Rz. 96

Wie oben erwähnt (→ § 1 Rdn 83) entspricht es einem verbreiteten Bedürfnis, die Kosten der Erhaltung von Gemeinschaftseigentum im räumlichen Bereich des Sondereigentums nicht nach Miteigentumsanteilen (MEA) zu verteilen, sondern allein den betroffenen Wohnungseigentümern aufzuerlegen. Am liebsten möchte man auch die Zuständigkeit auf die Wohnungseigentümer verlagern. Wie gezeigt sind die bislang gebräuchlichen Regelungen in Teilungserklärungen aber vielfach unwirksam oder zumindest streitanfällig. Der Streit um die richtige Auslegung solcher Kosten- oder Zuständigkeitsverlagerungsklauseln, der oft erst durch eine letztinstanzliche Gerichtsentscheidung geklärt werden kann, kann entschärft oder ganz vermieden werden, indem das gewünschte Ergebnis ganz einfach beschlossen wird. Das ist nach dem geltenden Recht (im Gegensatz zum alten Recht vor der WEG-Reform 2020) weitgehend möglich. Durch Beschluss gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG kann die Verteilung der Kosten von Erhaltungsmaßnahmen im Einzelfall oder dauerhaft abweichend vom gesetzlichen Grundprinzip (Verteilung nach MEA gem. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG) geregelt werden (→ § 8 Rdn 47). Durch Beschluss kann Wohnungseigentümern zwar nicht die Zuständigkeit für die Erhaltung von Gemeinschaftseigentum (Erhaltungslast) aufgebürdet werden; gem. § 20 Abs. 1 WEG kann den Wohnungseigentümern aber im Voraus die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen gestattet werden. In der Bestimmung ist zwar von der Gestattung baulicher Veränderungen die Rede; aber wenn die Gemeinschaft dem Einzelnen sogar die Durchführung baulicher Veränderungen gestatten kann, dann erst recht die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen. Mit dem Ergebnis sind die Wohnungseigentümer meistens zufrieden: Wer bspw. die Fenster seiner Wohnung selbst austauschen möchte, kann dies nach Maßgabe der folgenden Klausel auf eigene Kosten tun. Wer’s nicht möchte, lässt den Fenstertausch (im Bedarfsfall) von der Verwaltung erledigen und trägt die Kosten über die Umlage in der Einzelabrechnung.

 

Rz. 97

Muster 1.3: Dauerbeschluss zur Verlagerung der Kostenlast von Erhaltungsmaßnahmen in Kombination mit deren Gestattung

 

Muster 1.3: Dauerbeschluss zur Verlagerung der Kostenlast von Erhaltungsmaßnahmen in Kombination mit deren Gestattung

1. Kostenverteilung

Die Kosten für die Erhaltung (Instandhaltung und Instandsetzung) von Fenstern, Rollläden, Jalousien und Markisen [und ggf. weiteren in Betracht kommenden und dann konkret zu benennenden Gebäudebestandteilen wie bspw. Wohnungseingangstüren, Balkonbretter, Geländer usw.] sind von dem Eigentümer des Sondereigentums zu tragen, zu dessen räumlichen Bereich diese Gebäudebestandteile jeweils gehören. Die Kosten für die Erhaltung von Fenstern, Rollläden, Jalousien, Markisen (nicht aber Wohnungseingangstüren), die sich im räumlichen Bereich von gemeinschaftlichen Räumen befinden (z.B. Treppenhaus, Kellerflur usw.), sind von allen Eigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.

2. Gestattung von Erhaltungsmaßnahmen

Den Wohnungseigentümern wird gestattet, die unter der vorstehenden Nummer 1 genannten Gebäudebestandteile im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums fachgerecht zu erhalten. Im Falle eines Austausches müssen die neuen Gebäudebestandteile in Qualität und Optik den bisherigen entsprechen oder, was die Qualität betrifft, besser sein. Eventuelle im Zuge der Ausführung entstehende Schäden am Gebäude sind unverzüglich zu beseitigen. Die Gestattung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass ein Austausch bzw. eine Erneuerung von Gebäudebestandteilen der vorherigen, in Textform zu erteilenden Zustimmung des Verwalters bedarf. Der Verwalter soll die Zustimmung erteilen, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer Unterlagen vorlegt, aus denen sich zur Überzeugung des Verwalters ergibt, dass die Maßnahme unter Beachtung der vorstehenden Anforderungen fachgerecht, im Normalfall also durch ein Fachunternehmen erfolgen wird. Wenn der Verwalter die Zustimmung nicht erteilt, kann sie durch Beschluss der Wohnungseigentümer ersetzt werden.

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