Kolumne Wirtschaftspsychologie

In den Sand gesetzt: KI in der Personalauswahl


In den Sand gesetzt: KI in der Personalauswahl

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Personalauswahl wird kontrovers diskutiert. Doch was steckt hinter den oft phantasievollen Versprechen der Software-Anbieter? Kolumnist Uwe P. Kanning wirft einen kritischen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und zeigt, wie Bewerberinnen und Bewerber KI-gestützte Verfahren bewerten.

Kaum eine Technologie wird unser Leben in den kommenden Jahrzehnten mehr verändern als der Einzug der Künstlichen Intelligenz (KI). Dies gilt sicherlich auch für die Personalauswahl. Inwieweit diese Veränderungen mehr Vor- als Nachteile mit sich bringen, muss die Zukunft zeigen. Vielleicht orientiert man sich in der Praxis dann ja auch mal an Forschungsergebnissen. Dies wäre die eigentliche Revolution. Denn der Einsatz von KI in der Personalauswahl wird bislang vor allem von Anbietern diverser Softwarelösungen und nicht von der Forschung getrieben.

Die phantasievollen KI-Versprechen der Software-Anbieter

Der Kreativität sind dabei offenkundig kaum Grenzen gesetzt. Manche Anbieter geben vor, mit ihrer Software aus einem herkömmlichen Anschreiben komplette Persönlichkeitsprofile zu erstellen. Die Tatsache, dass die meisten Anschreiben schon lang nicht mehr von den Bewerberinnen und Bewerbern selbst verfasst werden, trübt die Euphorie der Anbieter kaum. Wir dürfen gespannt darauf sein, wie valide die Auswahlentscheidungen einer KI sind, die KI-generierte Anschreiben deutet. Vielleicht sollte man dann doch lieber von vornherein die KI einstellen.

Tipp: Neue KI-Lösung CoPilot HR von Haufe

Der CoPilot HR ist Ihr persönlicher KI-Assistent rund um HR-Fragen. Er steht allen Kundinnen und Kunden im Haufe Personal Office zur Verfügung und bedient sich aus dessen rechtssicheren Fachinhalten. So erhalten Sie schnell und einfach eine individuelle Antwort zu Ihren spezifischen Problemstellungen. Mehr Infos erhalten Sie hier!
 
Melden Sie sich jetzt zum kostenlosen Webinar an und erfahren Sie, wie der CoPilot HR bei verschiedensten HR-Fragen unterstützt, Fristen berechnet und auf Wunsch auch Vorlagen und Dokumententwürfe generiert.

Andere Anbieter werden nicht müde, die Vorzüge der Künstlichen Intelligenz bei der Deutung der Sprache oder gar der Körpersprache im Einstellinterview zu lobpreisen. Ein ganz, ganz kleines Fünkchen Wahrheit ist an den Versprechen der Anbieter durchaus dran: In der Sprache beziehungsweise der Körpersprache eines Menschen spiegelt sich tatsächlich ein klein wenig die individuelle Persönlichkeit. Für eine sinnvolle Personalauswahl reicht dies aber keineswegs aus.

Neben der Frage, inwieweit KI-gestützte Auswahlverfahren überhaupt in der Lage sind, berufliche Leistung zu prognostizieren, könnten sich Arbeitgeber für die Wirkung der Technologie auf Bewerberinnen und Bewerber interessieren. Während die Frage nach der Validität in vielen Unternehmen nur selten gestellt wird – anders lässt sich kaum erklären, warum immer noch massenhaft unstrukturierte Vorstellungsgespräche durchgeführt werden –, gewinnt die zweite Frage in der Praxis zunehmend an Bedeutung. In Zeiten des Fachkräftemangels sorgt man sich zu Recht um das Bild, das ein Arbeitgeber nach außen vermittelt.

Wie KI-gestützte Personalauswahl auf Bewerber wirkt

Wer nun aber glaubt, dass der Einsatz Künstlicher Intelligenz insbesondere bei jungen Menschen auf große Begeisterung stößt und einen Arbeitgeber automatisch attraktiver erscheinen lässt, wird schnell eines Besseren belehrt. Eine aktuelle Studie geht der Frage nach, wie drei verschiedene Formen KI-gestützter Personalauswahl auf Bewerberinnen und Bewerber wirken:

  • CV-Parcing: Eine Software sichtet die Bewerbungsunterlagen und erstellt Persönlichkeitsprofile.
  • Video-Recruiting: Per Webcam beantworten Bewerberinnen und Bewerber schriftlich fixierte Fragen des Arbeitgebers. Anschließend analysiert eine Software das Kommunikationsverhalten und erstellt Persönlichkeitsprofile.
  • Roboter-Recruiting: Eine Software analysiert nicht nur die Bewerbungsunterlagen und lädt eigenständig zu einem Interview ein, sie führt auch gleich noch das Interview und ist sogar in der Lage, eigenständig Nachfragen zu stellen. Am Ende generiert die Software Persönlichkeitsprofile.

Auf den ersten Blick schneiden die KI-gestützten Methoden in der Bewertung durch die Bewerberinnen und Bewerber durchaus positiver ab. Dies gilt allerdings für die Imagedimension: Der Arbeitgeber wird als deutlich moderner wahrgenommen, im Vergleich zu Arbeitgebern, die herkömmliche Methoden einsetzen.

In allen anderen Bereichen führt der Einsatz künstlicher Intelligenz zu einer signifikant schlechteren Bewertung. Der Arbeitgeber wird insgesamt als weniger attraktiv eingeschätzt. Die Befragten sind weniger geneigt, sich bei ihm zu bewerben. Sie akzeptieren jede der KI-gestützten Methoden signifikant weniger als eine herkömmliche Sichtung der Bewerbungsunterlagen sowie ein Einstellungsgespräch. Darüber hinaus halten sie alle KI-gestützten Methoden für ethisch fragwürdig.

Schöne neue Welt!


Der Kolumnist  Prof. Dr. phil. habil. Uwe P. Kanning ist seit 2009 Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Seine Schwerpunkte in Forschung und Praxis: Personaldiagnostik, Evaluation, Soziale Kompetenzen und Personalentwicklung.

Schauen Sie auch einmal in den  Youtube-Kanal "15 Minuten Wirtschaftspsychologie" hinein. Dort erläutert Uwe P. Kanning zum Beispiel zusammenfassend, wie Sie gute von schlechten Testverfahren unterscheiden warum Manager scheitern, wie ein Akzent die Bewertung von Bewerbern beeinflusst oder wie "smart" gesetzte Ziele für eine Leistungssteigerung sein müssen.


0 Kommentare
Das Eingabefeld enthält noch keinen Text oder nicht erlaubte Sonderzeichen. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingabe, um den Kommentar veröffentlichen zu können.
Noch keine Kommentare - teilen Sie Ihre Sicht und starten Sie die Diskussion