Rz. 28

Die Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes 2008 mit den nachfolgenden Novellierungen in 2013 und 2021 und die damit einhergehende Erweiterung des Tätigkeitsspektrums für die Inkassodienstleister hat deren wirtschaftliche Bedeutung für die Gläubiger und die Gesamtwirtschaft einerseits weiter gestärkt. Die teilweise drastischen und in ihrer Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit in Frage zu stellenden Einschnitte im Vergütungsrecht durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht sind andererseits geeignet, die wirtschaftliche Existenz vieler kleiner Inkassodienstleister mit hohem individuellen Arbeitsanteil in Frage zu stellen. Dem Autor sind eine Reihe von Unternehmen bekannt, die nun ihren Geschäftsbetrieb einstellen oder an größere Einheiten verkaufen.

Spätestens mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht ist die rechtliche Gleichstellung mit den Rechtsanwälten dort, wo Rechts- und Inkassodienstleistungen im Kontext einer Forderungseinziehung erbracht werden, verbal vollzogen. Fortbestehende Ungleichheiten wird der Gesetzgeber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen in den nächsten Jahren noch vollziehen müssen. Damit fokussiert sich auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen Inkassokosten in welcher Höhe vom Schuldner zu ersetzen sind, täglich neu. Unterschiede zwischen Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern sind hier nicht mehr angezeigt.

 

Rz. 29

Der Bundestag hat mit dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt zu den Zukunftsfragen im Rechtsdienstleistungsmarkt insgesamt fünf Entschließungen gefasst.[79] Es liest sich wie ein Arbeitsprogramm für die 20. Legislaturperiode. Die Bundesregierung soll

prüfen, ob die Kohärenz zwischen den berufsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsanwaltschaft einerseits und andere Rechtsdienstleister andererseits Anpassungen im Hinblick auf weitere Anforderungen (beispielsweise Verschwiegenheitspflichten) notwendig macht;
prüfen, ob bei Fallgestaltungen, in denen ein Inkassodienstleister eine ihm auf fremde Rechnung abgetretene Forderung, bei der die außergerichtliche Durchsetzung erfolglos geblieben ist, durch einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt oder eine von ihm beauftragte Rechtsanwältin gerichtlich durchzusetzen versucht, das geltende Recht den Interessen des Auftraggebers des Inkassodienstleisters als wirtschaftlichem Forderungsinhaber ausreichend Rechnung trägt;
bereits nach Ablauf von drei (und nicht wie in der Begründung zum Gesetzentwurf vorgesehen fünf) Jahren die mit dem Gesetzentwurf vorgesehenen moderaten Öffnungen der Möglichkeiten für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Erfolgshonorare zu vereinbaren und (bei der außergerichtlichen Einziehung von Forderungen) auch Verfahrenskosten zu übernehmen, evaluieren; hierbei soll insbesondere in den Blick genommen werden, in welchem Umfang die Anwaltschaft von den neuen Möglichkeiten zur Vereinbarung von Erfolgshonoraren und zur Prozessfinanzierung Gebrauch gemacht hat, ob dabei Risiken für die Unabhängigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sichtbar geworden sind und ob die Begrenzung auf Geldforderungen von höchstens 2 000 EUR angemessen ist;
im Hinblick darauf, dass künftig mehr Rechtsdienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher durch Inkassodienstleistende erbracht werden dürften, zu evaluieren, ob die im Gesetzentwurf vorgesehenen Sachkundeanforderungen ausreichen, um die notwendige Qualität dieser Angebote sicherzustellen;
unter Beteiligung der Länder bis zum 30.6.2022 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Übertragung der Aufsicht auf eine zentrale Stelle auf Bundesebene vorsieht; dabei wird vornehmlich eine Übertragung der Zuständigkeit auf das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Betracht zu ziehen sein, was die Ausstattung des BfJ mit den erforderlichen Haushaltsmitteln voraussetzen würde
 

Rz. 30

Hinzu kommt, dass der Bundestag mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht dessen Evaluierung[80] im Hinblick auf verschiedene Fragestellungen nach Ablauf von zwei Jahren nach dem in Kraft treten beschlossen. Evaluiert werden soll zum 1.10.2023

ob sich die von dem Gesetzentwurf schwerpunktmäßig angestrebte Senkung der Inkassokosten auf ein angemessenes Maß verwirklicht hat;
ob dies ohne nennenswerte Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Basis für die Tätigkeit der Inkassodienstleister realisiert werden konnte.

Er hat zugleich zwei weitere Entschließungen gefasst,[81] in denen einerseits ein Bericht zur Zentralisierung der Berufsaufsicht angefordert wird, der in dem vorgenannten Beschluss zur Vorlage eines Gesetzentwurfes gemündet ist, und andererseits eine Darstellung zu den Regelungslücken beim Identitätsdiebstahl erbeten wurde. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat keine repressiven Lücken im Rechtsschutz gesehen. ­Allerdings wird so das Problem der fortgesetzten Teilnahme am E-Commerce für die ­Betroffenen nicht gelöst. Der Autor hat ...

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