Um negative Folgen nach der durch die Entscheidung des BGH (Volkswagen)[1] hervorgerufenen Rechtsunsicherheit zu verhindern, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales (BMAS) eine Kommission eingesetzt, die mit der Erarbeitung eines Gesetzesvorschlags zur Vergütung von Betriebsräten beauftragt wurde. Im November 2023 hat sodann das Bundeskabinett das "Zweite Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes" verabschiedet, mit dem die Vorschläge der Kommission nahezu wörtlich übernommen wurden. Die Gesetzesänderung, die voraussichtlich im März 2024 verkündet wird, sieht folgende Ergänzungen der §§ 37 Abs. 4 und 78 BetrVG vor:

  • In § 37 Abs. 4 BetrVG wird klargestellt, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung der mit dem Betriebsrat vergleichbaren Arbeitnehmer die Übernahme des Betriebsratsamts ist. Eine Neubestimmung der Vergleichsgruppe nach der Amtsübernahme kann bei Vorliegen eines sachlichen Grundes geboten sein.

    Die Betriebsparteien können Betriebsvereinbarungen zum Verfahren bei der Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer abschließen als auch konkrete Vergleichspersonen in Textform einvernehmlich festlegen. Diese Vereinbarungen sind – soweit sie sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen halten – nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfbar. Hiermit soll den Betriebsparteien ein Spielraum bei den Festlegungen und ein Anreiz für die Schaffung transparenter, einvernehmlicher Regelungen eröffnet werden.

  • Eine Ergänzung des Benachteiligungs- und Begünstigungsverbots in § 78 Satz 2 BetrVG regelt nunmehr, dass eine über die der Vergleichsgruppe nach § 37 Abs. 4 BetrVG hinausgehende Vergütung angemessen ist, wenn das Betriebsratsmitglied die dafür erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt ist.

Die Gesetzesbegründung hält einige hilfreiche Hinweise für die Bemessung der Betriebsratsvergütung in der Praxis bereit:

  • Fehlen im Betrieb Vergleichspersonen, können solche eines anderen Betriebs herangezogen werden. Wenn auch diese fehlen, ist auf die betriebsübliche Entwicklung der nächstvergleichbaren Arbeitnehmergruppen abzustellen.
  • Ein anderer Zeitpunkt als die Amtsübernahme kann für die Bestimmung vergleichbarer Arbeitnehmer maßgeblich sein, wenn sich die tatsächlichen Umstände geändert haben, z. B. bei einem beruflichen Aufstieg des Betriebsratsmitglieds.
  • Die Gruppe der ausgewählten Vergleichspersonen muss hinreichend groß sein, um repräsentativ zu sein. Die bislang übliche Auswahl von 2–3 Vergleichspersonen könnte somit im Fall des Vorhandenseins einer Vielzahl vergleichbarer Arbeitnehmer nicht ausreichend sein.
  • Der berufliche Aufstieg eines Betriebsratsmitglieds ist – auch im Fall einer vollständigen Freistellung – nicht begünstigend, wenn die Beförderung an die Besetzung einer konkreten freien Stelle anknüpft. Eine (fiktive) Beförderung auf eine besetzte Stelle stellt daher regelmäßig eine Begünstigung des Betriebsratsmitglieds dar.
  • Im Laufe der und durch die Betriebsratstätigkeit erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten sind zu berücksichtigen, soweit sie für die konkrete Stelle karriere- und vergütungsrelevant und Ergebnis eines individuellen persönlichen Lernprozesses sind. Ein Verhandeln des Betriebsratsmitglieds mit Vorständen und Managern "auf Augenhöhe" darf nicht berücksichtigt werden, weil darin eine unzulässige Anknüpfung an die Betriebsratstätigkeit läge.
 
Hinweis

Inkrafttreten

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 15.12.2023 keine Einwendungen gegen den Regierungsentwurf erhoben. Ob die Gesetzesänderung mit den dargestellten Inhalten in Kraft treten wird, bleibt aber weiterhin abzuwarten. Der Entwurf muss Anfang 2024 im Bundestag und Bundesrat beraten werden. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

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