Internationaler Vergleich: Wie gut sind deutsche Trainee-Programme?
Gleich drei aktuelle Studien von den Wissenschaftlern Christine Wegerich, Norbert Thom und Kerstin Nesemann ergeben zusammen einen erstmaligen internationalen Vergleich von Traineeprogrammen: Sie haben eine Befragung von 545 deutschen oder in Deutschland operierenden Unternehmen, eine Umfrage unter 552 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum sowie unter 406 internationalen Unternehmen, die nicht ihren Hauptsitz in Deutschland haben, durchgeführt.
Aus den Ergebnissen lässt sich einerseits ableiten, wie deutsche Traineeprogramme im Vergleich zu Programmen in internationalen Unternehmen dastehen. Andererseits lassen sich daraus Schlussfolgerungen für wesentliche Erfolgsfaktoren in der Durchführung der Programme ableiten. Christine Wegerich und Norbert Thom fassen beides im Folgenden zusammen. Sie haben ihre Studien auf Grundlage der folgenden Begriffsdefinition aufgebaut:
Im deutschsprachigen Raum steht der Begriff Traineeprogramm für ein "Förder- und Entwicklungsprogramm von besonders qualifizierten Hochschulabsolventen als Nachwuchskräfte". (nach Christine Wegerich, Handbuch Traineeprogramme, 2013).
Zielsetzung von Traineeprogrammen
Die Einbindung von Traineeprogrammen in eine strategische Personalentwicklung ist für den Erfolg solcher Entwicklungskonzepte entscheidend. Nur so kann ein Programm einen Beitrag zur Sicherung von Nachwuchskräften für das Unternehmen leisten. Bei 33,6 Prozent der befragten Unternehmen gibt es eine strategische Nachfolgeplanung; 22,6 Prozent planen eine strategische Einbindung und 15,3 Prozent haben keinen strategischen Ansatz. Im internationalen Vergleich bestätigten 62,16 Prozent der Unternehmen die Frage nach einer strategischen Nachfolgeplanung.
Wenn die deutschen Unternehmen strategische Ziele verfolgen, ist dies zu 27,0 Prozent eine "Entwicklung und Qualifizierung" zu ermöglichen. Internationale Unternehmen setzen diesen Aspekt an die zweite Stelle (15,69 Prozent). Eine "Nachwuchssicherung und -planung" wird von 20,6 Prozent der deutschen Unternehmen genannt (international ist das der wichtigste Grund für die Umsetzung: 24,51 Prozent). Besonders hervorzuheben ist, dass in international ausgerichteten Unternehmen an dritter Stelle das Thema der "Globalisierung" mit 12,75 Prozent steht und im Vergleich in den deutschen Unternehmen diese Zielsetzung mit Traineeprogrammen nur von 4,0 Prozent verfolgt wird.
Auswahl und Beurteilung der Teilnehmer
Zur Zielsetzung gehört auch die Frage, wer mit dem Traineeprogramm überhaupt angesprochen werden soll. 41,6 Prozent der deutschen Unternehmen bieten Bachelorabsolventen die Möglichkeit zur Teilnahme an. Bei 6,6 Prozent der Befragten ist ein höherwertiger Hochschulabschluss Voraussetzung. In 48,65 Prozent der international tätigen Unternehmen können Bachelorabsolventen an den Nachwuchsentwicklungsprogrammen teilnehmen, bei 21,62 Prozent der Befragten ist ein Masterabschluss zwingend erforderlich.
Die Beurteilung wird in deutschen Unternehmen von einem (Fach-) Vorgesetzten (37,3 Prozent) durchgeführt; in internationalen Unternehmen von Mitarbeitern aus dem Personalbereich (31,91 Prozent). In rund 30 Prozent aller Unternehmen übernimmt diese Beurteilung der Mentor (deutsche Unternehmen 28,8 Prozent; internationale Unternehmen 27,66 Prozent).
Bausteine der Personalentwicklungsprogramme
In der Unternehmenspraxis haben sich folgende Kompetenzfelder für ein erfolgreiches Lernen herauskristallisiert: Businessorientierung, fachliche und methodische Kompetenzen sowie persönliche Lernfelder. Erreicht werden diese Lernziele durch das Angebot von Projektarbeit (31,1 Prozent bei deutschen Unternehmen sowie bei zehn Prozent der internationalen Unternehmen).
Evaluation im Rahmen der Nachwuchsentwicklung
Der vollständige Prozess einer strategischen Personalentwicklung sieht zwingend eine Evaluation der eingesetzten Instrumente vor. Hervorzuheben ist hier, dass gerade im internationalen Umfeld fast die Hälfte der Unternehmen (48,65 Prozent) den Lernerfolg misst im Gegensatz zu 27,7 Prozent der deutschen Unternehmen. Keine Evaluation führen 9,5 Prozent der deutschen Unternehmen sowie 2,7 Prozent international tätiger Firmen durch.
Als Instrument zur Erfolgsmessung werden Feedbackgespräche geführt (28,6 Prozent der deutschen sowie 23,81 Prozent der internationalen Unternehmen). Daneben dienen zumeist Fragebögen zur Evaluation (16,7 Prozent der deutschen sowie 19,05 Prozent der internationalen Unternehmen).
Erfolgsfaktoren von Traineeprogrammen
Um die Entwicklungsprogramme erfolgreich zu gestalten, sollte sich die Geschäftsführung aktiv in einen Austausch mit den Teilnehmern begeben, um so den Teilnehmern ein Verständnis für die Unternehmensstrategie sowie von wirtschaftlichen Zusammenhängen zu vermitteln.
Daneben lassen sich weitere fünf zentrale Erfolgsfaktoren für Traineeprogramme ableiten: So ist es entscheidend, eine regelmäßige Beurteilung der Teilnehmer im Programmablauf zu implementieren. Das geschieht idealerweise durch eine Einbindung der Trainees in das Beurteilungssystem der Führungskräfteentwicklung.
Während des Programms wechseln die Teilnehmer im Laufe ihrer Ausbildung in verschiedene Fachabteilungen. Um diese Einbindung und das Lernen zu optimieren, sollte der Trainee in reale Teams und in die betrieblichen Projektgruppen integriert werden. Da jedoch gerade die Fachvorgesetzten in der Praxis unter einer zeitlichen Überlastungen stehen, liegt hier eine der weiteren Herausforderung.
Es zeigt sich in der Unternehmenspraxis, dass gerade die Übergangsphase nach dem Traineeprogramm eine Herausforderung darstellt. Um diese Phase erfolgreich zu gestalten, werden in deutschen Unternehmen interessante und anspruchsvolle Ziel- beziehungsweise Führungspositionen (21,9 Prozent) aufgezeigt, die Ehemaligen in die Karriereplanung (16,7 Prozent) sowie in bestehende Netzwerke (10,5 Prozent) eingebunden.
Erfolgsfaktoren im Überblick
- Regelmäßige Beurteilung der Teilnehmer im Programmablauf und Einbindung in das Beurteilungssysteme der Führungskräfteentwicklung
- Integration der Trainees in reale Teams und in die betrieblichen Projektgruppen.
- Zeitlicher Einsatz der Fachvorgesetzten für den Know-how-Transfer.
- Bewusste Gestaltung der Übergangsphase nach Ende des Traineeprogramms.
- Kontinuierliche Fortführung eines Traineeprogramms.
Über die Autoren:
Christine Wegerich ist Professorin für Personalentwicklung und -management an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt.
Norbert Thom ist emeritierter Professor für Organisation und Personal der Universität Bern.
Hinweis: Wie gut die Lufthansa Group ihr Traineeprogramm umsetzt, haben die Autoren ebenfalls auf Grundlage ihrer Studien untersucht. Das Ergebnis lesen Sie im Personalmagazin, Ausgabe 06/2015. Wenn Sie sich die Personalmagazin-App herunterladen, können Sie den Artikel gleich online auf Ihrem Tablett lesen.
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