MBAs zum Schnäppchenpreis
Ihr Wissen aus dem Studium war ein wenig eingerostet. Zeit, es wieder aufzufrischen, dachte sich Marta Balbastre Zuriaga. Die Spanierin, verantwortlich für das Nachfragemanagement der Kunden in Deutschland und Österreich bei Mars, entschied sich zunächst für das Programm "The Power MBA" (Lesen Sie dazu auch ihr Porträt aus dem Sonderheft "Personalmagazin Business Schools 2025"). 2017 gründeten Borja Adanero Guinea und Rafael Gozalo Corral, beide Absolventen der IE Business School in Madrid, gemeinsam mit Hugo Arévalo das gleichnamige Unternehmen. Sie starteten mit einem spanischsprachigen Programm. Seit 2020 gibt es das Ganze auch auf Englisch.
Inzwischen hat sich das ehemalige Startup etabliert, in "The Power Business School" umbenannt und "MBAs" mit verschiedenen Schwerpunkten lanciert. Das Konzept ist gleichgeblieben: 15-minütige Videolektionen von erfolgreichen Gründern und Führungskräften, die Teilnehmende im eigenen Tempo ansehen können – zu einem günstigen Preis. Los geht es bei 999 Euro für den "The Power MBA", der allgemeines Businesswissen vermittelt. Rund 80 Stunden sind dafür zu investieren. Wer täglich etwa 15 Minuten oder etwas mehr einplant, schafft das in zehn Monaten. Andere Fachrichtungen dauern länger: 95 Stunden für "The Power Digital Marketing" oder 165 Stunden für eine Kombination beider Schwerpunkte. Letztere erhältlich für 500 Euro mehr. Dafür gibt es ein Zertifikat – kein echter MBA-Abschluss, aber für viele dennoch attraktiv: Laut eigener Angaben hat das Unternehmen bereits 200.000 Studierende und Alumni weltweit.
Günstige MBA-Alternativen sind gefragt
Die hohe Nachfrage nach günstigen MBA-Alternativen ist ein allgemeiner Trend. Ein MBA gilt weiterhin als angesehener Abschluss – doch er ist für viele schlicht zu teuer. Finanzielle Hürden bremsen laut der Studie "Tomorrow’s MBA" von Carrington Crisp und EFMD das Interesse – vor allem wegen steigender Lebenshaltungskosten und wirtschaftlicher Unsicherheit. 30 Prozent der 1.908 befragten Studieninteressierten aus 37 Ländern halten die Gebühren klassischer MBA-Programme für unerschwinglich. Ähnlich viele zweifeln daran, ob sich die Investition lohnt. Ein Viertel beklagt fehlende Stipendien oder mangelnde Unterstützung. Jeder Fünfte sorgt sich um die Rückzahlung von Studienkrediten.
Das spiegelt sich im starken Interesse an günstigen MBA-Alternativen. The Power MBA hat in diesem Segment aber nicht mehr die Nase vorn. Besonders viel Aufmerksamkeit erhält derzeit ein anderer Anbieter: Coursera. 50 Prozent der Befragten kennen das MBA-Angebot der globalen Onlinelernplattform und ziehen es für sich in Betracht – The Power MBA landet mit 49 Prozent knapp dahinter. Erst mit Abstand folgen Quantic (39 Prozent), EDX/2U (38 Prozent) und Abilitie (32 Prozent).
Große Unterschiede bei günstigen MBA-Abschlüssen
Eine Suche auf der Coursera-Plattform ergibt vier MBA-Abschlüsse – allesamt vollwertige Studiengänge. Diese Programme entstehen in Kooperation mit Business Schools, deren Lehrkräfte die Kurse unterrichten. Unterschiede gibt es trotzdem: bei Zulassung, Flexibilität, Dauer und Preis. Da ist etwa der Executive MBA des Indian Institute of Technology Roorkee (Indien): zwei Jahre, vollständig online, mehr als 55 Wahlfächer, volle Flexibilität bei der Dauer (24 bis 60 Monate). Mit 73 Credits und Preisen zwischen 12.755 und 15.330 Dollar ist es ein akademisch solider Abschluss mit Alumni-Status einer anerkannten technischen Hochschule – zu einem Bruchteil der üblichen Kosten. Oder der MBA in Business Analytics der O.P. Jindal Global University (ebenfalls Indien): Für 2.400 Dollar erhalten Studierende in zwölf bis 24 Monaten einen vollwertigen MBA mit Fokus auf datengetriebene Entscheidungsfindung – praxisnah und ohne Reiseverpflichtungen. Auch auf der Liste: der MBA des Illinois Institute of Technology (USA), für den kein Bewerbungsverfahren, aber ein Bachelorabschluss nötig ist. 36 Credits zu je 417 Dollar – macht rund 15.000 Dollar insgesamt. Wer bereits Coursera-Kurse absolviert hat, kann sich Inhalte anrechnen lassen und zusätzlich sparen.
Das renommierteste Angebot auf Coursera ist das iMBA-Programm des Gies College of Business an der University of Illinois – eine der besten Business Schools der Welt. Mit 26.136 Dollar liegt es preislich schon in einer anderen Liga. Doch die Kosten sind relativ. Der frühere Gies-Dekan Jeffrey Brown brachte es gegenüber Poets & Quants auf den Punkt: "Wir verkaufen einen Tesla zum Preis eines Hyundai." In 24 bis 36 Monaten erwerben Studierende online 72 Credits, nehmen an Live Sessions mit Professoren teil und arbeiten in Gruppenprojekten zusammen. Gies ermöglicht es, das Programm in kleinen Schritten zu absolvieren – etwa durch einzelne Kurse oder Pakete mit drei Kursen, die zu Spezialisierungen zusammengefasst und auf den Abschluss angerechnet werden. Auch das Wahlfachangebot ist umfangreich.
Wo MBA draufsteht, ist vieles drin
Coursera tritt bei diesen Angeboten als Werbepartner auf – mit dem Ziel, mehr Studierende zu gewinnen. Zudem vermittelt die Plattform gelegentlich Stipendien oder stellt die Infrastruktur für Kurse bereit, etwa beim iMBA oder IIT Roorkee. Lernende nutzen Coursera-Funktionen wie interaktive Videotranskriptionen, kursinterne Notizen und geräteübergreifendes Lernen.
Im preisgünstigen MBA-Segment ist die Konkurrenz groß – und meist deutlich billiger. Doch oft handelt es sich nicht um vollwertige Studiengänge. Eine Ausnahme: Quantic. 2013 gründeten Tom Adams, der einen MBA von Insead mitbrachte, Alexie Harper und Ori Ratner – alle früher bei Rosetta Stone – das Unternehmen Pedago. Quantic, heute das Flaggschiff von Pedago, hat einen MBA und einen Executive MBA in der Studienprogrammpalette. Ursprünglich war der MBA kostenlos und in zehn Monaten zu absolvieren. Hier hat Quantic nachjustiert: Inzwischen dauert das Studium 13 bis 15 Monate und kostet 950 Dollar pro Monat.
Den günstigen Preis finanziert die Schule durch das sogenannte Flipped-Tuition-Modell: Unternehmen zahlen eine Gebühr für die Rekrutierung von Studierenden aus dem QuanticTalentpool. Die Kurse stehen als kompakte Lerneinheiten in der App zur Verfügung. Dafür beschäftigt Quantic Autoren, Redakteure und Entwickler – und kooperiert mit Professoren renommierter Business Schools. Die Lern-Kohorten folgen einem strukturierten Lehrplan und ackern sich gemeinsam durch Fallstudien und Gruppenprojekte auf einer Peer-Learning-Plattform. Teilnahmevoraussetzungen: ein Hochschulabschluss (mindestens Bachelor), Berufserfahrung und ein Zulassungsinterview. Anfang 2020 erhielt Quantic die Akkreditierung der Distance Education Accrediting Commission (DEAC).
Selbst die Bildungsplattform EDX bietet zusammen mit Get Smarter, beides Tochterunternehmen des US-amerikanischen Bildungsunternehmens 2U, aktuell nur ein MBA-Angebot mit Zertifikat: die LSE MBA Essentials. Denn eine Werbepartnerschaft für einen Online-MBA mit Questrom (Boston University) endete 2024. Trotz des Namens handelt es sich bei den "MBA Essentials" nicht um einen vollwertigen MBA. Eine formale Zulassung ist nicht nötig. Der Kurs hält jedoch einen fundierten Einstieg in zentrale MBA-Inhalte bereit. In zehn Wochen à acht bis zehn Stunden lehren LSE-Dozierende Schlüsselkompetenzen in Strategie, Führung und Finanzanalyse. Die Kursgebühr: 4.546 Euro.
Auf der Mini-MBA-Welle
In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe solcher Programme entstanden, die als "Mini-MBAs" vermarktet werden. Sie sollen nicht unbedingt den traditionellen MBA-Abschluss ersetzen, sondern vielmehr Elemente der MBA-Ausbildung für ein breiteres Publikum öffnen. Mini-MBAs verdichten betriebswirtschaftliche Kernthemen auf das Wesentliche. Berufstätige erhalten so Einblicke in Unternehmensführung, ohne sich für ein vollständiges MBA-Studium verpflichten zu müssen.
Die Studie "Tomorrow´s MBA" listet sieben Mini-MBAs auf. Befragte sollten angeben, ob sie die Angebote kennen und ob sie diese für sich in Betracht ziehen würden. Mehr als 60 Prozent der Befragten waren mit jedem der aufgeführten Mini-MBAs vertraut. Das Marketing-Week-Programm von Mark Ritson erhielt die größte Zustimmung: 42 Prozent der Befragten halten es für eine interessante Option – trotz vergleichsweise geringer Bekanntheit. Dicht dahinter folgen Rutgers Business Essentials (41 Prozent) sowie die Programme von LSE und PWC (jeweils 39 Prozent). Weniger bekannt sind Angebote wie Brunchwork und Pepperdine Graziadio – 40 Prozent der Befragten gaben an, diese nicht zu kennen. Von Birkbeck hatten 36 Prozent noch nie gehört.
Die Unterschiede zwischen den Programmen liegen vor allem im Hintergrund der Anbieter. Viele bringen akademische Erfahrung mit, vertreiben ihre Kurse aber über unabhängige Plattformen. So etwa der Mini-MBA in Marketing, den Mark Ritson, Marketingexperte und ehemaliger Hochschullehrer, über Marketing Week vertreibt – on demand, praxisorientiert, mit Alumni-Netzwerk und Live-Q&As. Rutgers Business Essentials lassen sich in einer Woche kompakt oder über zwölf Wochen flexibel absolvieren. Besonderheit: Neben einem Zertifikat erhalten Teilnehmende auch Leistungspunkte, die auf ein späteres Studium angerechnet werden können. Der PWC Mini MBA verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz mit Live Sessions und starkem Praxisbezug. Preislich liegen alle unter dem Angebot der LSE: Rutgers kostet 3.495 Dollar, PWC 2.700 Euro, Mark Ritson 2.279 Euro plus Steuern.
Abilitie vermarktet sein MBA-Angebote zwar nicht explizit als Mini-MBA, spielt aber in derselben Liga: Seit der Gründung 2015 hat sich das US-Unternehmen auf Führungskräfteentwicklung spezialisiert. Es ging aus dem Ed-Tech-Unternehmen Enspire Learning hervor, das 2001 von Harvard-Absolvent Bjorn Billhardt gegründet wurde. Abilitie setzt auf simulationsbasierte Lernformate. Das Flaggschiffprogramm, The 12-Week MBA, kostet 2.350 Dollar und richtet sich an Führungskräfte. In zwölf Wochen vermittelt es Schlüsselkompetenzen in Strategie, Finanzanalyse, Teamführung und Entscheidungsfindung. Dafür sollten Teilnehmende wöchentlich rund sechs Stunden im virtuellen Klassenzimmer einplanen – plus Vorbereitung und Projektarbeit. Die Dozierenden sind erfahrene Praktikerinnen und Praktiker, begleiten den Lernprozess mit gezieltem Feedback und konkreten Einblicken aus dem Berufsalltag.
Abstriche beim Networking
Diese Vielfalt zeigt: Der MBA ist demokratischer geworden. Heute gibt es Programme für wenige Hundert bis mehrere Zehntausend Euro – mit ganz unterschiedlichen Inhalten, Formaten und Anforderungen. Das hat Vor- und Nachteile. Einerseits eröffnet die Vielfalt mehr Menschen den Zugang zu hochwertiger Weiterbildung. Andererseits droht die Verwässerung der Marke "MBA", wenn Qualität, Betreuung und Lernziele zu stark auseinanderdriften.
Studieninteressierte müssen deshalb genauer hinsehen: Was ist das Ziel der Weiterbildung? Welche Inhalte und Abschlüsse sind entscheidend? Und wie steht es um die Zertifizierung des Anbieters? Einfach nach erschwinglichen MBA-Programmen googeln – das kann gründlich schiefgehen. Denn ob es sich um verifizierte Programme handelt oder nur um gutes, vielleicht sogar gekauftes SEO-Marketing, zeigt sich oft erst bei genauer Recherche.
Besonderes Augenmerk sollte den Vernetzungsmöglichkeiten gelten. Während klassische MBA-Programme mit direktem Austausch vor Ort und starken Alumni-Netzwerken voller Führungskräfte punkten, setzen Alternativanbieter meist auf virtuelle Kontaktpflege. Das iMBA-Programm der University of Illinois etwa beinhaltet Onlinegruppenarbeiten, Live Sessions mit Professoren und eine kohortenbasierte Community mit Kleingruppenkommunikation. Optional können Studierende an Campusveranstaltungen wie der iConverge teilnehmen – einem dreitägigen Event mit Breakout Sessions zu Wirtschaftsthemen und Sportereignissen, etwa einem Fußballspiel. Quantic baut auf Peer-Learning-Plattformen, Fallstudienarbeit in Kleingruppen und internationale Konferenzen mit Präsenztreffen in Städten wie Dublin oder Washington. Auch Coursera-Programme fördern Networking – durch projektbasiertes Lernen und optionale digitale Karriere-Events. Mini-MBAs wie die von Mark Ritson oder PWC fördern die Vernetzung auf Alumni-Plattformen, monatliche Q&A-Sessions und interaktive Liveveranstaltungen mit internationalen Teilnehmenden. PWC betont den branchenübergreifenden Austausch in Europa.
Beim Power MBA bleibt der Austausch meist auf lokale Meetups und digitale Speed Networkings beschränkt. Marta Balbastre Zuriaga von Mars fand die Inhalte als Auffrischung nützlich, wollte aber mehr. "Mir hat der persönliche Austausch gefehlt." Sie sattelte später noch einen berufsbegleitenden Präsenz-MBA an der Kühne Logistics University in Hamburg oben drauf, für 33.000 Euro.
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