"Ich hörte die ganze Zeit Lachen aus dem Seminarraum. Da wusste ich, dass es ein gutes Seminar ist." So lautete das Statement einer Kundin, die eine Schulung beauftragte. Das größte Lob am Ende eines Trainings sind oft Sätze wie diese: "Es war kurzweilig", "Die Zeit ist schnell vergangen."
Popcorn-Trainings liegen in der Gunst von Schulungsteilnehmenden ganz oben. Trainerinnen und Trainer sind dafür beliebt und begehrt. Und für diese Kunst haben sie auch meinen vollen Respekt. Doch können diese Fachkräfte auch Lerntransfer und Wirkung schaffen? Wie gut kennen und nutzen sie dazu die Befunde aus der Forschung? Denn am Ende geht es doch um die Umsetzung des Gelernten und die Leistungsverbesserung.
Erstaunlicherweise gibt es zu dieser Frage tatsächlich nur wenige Studien. Besonders zwei betrachten das Thema umfangreich, weshalb ich hier den Blick auf sie lenken möchte.
Wie steht es um das Wissen aus der Lerntransferforschung?
Die erste Studie "Identifying trainers’ knowledge of training transfer research findings – closing the gap between research and practice" ist schon fast 20 Jahre alt und stammt von Holly M. Hutchins, University of Houston und Lisa A. Burke, University of Tennessee at Chattanooga. Die Autorinnen entwickelten einen Test mit 32 Aussagen, die die empirisch abgesicherten Befunde aus der Lerntransferforschung widerspiegelten. Diese betrafen die Bereiche "Eigenschaften der Lernenden", "Trainingsdesign" und "Arbeitsumgebung", aber auch Wissen zum Thema Evaluation. Die insgesamt 139 teilnehmenden Mitglieder eines regionalen Chapters der American Society for Training & Development (ASTD) mussten dann angeben, ob eine Aussage richtig oder falsch ist bzw. ob sie sich unsicher waren. Eine wahre Aussage lautete z. B.: "Schulungsteilnehmende, die die Gelegenheit bekommen, ihre Fertigkeiten am Arbeitsplatz zu üben, erzielen mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Transfererfolg." Eine falsche Aussage war: "Wie Schulungsteilnehmende das organisationale Transferklima wahrnehmen, hat nur einen minimalen Einfluss auf den Transfererfolg."
Insgesamt zeigte die Studie, dass die Befragten im Durchschnitt 25 der 32 Aussagen (78 Prozent) richtig beantworteten. Die Bandbreite betrug zwischen 18 (56,3 Prozent) bis 31 (96,9 Prozent) richtigen Antworten. Tendenziell besser schnitten Trainerinnen und Trainer ab, die eine formale Trainerqualifizierung hatten, einen höheren Bildungshintergrund und eine höhere Position im Unternehmen. Die größten Lücken betrafen Wissen rund um "Eigenschaften der Person" und "Evaluation". So sagten nur 33 Prozent der Befragten richtigerweise, die Aussage sei wahr, dass Schulungsteilnehmende mit hohen kognitiven Fähigkeiten (z. B. Intelligenz) einen größeren Transfererfolg erreichen. Oder nur fünf Prozent wussten, dass die Zufriedenheit mit einem Training kaum mit Transfererfolg zusammenhängt.
Vom Grundsatz her einen vergleichbaren Ansatz haben Alisha Koch, Doktorandin an der Universität Konstanz, und Susanne Wißhak, Professorin an der TU Kaiserslautern-Landau, verfolgt. Sie entwickelten 31 Testaussagen mit drei verschiedenen Beantwortungsformaten. In ihrer Veröffentlichung "Strengthening Trainers' Transfer Knowledge: An Intervention Study" kommen sie zu dem Befund, dass die 81 befragten Trainerinnen und Trainer rund 60 Prozent der möglichen Punktzahl von 56 Punkten erreichten und sich damit in allen drei der o. g. Bereichen Wissenslücken zu den Befunden aus der Transferforschung zeigten: "Eigenschaften der Lernenden", "Trainingsdesign" und "Arbeitsumgebung". Dem Autorenduo ging es aber nicht nur darum, die Lücken aufzuzeigen. Vielmehr konnten sie mit einem Experimental- und Kontrollgruppen-Versuch signifikant aufzeigen, dass sich die Wissenslücken mit einem strukturierten 5-Wochen-Programm schließen lassen. Dies umfasste Online-Meetings und Selbstlernphasen mit einem Arbeitsaufwand von rund 20 Stunden.
Überwindung der Forschungs-Praxis-Lücke
Insgesamt machen beide Studien deutlich, dass es noch Luft nach oben gibt. Trainerinnen und Trainer wissen oft noch zu wenig darüber, was wissenschaftlich abgesicherte Einflussgrößen für den Transfererfolg sind. Susanne Wißhak schafft hier Abhilfe: In ihrer Arbeit "Transfer in der berufsbezogenen Weiterbildung" hat sie im Rahmen ihrer systematischen Literaturreviews 19 Metaanalysen ausgewertet und macht deutlich, wie Lehrende mit ihrer Arbeit den Transfer positiv beeinflussen können. Sie kommt u. a. zu den folgenden Schlussfolgerungen:
- Transfermotivation fördern: Dies lässt sich im Vorfeld steuern, indem Teilnehmende entscheiden können, ob sie an einem Training teilnehmen wollen bzw. sich sogar für ein Training bewerben müssen. Auch hilfreich ist, sie bei der Auswahl und Gestaltung der Inhalte einzubinden. Zudem gilt es, den Nutzen und die Bedeutung der Trainingsinhalte für die Praxis aufzuzeigen.
- Selbstwirksamkeit fördern: Teilnehmende erleben im Training den praktischen Nutzen, wenn sie Lerninhalte erfolgreich anwenden. Ihnen wird klar, wie ihnen das Gelernte in der Praxis wirklich hilft.
- Bedarfsgerechtes Trainingsdesign: Es erfolgt eine Bedarfsanalyse, damit die Inhalte passend zu den Teilnehmeranforderungen sind. Teilnehmende dürfen ihre Lernziele und auch das Trainingsformat mitbestimmen.
- Szenarien aus dem Alltag einsetzen, üben und Feedback geben: Gerade die Methode des Behaviour Modeling Trainings ist besonders transferwirksam. Teilnehmende üben Verhalten in Simulationen und bekommen Feedback. Nützlich ist, anhand positiver wie negativer Modelle zu lernen und eigene Szenarien einzubringen.
- Lernprozesse ermöglichen: Transferförderlich ist auch, wenn Teilnehmende über einen längeren Zeitraum neue Skills üben und Feedback bekommen. Blockveranstaltungen sind wenig tauglich.
Fazit
Viele der evidenzbasierten Transferfaktoren können Trainerinnen und Trainer direkt beeinflussen. Wer solch ein Transferwissen anwendet, steigert die Wirkung. Checken Sie daher als L&D-Profis, inwiefern Ihre Trainingsanbieter wissenschaftlich fundiertes Know-how mitbringen und nicht nur kurzweilige Trainings machen können.
Prof. Dr. Axel Koch ist promovierter Diplom-Psychologe und arbeitet als Professor für Training und Coaching an der Hochschule für angewandtes Management in Ismaning (bei München). In seiner Forschung befasst sich Koch mit dem Thema Lerntransfer und nachhaltige Veränderung. Er hat über 30 Jahre Erfahrung als Personalentwickler, Trainer und Coach. Er steckt hinter dem Pseudonym "Richard Gris", unter dessen Namen 2008 das Buch "Die Weiterbildungslüge" erschien und hat die preisgekrönte "Transferstärke-Methode" entwickelt.