Rz. 4

Das Gesetz definiert in § 13 Abs. 2 WEG die Erhaltung als Oberbegriff für Instandhaltung und Instandsetzung. Was unter Erhaltung zu verstehen ist, ergibt sich demnach aus den Definitionen der Begriffe Instandhaltung und Instandsetzung. Nach verbreiteter Definition bezweckt die Instandhaltung die Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs und die Beseitigung von Mängeln durch Abnutzung, Alterung und Witterung, die Instandsetzung Reparatur und Wiederbeschaffung (z.B. Austausch defekter Gebäudeteile).[2] Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff der Instandhaltung allerdings der weitergehende und umfasst die Instandsetzung. Dem entspricht die Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 7 BetrSichV: "Instandhaltung ist die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Erhaltung des sicheren Zustands oder der Rückführung in diesen. Instandhaltung umfasst insbesondere Inspektion, Wartung und Instandsetzung."[3] Eine trennscharfe begriffliche Abgrenzung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung ist erkennbar nicht möglich und nach dem geltenden Recht auch nicht mehr nötig. Die vorstehende Definition der Betriebssicherheitsverordnung beschreibt (auch wenn auf "Instandhaltung" bezogen) den Begriff der Erhaltung am besten. Dass die WEG-Reform 2020 den neuen Oberbegriff der Erhaltung eingeführt hat, ist zu begrüßen, denn die Verwendung des Begriffspaars "Instandhaltung und Instandsetzung" im alten Recht war wegen der identischen Rechtsfolgen nicht nur überflüssig,[4] sondern sogar schädlich. Probleme ergeben sich nämlich, sobald in einer Gemeinschaftsordnung eine Zuständigkeits- oder Kostenverlagerung auf Wohnungseigentümer erfolgt. Ist in einer entsprechenden Klausel einmal "nur" von der Instandhaltung die Rede, stellt sich sogleich die Frage, ob das Wort "Instandsetzung" versehentlich oder absichtlich weggelassen wurde (→ § 1 Rdn 86). Die Auslegungsprobleme lassen sich nach geltendem Recht entschärfen, indem die Kostenverteilung für Erhaltungsmaßnahmen in den fraglichen Fällen (im Einzelfall oder mit Dauerwirkung) per Beschluss geregelt wird (→ § 1 Rdn 96). Zur Erhaltung gehören, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, auch Maßnahmen zur Überprüfung des baulichen Zustands oder sonstige vorbeugende Maßnahmen (→ § 6 Rdn 54). Der Begriff der Erhaltung erschließt sich im Übrigen vor allem aus der Gegenüberstellung zur baulichen Veränderung. Erhaltung erfordert im Grundsatz die Beibehaltung und Wiederherstellung des bisherigen Zustands. Jede nicht völlig unerhebliche, auch nur optische Änderung des Gebäudes bzw. des betroffenen Gebäudebestandteils macht eine Baumaßnahme zur baulichen Veränderung (→ § 4 Rdn 9), für die ganz andere Regelungen gelten.

 

Rz. 5

Zur Erhaltung gehören auch Maßnahmen zur erstmaligen Herstellung des Gebäudes entsprechend Teilungserklärung, Aufteilungsplan und Baubeschreibung bzw. Maßnahmen der Mangelbeseitigung (→ § 6 Rdn 44). Bauliche Maßnahmen, die der Erfüllung gesetzlicher oder behördlicher Verpflichtungen sowie der Verkehrssicherungspflicht dienen, sind zwar genau genommen keine Erhaltungsmaßnahmen (weil sie nicht der Erhaltung des Bestehenden dienen, sondern etwas neues, also eine bauliche Veränderung zum Gegenstand haben); weil solche Maßnahmen aber nun einmal zwingend sind, werden sie wie Erhaltungsmaßnahmen (die ja auch zwingend sind) behandelt, d.h. sie müssen bei Kostentragung aller beschlossen werden (→ § 6 Rdn 26). Das Gleiche gilt für den Einbau von Kaltwasserzählern zur Umsetzung einer beschlossenen verbrauchsabhängigen Abrechnung.[5]

 

Rz. 6

Die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG). Die erforderlichen Maßnahmen können (§ 19 Abs. 1 WEG) bzw. müssen (§ 18 Abs. 2 WEG) deshalb beschlossen werden; Einzelheiten hierzu werden im Abschnitt über den Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung (→ § 6 Rdn 44) behandelt. Die Kosten werden nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt (§ 16 Abs. 2 S. 1 WEG), sofern nicht gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG etwas anderes beschlossen wird (→ § 8 Rdn 48). Die Erhaltung des Sondereigentums fällt hingegen nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft. Beschlüsse, die Maßnahmen am Sondereigentum zum Gegenstand haben, hält die h.M. mangels Beschlusskompetenz sogar für nichtig.[6] Das ist aber nur dann richtig, wenn der Sondereigentümer nicht zustimmt bzw. den Eingriff gem. § 14 Abs. 1 WEG dulden muss, denn der unbefugte Eingriff in sein Eigentum ist der (einzige) Grund für die Annahme der Nichtigkeit. Die Beschlusskompetenz, einen Unternehmer mit bestimmten Arbeiten zu beauftragen, besteht jedenfalls, denn jede Geldausgabe stellt eine beschlussfähige Verwaltungsmaßnahme dar. Würde man das anders sehen, könnte die Gemeinschaft in den "Aufopferungsfällen", z.B. hinsichtlich im Zuge einer Balkonsanierung beschädigter Fliesen, nicht die Wiederherstellung beschließen, was ein äußerst unpraktikables Ergebnis wäre (→ § 4 Rdn 39). Nichtig sollen auch Erhaltungsbeschlüsse betreffend Gegenstände des Gemeinschaftseigen...

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