Rz. 45

Für die Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten i.S.v. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG auf die Miteigentümer gilt allgemein Folgendes:

Grundsätzlich ist der in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung vorgegebene Umlageschlüssel anzuwenden, und zwar auch dann, wenn er materiell "falsch" sein sollte; er gilt, solange er nicht geändert ist.[79] Das gilt auch für unberechtigte Ausgaben (→ § 8 Rdn 18).
Soweit die Teilungserklärung keine Aussagen zum Umlageschlüssel trifft, gilt § 16 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 WEG. Demnach sind die Kosten der Gemeinschaft, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen. Für die Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten gilt die Heizkostenverordnung (→ § 8 Rdn 63).
Gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG kann für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Verteilerschlüssel (abweichend von den vorgenannten Verteilerschlüsseln) beschlossen werden. Gibt es solche Beschlüsse, müssen sie in der Jahresabrechnung berücksichtigt werden.
 

Rz. 46

Bestimmt die Gemeinschaftsordnung eine Kostenumlage nach bestimmten Flächen, sind diese ohne Abweichungen (Auf- oder Abrunden) anzuwenden.[80] Gibt die Gemeinschaftsordnung aber keine bestimmten Flächen vor und bestimmt auch keinen Flächenberechnungsmodus, soll der Umlageschlüssel "Wohnfläche" mangels Bestimmtheit unwirksam sein.[81] Spricht die Gemeinschaftsordnung von Wohnfläche, ist damit auch die Nutzfläche von Teileigentumseinheiten gemeint.[82] Wie sich Flächenangaben bei der Heizkostenabrechnung auswirken, wird unten (→ § 8 Rdn 74) erörtert. Der Leerstand von Einheiten ändert nichts an der Beitragspflicht nach dem jeweils geltenden Umlageschlüssel und begründet i.d.R. keinen Anspruch auf Anpassung.[83] Die Beitragspflicht gilt, wenn die Teilungserklärung nichts anderes vorsieht, auch für noch gar nicht gebaute Einheiten, insbesondere bei einer Mehrhausanlage (→ § 12 Rdn 89).

 

Rz. 47

Nach dem mit der WEG-Reform 2007 eingeführten § 16 Abs. 3 WEG a.F. konnten die Verteilerschlüssel für Betriebskosten mit einfacher Mehrheit beschlossen werden; eine Möglichkeit, von der vielfach Gebrauch gemacht wurde. Ein besonderer Verteilerschlüssel für Erhaltungsmaßnahmen konnte gem. § 16 Abs. 4 WEG a.F. nur unter bestimmten Voraussetzungen beschlossen werden. Der jetzt geltende § 16 Abs. 2 S. 2 WEG erweitert und vereinfacht diese Beschlusskompetenzen, indem die Beschränkung auf bestimmte Kostenarten aufgegeben wurde. Nunmehr kann für einzelne Kosten (konkret bestimmbare, einmalig anfallende Positionen) oder bestimmte Arten von Kosten der Kostenverteilerschlüssel beschlossen werden, und zwar abweichend vom gesetzlichen Verteilerprinzip (dem Verhältnis der Miteigentumsanteile) oder auch abweichend von einer in der Teilungserklärung enthaltenen Regelung. Die Änderungsmöglichkeit gilt für sämtliche Kosten inklusive Erhaltungskosten, außer für die Kosten baulicher Veränderungen (wie sich aus § 16 Abs. 3 WEG ergibt). Für den Änderungsbeschluss reicht die einfache Stimmenmehrheit der in der Versammlung anwesenden oder vertretenen Miteigentümer. Wenn die Gemeinschaftsordnung ein vom gesetzlichen "Kopfprinzip" abweichendes Stimmprinzip (z.B. MEA oder Objektprinzip) vorsieht, ist dieses anzuwenden.[84]

 

Rz. 48

 

Beispiele

Fenstertausch.[85] a) Einzelfall. Ein Fenster in einer Wohnung wurde ausgetauscht. Es kann beschlossen werden, in der Jahresabrechnung diese Ausgabe nur dem Eigentümer der betroffenen Wohnung aufzuerlegen. Wird ein solcher Beschluss gefasst, ohne dass dafür ein konkreter Anlass besteht (der bspw. darin bestehen könnte, dass der betreffende Eigentümer das Fenster beschädigt hat), wird sich daraus ein Anspruch der übrigen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung ergeben, dem im Rahmen künftiger Beschlussfassungen Rechnung zu tragen ist. Man spricht insoweit vom Gebot der "Maßstabskontinuität". b) Dauerregelung. Es kann beschlossen werden, dass generell jeder Wohnungseigentümer die Kosten für den Austausch von Fenstern ("bestimmte Art von Kosten") zu tragen hat, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden (Muster → § 1 Rdn 96).
Verursachungsgerechte Verteilung bestimmter Verwaltungskosten. Hier spielen insbesondere nach dem Verwaltervertrag geschuldete Sondervergütungen des Verwalters (bei Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren, Mahnungen, Kopien, Veräußerungszustimmung usw.) eine Rolle. Es kann beschlossen werden, dass der Verursacher, wenn er nicht direkt an den Verwalter zahlt, diese Kosten über die Einzelabrechnung trägt (→ § 10 Rdn 105). Für andere Extrakosten (z.B. die Kosten rechtlicher Maßnahmen → § 8 Rdn 103) gilt das Gleiche. Es empfiehlt sich ein Dauerbeschluss (→ § 8 Rdn 180).
Immobilienerwerb. Werden Stellplätze auf dem Nachbargrundstück hinzuerworben, kann beschlossen werden, dass die Kosten nur die Eigentümer tragen, die dort einen Stellplatz erhalten sollen.[86]
 

Rz. 49

Wenn die Gemeinschaft gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG einen ne...

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