

Diese Sicht ändert sich auch nicht durch das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt[32] mit dem § 2 Abs. 2 RDG dahin ergänzt wurde, dass die Inkassodienstleistung auch die "auf die Einziehung bezogene rechtliche Prüfung und Beratung" umfasst. Ziel dieser gesetzlichen Klarstellung ist es, den Begriff der Einziehung einer Forderung zu präzisieren und ihm schärfere Konturen zu verleihen. Die Ergänzung trifft also die Frage, ob noch ein Bezug zum Forderungseinzug besteht, wenn überhaupt erst eine fällige Forderung durch den Inkassodienstleister begründet werden soll. Sie ist also nicht auf die in § 2 Abs. 1 angesprochene Rechtsdienstleistung im Hinblick auf die Einwendungen oder Einreden des Schuldners bezogen, sondern auf die Forderungsbegründung, die vor der Geltendmachung der Forderung liegt. Umgesetzt werden sollte die Rechtsprechung des BVerfG und – in Teilen – des BGH[33] zum Umfang der berufsrechtlich erteilten Erlaubnis.[34]

 

Rz. 9

Berufsrechtlich ist die Abgrenzungsfrage zwischen Inkasso- und Rechtsdienstleistung außerhalb von Legal-Tech-Angeboten also nur von beschränkter Relevanz, weil nach Maßgabe der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes[35] nicht in Frage steht, dass Inkassodienstleister auch Rechtsdienstleistungen in Form einer konkreten Prüfung des Einzelfalles erbringen dürfen, etwa, wenn der Schuldner nachträg...

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