Kolumne zur Fußball-WM 2014: Wie viel hilft Berufserfahrung?

Fußball und HR: Hier gibt es viele Parallelen. Die Redaktion des Personalmagazins schaut die WM durch die HR-Brille an und berichtet aktuell. Heute mit der Kolumne zum Thema: Wie viel Berufserfahrung über die Leistung sagt.

Er könnte noch den Ronaldo-Rekord von 15 WM-Toren knacken, wenn er denn noch zum Einsatz kommt: Miro Klose. Mit seinen 36 Jahren auch schon mal als Fußball-Opa bezeichnet, verzeichnet er die größte Turniererfahrung im deutschen WM-Team. Er selbst, der 2001 zum ersten Mal in der deutschen Fußballnationalmannschaft gespielt hat, sagte schon im Vorfeld zum Auftaktspiel gegenüber der Leipziger Volkszeitung: "Ich glaube, Erfahrung ist schon was wert. Wenn man Spieler sieht wie Philipp Lahm oder Lukas Podolski, die haben ja auch schon recht viel Turniererfahrung und das ist für unsere Mannschaft wichtig." Für seinen Einsatz spreche seine Erfahrung, sagte er auch Welt.de noch vor dem Trainingslager in Südtirol. "Denn es gibt keinen, der so viel Turniererfahrung hat wie ich."

Erfahrene Schiris sollen die Spieler in Schach halten

Auch bei den Schiedsrichtern war es zu Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft zu Diskussionen über die Erfahrung gekommen. Beim ersten Spiel schrien die Kommentatoren und Moderatoren und Fußball-Experten neben den Moderatoren nach mehr Berufserfahrung: Warum denn die Fifa einen Schiedsrichter eingesetzt hätte, der so wenig Erfahrung hat? Warum nicht einen, der zumindest schon einmal ein Champions-League-Finale gepfiffen hat? Denn einem erfahrenen Schiedsrichter wäre es wohl nicht passiert, dass er den Elfmeter nach der Schwalbe des Brasilianers Fred gegeben hätte – so die einhellige Meinung.

Schiedsrichter kann man übrigens schon mit zwölf Jahren werden. Wer in die höheren Klassen aufsteigen will, muss aber – genau – Erfahrung sammeln. "Bis in die Bundesliga sollen mindestens sechs bis acht Jahre veranschlagt werden“, schreibt der Deutsche Fußballbund auf seiner Infoseite für den Schiedsrichternachwuchs.

Keine Stellenanzeige ohne Berufserfahrung

Ist die Berufserfahrung tatsächlich ein so großer Pluspunkt für Spieler und Schiedsrichter? Auch Personaler setzen gerne auf die Berufserfahrung. In Stellenanzeigen sind oft genaue Jahresangaben zur Berufserfahrung enthalten: Mindestens fünf Jahre Berufserfahrung im Bereich Anti-Diskriminierung/Diversity/CSR/NGO soll zum Beispiel der neue "CSR Programme Manager (Focus Euality, Anti-Discrimination)" bei der Fifa mitbringen. Und zwei bis fünf Jahre Erfahrung hätte gerne die Uefa für ihren neuen "Asset Management Assistant".

Und wer einen Lebenslauf vom Bewerber anfordert, möchte natürlich herausfinden, wie viel Berufserfahrung der Kandidat hat. Dabei wird meist auf die Dauer der Berufserfahrung gesetzt; sprich: Die Jahre im Beruf summiert. Nur leider sagt das gar nicht so viel über die künftige Leistung aus. Wie Professor Uwe Peter Kanning in seiner Kolumne schon zu bedenken gab, gibt es zwar einen positiven Zusammenhang zwischen Erfahrung und Leistung, der ist aber nicht allzu groß. Viel höher ist er, wenn man nicht die Dauer der Berufserfahrung, sondern deren Vielfalt heranzieht.

Viel Berufserfahrung heißt nicht gleich viel Leistung

Das lässt sich leicht nachvollziehen: Wenn ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit für ein paar Jahre absolviert hat, erreicht er – wenn er regelmäßig Feedback erhält – irgendwann sein Leistungsmaximum. Die Aufgabe ist dann zu Routine geworden. Um seine Leistung noch weiter zu steigern, müsste er auch neue Herausforderungen übernehmen. Bleibt er hingegen bei seiner Tätigkeit, gibt es kein Steigerungspotenzial mehr.

Dann heißt es sogar: Vorsicht, Betriebsblindheit droht! Innovative Ideen können blockiert werden, neues Know-how bleibt oft ungenutzt und die eigenen Fähigkeiten werden häufig überschätzt. Hinzu kommt: Für kreative Aufgaben ist Erfahrung meist nicht nötig. Dafür wäre es wichtig, dass man sich über die Jahre eine Problemlösestrategie aneignet, aber die Erfahrung allein verhilft noch nicht zu neuen Ansätzen.

Mehr als nur Erfahrung aufbieten

Im Berufsleben wird Arbeitserfahrung also oft überbewertet. Auch für Jogi Löw war allein die weitreichende Erfahrung seines Stürmers kein ausreichendes Argument für den Einsatz im WM-Spiel gegen Portugal. Den Torrekordhalter Ronaldo würde es freuen, wenn Klose weiterhin auf der Bank Platz nehmen müsste. Er hätte ihn sogar von vorneherein am liebsten verhext, wie Faz.net berichtet, damit der Torrekord in Brasilien bleibt.

Tipp: Zur WM-Zeit gibt es mehr als 70 Millionen Bundestrainer in Deutschland – jeder mit seiner eigenen Meinung. Zählen auch Sie dazu? Dann nutzen Sie unsere Kommentarfunktion unten.

Autorin: Kristina Enderle da Silva ist Redakteurin im Personalmagazin.