BMF, 22.01.1998, IV B 2 - S 2170 - 6/98

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Zertifizierungsaufwendungen nach ISO 9001 - 9003 folgendes:

ISO 9000 ff. ist ein System zur Sicherung, Verbesserung und Zertifizierung des Qualitätsmanagements eines Unternehmens. Es dient der lückenlosen Qualitätskontrolle zu Beginn, während und am Ende eines Produktions- oder Dienstleistungsprozesses, trägt zur Steigerung der Effizienz des Unternehmens durch Standardisierung und Vereinfachung der betrieblichen Abläufe (unternehmensbezogene Qualität des Personals, optimales Zeitmanagement, bestmögliche Organisation) sowie zur Entwicklung neuer Dienstleistungen bei. Darüber hinaus kann sich das Unternehmen einer externen unabhängigen Prüfung unterziehen mit dem Ziel eines Zertifikats, womit das eingerichtete Qualitätsmanagementsystem nach außen dokumentiert werden kann. Die Zertifizierungsaufwendungen dienen daher auch der Steigerung des Geschäfts- oder Firmenwertes, denn ein Unternehmen mit Zertifikat hat einen höheren Wert als ein Unternehmen ohne ein solches Zertifikat.

Zu beurteilen sind also zum einen die Aufwendungen für die Einführung des Qualitätsmanagementsystems sowie zum anderen die Aufwendungen für die Teilnahme des Unternehmens an dem nachfolgenden Zertifizierungsverfahren. Zu den Einführungsaufwendungen zählen hauptsächlich die Schulungskosten für die Arbeitnehmer des Unternehmens. Die eigentlichen Zertifizierungskosten, also die Aufwendungen, die zusätzlich zu den Kosten der Einführung des Qualitätsmanagementsystems anfallen, setzen sich zusammen aus den Kosten der sog. Erstprüfung sowie denjenigen der regelmäßigen Nachprüfungen. Die Erstprüfung ist i.d.R. auf einen Zeitraum von drei Jahren begrenzt, die Nachprüfungen erfolgen in regelmäßigen Abständen. Darüber hinaus fallen auch nach erfolgter Einführung des Qualitätsmanagementsystems weitere Kosten an, und zwar Personalkosten für die Anpassung der Arbeitsabläufe an die Erfordernisse der ISO 9001 - 9003. Dabei kann es sich sowohl um interne als auch um externe Kosten für Dienstleistungen durch Dritte handeln, wie z.B. durch Unternehmensberater, durch Schulungen und fachliche Beratungen (sog. Audits), durch technische Überwachungsvereine und durch weitere Analyse- und Beratungsleistungen.

Bei den genannten Aufwendungen handelt es sich grundsätzlich um Betriebsausgaben, die im Zeitpunkt ihres Entstehens sofort abgezogen werden dürfen. Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines firmenwertähnlichen immateriellen Wirtschaftsgutes „Qualitätssicherung” o.ä. liegen nicht vor. Der für das Unternehmen durch die Zertifizierung entstandene Vorteil geht zwar als wertbildender Faktor in den Geschäfts- oder Firmenwert mit ein, ist nach der allgemeinen Verkehrsanschauung jedoch keiner besonderen Bewertung zugänglich. Einer solchen Bewertung zugänglich wären nur Rechte und rechtsähnliche Zustände, nicht jedoch – wie im vorliegenden Fall – bloße Chancen und Erwartungen, wie sie z.B. auch an Werbemaßnahmen geknüpft werden. Die Qualität bestimmter betriebsinterner Arbeits- oder Produktionsabläufe stellt keinen greifbaren, gegenüber dem Geschäfts- oder Firmenwert abgrenzbaren Einzelwert dar, für den ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein gesondertes Entgelt zahlen würde.

Treten Zertifizierungsaufwendungen im direkten, konkreten Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung betrieblicher Wirtschaftsgüter auf, sind die Aufwendungen nach Maßgabe des § 255 Abs. 1 und 2 HGB i.V.m. R 32 a und 33 EStR und dem BFH-Urteil vom 4.7.1990, GrS 1/89 (BStBl 1990 II S. 830) als Herstellungskosten oder als Anschaffungsnebenkosten dieser betrieblichen Wirtschaftsgüter zu behandeln.

 

Normenkette

EStG § 6

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