Mallory Völker, Monika Clausius
Rz. 235
§ 1671 Abs. 1 BGB entspricht in seiner nunmehrigen Fassung inhaltlich der Regelung in § 1671 Abs. 2 BGB a.F. Das Gericht hat dem Antrag eines Elternteils danach zu folgen, wenn
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der andere Elternteil dem Antrag zustimmt und |
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das Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, nicht widerspricht. |
Solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist – dann gilt § 1671 Abs. 4 BGB i.V.m. §§ 1666 ff. BGB – kann das Familiengericht von einem gemeinsamen Vorschlag der Eltern nicht abweichen.
a) Zustimmung eines Elternteils
Rz. 236
Erforderlich ist nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB die Abgabe übereinstimmender Erklärungen der Eltern (Antragsmuster im Formularteil, siehe § 13 Rdn 5 f.). Diese führen ohne Sachprüfung zur gerichtlichen Entscheidung. Das Gericht ist – wie soeben dargestellt vorbehaltlich einer Kindeswohlgefährdung – ohne weitere Prüfung der Elternmotive oder ein Auswahlermessen an den Vorschlag gebunden. Von einem gemeinsamen Elternwillen in diesem Sinn ist auszugehen, wenn ein Elternteil die Übertragung der Sorge auf sich allein geltend macht und der andere zustimmt. Der antragstellende Elternteil kann allerdings die Übertragung der Sorge nur auf sich selbst beantragen, es ist also ausgeschlossen, etwa bei Erziehungsschwierigkeiten die Übertragung der elterlichen Sorge auf den anderen Elternteil zu beantragen (Wortlaut des § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB: "ihm"!).
Rz. 237
Für die Zustimmung eines Elternteils enthält das Gesetz keine Formvorschriften. Es genügt, wenn sie schriftlich oder in der nach § 160 FamFG vorgesehenen Elternanhörung erklärt wird. Erforderlich ist lediglich, dass dem Gericht die Zustimmung bekannt gegeben wird. Allerdings muss die Zustimmung eindeutig erklärt werden und das Gericht ist verpflichtet, sich im Rahmen der – stets erforderlichen (§ 160 FamFG) – persönlichen Anhörung des zustimmenden Elternteils von der Wirksamkeit, Reichweite, Ernsthaftigkeit und Freiwilligkeit der Zustimmung zu überzeugen. Ebenso kann die Zustimmung aber auch bis zur letzten mündlichen Erörterung in der Tatsacheninstanz widerrufen werden. Allerdings können die Gründe hierfür in die – durch den Widerruf veranlasste – Kindeswohlprüfung nach § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB einfließen. Ist ein Elternteil in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er für seine Zustimmung nicht der Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters; denn es handelt sich um eine höchstpersönliche Erklärung. Die Zustimmung muss außerdem unbedingt erfolgen.
b) Widerspruch des Kindes
Rz. 238
Außer wegen § 1671 Abs. 4 i.V.m. §§ 1666 ff. BGB kann das Gericht lediglich im Falle des Widerspruchs des mindestens 14 Jahre alten Kindes eine vom Elternvorschlag abweichende Entscheidung treffen. Ansonsten wird der übereinstimmende Wille der Eltern vom Gesetz als verbindlich angesehen. Selbst soweit das Kind widerspricht, muss dies nicht zwingend zu einer anderen Regelung als der von den Eltern übereinstimmend Gewollten führen. Allerdings ist das Familiengericht nunmehr zu einer umfassenden Kindeswohlprüfung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB verpflichtet, bei der freilich der erklärte Kindeswille zu beachten ist. Ebenso wie die Zustimmungserklärung eines Elternteils unterliegt auch der Widerspruch des Kindes keinen Formvorschriften und kann bis zur letzten mündlichen Erörterung in der letzten Tatsacheninstanz widerrufen werden. Vom Widerspruch des Kindes sind etwaig geäußerte Wünsche oder eine allgemein erklärte Unzufriedenheit zu unterscheiden. Diese Aspekte muss das Gericht im Rahmen der Kindesanhörung nach § 159 FamFG näher aufklären (siehe dazu Rdn 430 f.).