Das Bundeskabinett hat am 1.11.2023 einen Regierungsentwurf für ein "Zweites Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes" verabschiedet.[1] Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 15.12.2023 keine Einwendungen hiergegen erhoben. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Aufgrund der in der Praxis entstandenen Rechtsunsicherheiten durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10.1.2023[2] zur Frage der Untreue aufseiten des Arbeitgebers bei Verstößen gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot nach § 78 Satz 2 BetrVG soll eine Anpassung der gesetzlichen Vorschriften erfolgen. Betriebsratsmitglieder dürfen nach § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Das gilt auch für ihre berufliche Entwicklung einschließlich des Arbeitsentgelts. Das Benachteiligungsverbot wird ergänzt durch einen Mindestvergütungsanspruch. Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Arbeitsentgelt nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung. Dabei wird aber am Ehrenamtsprinzip des § 37 Abs. 1 BetrVG festgehalten. Die Gesetzesänderung dient dazu, den Betriebsparteien etwas mehr Spielraum bei der Festlegung von Vergleichsgruppen für die betriebsübliche berufliche Entwicklung zu geben und auch persönliche Qualifikationen, die ein Betriebsratsmitglied im Laufe seiner Amtszeit erworben hat, bei einem fiktiven Beförderungsanspruch zu berücksichtigen.[3]

§ 37 Abs. 4 BetrVG werden folgende Sätze angefügt:

"Zur Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer nach Satz 1 ist auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts abzustellen, soweit nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt. Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden; Gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist."

§ 78 wird folgender Satz angefügt:

"Eine Begünstigung oder Benachteiligung liegt im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt nicht vor, wenn das Mitglied einer in Satz 1 genannten Vertretung in seiner Person die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt."

Ob durch die Änderung tatsächlich mehr Klarheit bei der Vergütung von insbesondere langjährig freigestellten Betriebsratsmitgliedern, vor allem im Hinblick auf hypothetische Beförderungsansprüche geschaffen wird, bleibt abzuwarten. Eine höhere Vergütung von Betriebsräten allein wegen der Ausübung des Betriebsratsamts bleibt weiterhin verboten. Die bei Großunternehmen anzutreffende Praxis, Betriebsratsmitglieder in herausgehobener Position allein deswegen wie Manager zur vergüten, bleibt untersagt.

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