Duale Berufsausbildung 2021: Azubis im Homeoffice

Sechs von zehn Azubis waren während der Coronapandemie im Homeoffice, vier von zehn verbrachten dort sogar mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit. Welche Erfahrungen Azubis machten und wie Arbeitgeber über ihre Lehrstellen informieren, ermittelte die Studie Azubi-Recruiting Trends 2021.

Die Stimmung in der dualen Berufsausbildung ist getrübt und die jungen Menschen sind verunsichert, wie ihr Berufseinstieg aussehen soll. Zwar wollen nur knapp drei Prozent eine Auszeit nehmen, weil die aktuelle Situation zu unsicher ist. Aber neun Prozent haben vor, lieber noch weiter zur Schule zu gehen oder sich für ein Studium einschreiben, statt sich auf einen Ausbildungsplatz zu bewerben. Und über ein Viertel sagt: "Die Entscheidung, mich für einen Ausbildungsplatz zu bewerben, fällt mir sehr schwer oder ist mir sehr schwer gefallen."

Diese Ergebnisse sind der Studie "Azubi-Recruiting Trends 2021" entnommen, für die U-Form Testsysteme in Zusammenarbeit mit Aubi-Plus 5.623 Schülerinnen und Schüler und Auszubildende sowie 1.270 Ausbildungsverantwortliche befragte. Die Online-Umfrage, die wissenschaftlich von Professor Christoph Beck von der Hochschule Koblenz betreut wurde, fand zwischen Januar und März 2021 statt.

Lieber abwarten und erst später eine Ausbildung beginnen

Noch deutlicher fällt das Stimmungsbild bei den Ausbildungsverantwortlichen aus. 41 Prozent haben den Eindruck, dass es den Schülerinnen und Schülern aktuell sehr schwer fällt, sich für eine Ausbildung zu entscheiden und zu bewerben. Über ein Drittel beobachtet, dass die jungen Menschen lieber weiter zur Schule gehen oder sich für ein Studium einschreiben. Und acht Prozent machen die Erfahrung, dass sich Jugendliche nach der Schule eine Auszeit nehmen, weil jetzt alles unsicher ist.

Teil der Ausbildungszeit findet im Homeoffice statt

Ein Grund für die aktuelle Misere in der dualen Berufsausbildung ist, dass viele Auszubildende aufgrund des Lockdowns nicht im Betrieb lernen konnten. 58 Prozent der befragten Azubis haben 2020 im Homeoffice gearbeitet. 13 Prozent haben sogar 90 bis 100 Prozent ihrer Arbeitszeit in den eigenen vier Wänden verbracht. Dabei bekamen die meisten Azubis (77 Prozent) Arbeitsmittel wie zum Beispiel einen Laptop oder ein Smartphone zur Verfügung gestellt.

Nach der Coronakrise zurück in den Betrieb

Zwar sagen nur 28 Prozent der befragten Azubis, dass das Homeoffice die Qualität ihrer Ausbildung negativ beeinflusst hat (31 Prozent sehen positive Einflüsse). Aber Tatsache ist, dass das Homeoffice für Azubis eine rechtliche Grauzone darstellt, da die Ausbildungsbetriebe eine ständige Betreuung sicherstellen müssen. Dementsprechend wollen die meisten Ausbildungsverantwortlichen kein Homeoffice mehr für Azubis anbieten, wenn die Coronakrise überwunden ist. Nur 29 Prozent würden auch danach Ausbildungszeiten zuhause erlauben.

Etwas anders ist die Meinung der Azubis: 64 Prozent finden, dass die Gesetze geändert werden sollten, damit Ausbildung auch künftig im Homeoffice stattfinden kann. Nur 21 Prozent würden Homeoffice für die Zukunft ablehnen.

Jobinterviews per Video sind bei Bewerbern unbeliebt

Wenig begeistert zeigen sich die Auszubildenden von digitalen Bewerbungsgesprächen. 87 Prozent ziehen das persönliche Gespräch einem Video-Interview vor. Nur 33 Prozent würden es begrüßen, wenn die Ausbildungsbetriebe auch nach Corona an der Praxis von Video-Bewerbungsgesprächen festhalten würden. Aber 51 Prozent der befragten Ausbildungsverantwortlichen planen, ihre Jobinterviews weiterhin per Video durchzuführen.

Den langfristigen Trend zum Kandidatenmarkt in der dualen Ausbildung hat Corona nicht gebrochen: 71 Prozent der befragten Azubis erhielten mehr als ein Ausbildungsplatzangebot. Knapp zwei Drittel haben einen Ausbildungsplatz in ihrem Wunschberuf gefunden.

Angehende Azubis wünschen sich echte Informationen

Allerdings zeigen sich die jungen Menschen wenig zufrieden mit den Informationen, die ihnen die Unternehmen in der Bewerbungsphase zur Verfügung stellen. So wollen zwei Drittel schon im Vorfeld auf der Karriereseite über die Verdienstmöglichkeiten nach der Übernahme informiert werden. Aber nur sechs Prozent der Ausbildungsbetriebe stellen diese Informationen zur Verfügung.

Insbesondere bei den Arbeitsinhalten gibt es große Abweichungen zwischen den Informationen in der Bewerbungsphase und der späteren Ausbildungswirklichkeit. Nur ein Drittel der Azubis gibt an, dass diese voll und ganz dem entsprechen, was zuvor angekündigt wurde.

Erwartungen werden selten erfüllt

Auch beim Azubi-Marketing treffen die Ausbildungsbetriebe die Erwartungen der jungen Menschen nicht richtig: Die Azubis von morgen googeln nach Ausbildungsangeboten. Zwei Drittel wären über Suchmaschinen-Anzeigen gut erreichbar. Jedoch schalten aktuell nur elf Prozent der Betriebe Google-Anzeigen, um ihre Ausbildungsangebote bekannt zu machen.


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