Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Beratungsbranche aus? Ersetzen Plattformen künftig Consultingwissen? Stehen Berater vor disruptiven Veränderungen? Diese und andere Fragen standen im Mittelpunkt des Gipfeltreffens "Consulting 4.0" in Berlin, an dem neun führende HR-Consultants teilnahmen.

Wie sehen die Geschäftsmodelle der Zukunft aus?

Eine große Kontroverse entfachte auch die Frage, ob "Zeit gegen Geld", wie das bisherige Geschäftsmodell zwischen Beratern und Kunden beschrieben werden kann, eine Zukunft hat. André Häusling positionierte sich eindeutig: "Zeit gegen Geld ist ein Auslaufmodell. Die Vorstellung, dass ich möglichst viel Aufwand produzieren muss, um Geld zu verdienen, passt nicht mehr in unsere Zeit", sagte er. Zusammen mit dem Kunden sollten Key Performance Indicators (KPI) definiert werden, für die Provisionen bezahlt werden. Er machte das am Beispiel eines Call-Center-Projekts deutlich. "Wenn weniger Tickets anfallen und sich die Bearbeitung beschleunigt, hat der Kunde einen wirtschaftlichen Vorteil, an dem ich als Berater beteiligt werden möchte." Dem Kunden sei es egal, ob der Berater zur Zielerreichung drei oder fünf Workshops brauche.

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Auch Sophia von Rundstedt findet daran Gefallen. "Wir experimentieren mit Modellen, bei denen es eine Vergütung on top gibt, wenn sich die Retentionquote innerhalb von zwölf Monaten entsprechend der vereinbarten KPIs entwickelt."
Barbara Heitger sieht solche Ansätze kritisch. "Wenn wir für unternehmensinterne Entscheidungen Verantwortung übernehmen, geraten wir in Gefahr, die Beraterrolle zu verlassen." Carsten Wember teilt diese Einschätzung und ergänzt: "Die Mandanten fällen letztlich die Entscheidungen und wir können damit nicht gänzlich das unternehmerische Risiko tragen." Bei aller Unterschiedlichkeit ist man sich einig, dass "Zeit gegen Geld" das vorherrschende Geschäftsmodell bleibt, doch Experimente zunehmen werden.
Eine Gemeinsamkeit bestand auch in der Beobachtung, dass sich das Verhältnis zwischen Kunde und Berater ändere. Während früher das Verhältnis als "Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung" beschrieben wurde, reden die Berater heute von Kollaboration, Ko-Creation und fluiden Grenzen zwischen Kunden und Beratern.

Welche Veränderungen erwarten die Berater in den nächsten fünf Jahren und wie schnell kommen sie?

Nach Auffassung von Kai Anderson kommen die Veränderungen durch die Digitalisierung in rasantem Tempo auf uns zu. "In fünf Jahren ist das Thema vom Tisch. Digitale Prozesse und Geschäftsmodelle sind dann eine Selbstverständlichkeit."
Barbara Heitger rechnet damit, dass sich digitale Tools etabliert haben und Berater mit anderen Partnern wie Programmierbuden oder Werbeagenturen zusammenarbeiten werden. Das sieht auch Fabian Kienbaum so: "Beratungshäuser werden anders aufgestellt sein. Die Kommunikation wird sich ändern und wir werden verstärkt Start-up-Erfahrung in der Beratung haben."
Sophia von Rundstedt glaubt, dass der Kunde in Projekten oft nicht mehr wisse, ob der Projektleiter ein Berater oder ein interner Mitarbeiter ist. "Die Zusammenarbeit wird enger." André Häusling, der viel im IT-Umfeld unterwegs ist, setzt einen anderen Akzent: "In fünf Jahren wird sich nicht dramatisch viel verändert haben. Die Veränderungen kommen viel langsamer, als wir zurzeit glauben."

Schlagworte zum Thema:  Digitalisierung, Beratung

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