Rz. 83

Es ist im Allgemeinen sinnvoll, die "Verantwortung" für Gebäudeteile, die dem alleinigen Gebrauch eines Sondereigentümers unterliegen und die sich nur in dessen Verantwortungsbereich befinden (z.B. Fenster und Verglasungen, Außentüren, Balkone und Terrassen oder deren Beläge), ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zum Gemeinschaftseigentum dem betreffenden Sondereigentümer zu übertragen. Viele Gemeinschaftsordnungen enthalten deshalb entsprechende Regelungen, für die es zwei Varianten gibt.

Die Gemeinschaftsordnung kann regeln, dass einzelne Wohnungseigentümer die Kosten der Erhaltung bestimmter im Gemeinschaftseigentum stehender Gebäudeteile zu tragen haben (Verlagerung der Kostenlast). In diesem Fall bleibt die Zuständigkeit für Entscheidungen über das Ob und Wie der Erhaltung bei der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft entscheidet über Erhaltungsmaßnahmen und tritt mit den Kosten in Vorlage. In der Jahresabrechnung werden die Kosten aber nur dem kostentragungspflichtigen Wohnungseigentümer belastet. Diese Variante hat den Vorteil, dass Arbeiten am Gemeinschaftseigentum nur nach Beschluss der Gemeinschaft und unter Aufsicht der Verwaltung ausgeführt werden; sie stößt aber mitunter auf Unverständnis beim Wohnungseigentümer, denn sie widerspricht dem Grundsatz "wer bestellt, der zahlt". Bei Geltung einer Kostentragungsklausel "bestellt" die Gemeinschaft und der Einzelne zahlt.
Eine alternative Regelung besteht in der Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit (Erhaltungslast) auf einzelne Wohnungseigentümer. Dann ist nicht mehr die Gemeinschaft, sondern der einzelne Wohnungseigentümer zur Erhaltung bestimmter Gebäudeteile auf eigene Kosten[108] verpflichtet.
 

Rz. 84

 

Beispiele

1. Verlagerung der Kostenlast:

a) Die Sondereigentümer tragen die Kosten für Ersatz und Reparatur von Fenstern in ihren Einheiten.

b) Die Kosten der Unterhaltung der einzelnen Doppel- bzw. Vierfachparker in der Tiefgarage werden von den jeweiligen Eigentümern eines Doppel- bzw. Vierfachparkers getragen.[109]

2. Verlagerung der Erhaltungslast:

a) Die Behebung von (Glas-)Schäden an Fenstern und Türen im räumlichen Bereich des Sondereigentums ist ohne Rücksicht auf die Ursache des Schadens Sache des Wohnungseigentümers.

b) Die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollläden im räumlichen Bereich des Sondereigentums ist Sache des Wohnungseigentümers, die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden bleibt aber Sache der Gemeinschaft.“ Variante: "Jeder Sondereigentümer ist zur alleinigen Instandhaltung und Instandsetzung der Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, die nur seinem Sondereigentum dienen oder an dem ihm das alleinige Gebrauchsrecht zusteht, verpflichtet. Er ist insbesondere verpflichtet, die Bodenbeläge der Balkone und die Rollläden auf seine Kosten sach- und fachgerecht in Stand zu halten und in Stand zu setzen."

c) Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind von ihm auf seine Kosten instand zu setzen und instand zu halten. Variante: Gebäudeteile, die sich im räumlichen Bereich des Sondereigentums befinden, muss der Sondereigentümer auf eigene Kosten instand setzen.

 

Rz. 85

Regelungen zur Verlagerung der Kosten- oder Erhaltungslast müssen klar und eindeutig sein; bei Zweifeln bleibt es bei der gesetzlichen Regelung (d.h. bei der Zuständigkeit der Gemeinschaft unter Kostentragung aller).[110] Die Regelung im obigen Beispiel 2b) hielt der BGH nicht für eindeutig, weshalb er zu dem für die Praxis überraschenden Ergebnis kam, dass der Austausch von Fenstern (auf Gemeinschaftskosten) Gemeinschaftssache sei.[111] Zum gleichen (überraschenden bzw. fragwürdigen) Ergebnis kam das LG Köln in der Variante des Beispiels 2b): Fenster dienen nach Auffassung des LG Köln nicht nur den einzelnen Wohnungseigentümern und werden in der Klausel nicht ausdrücklich erwähnt; also bleibt es bezüglich der Fenster bei der Zuständigkeit der Gemeinschaft.[112]

 

Rz. 86

Die früher übliche, aber schon immer überflüssige Differenzierung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung (→ § 4 Rdn 4) führt bei Zuständigkeits- und Kostenverlagerungsklauseln immer dann zu Problemen, wenn nicht beide Begriffe verwendet oder wenn sie zwar beide verwendet werden, aber in verschiedenen Zusammenhängen, ohne dass klar wird, ob der unterschiedlichen Verwendung eine bewusste Entscheidung zugrundeliegt. Wenn nur von "Instandhaltung" die Rede ist, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Instandsetzung inbegriffen sein soll.[113] Denn in der Praxis wird "Instandhaltung" häufig als Oberbegriff verwendet; zudem sprach § 14 Nr. 1 WEG a.F. auch nur von der Pflicht zur Instandhaltung des Sondereigentums, meinte aber ebenso die Pflicht zur Instandsetzung, genauso wie die Instandhaltungsrückstellung nach altem Recht eigent...

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